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16.04.11 / Faszination Lampenglas / Ausstellung »Das Glas, die Lampe und ich« im Glasmuseum Rheinbach

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 15-11 vom 16. April 2011

Faszination Lampenglas
Ausstellung »Das Glas, die Lampe und ich« im Glasmuseum Rheinbach

Was ein Besucher der aktuellen Sonderausstellung im Rheinbacher Glasmuseum unter dem Titel „Das Glas, die Lampe und ich“ erwartet, ist nicht einfach zu formulieren. Laien würden vermuten, es gehe um dekorative Glasobjekte, die mit einer Lichtquelle, sprich Lampe, zu tun haben. Andere könnten sich daran erinnern, dass glitzernde Christbaumkugeln irgendwie mit Lampenglas in Verbindung gebracht werden. Doch weit gefehlt. Der Begriff „Lampenglas“ bezeichnet nämlich eine besondere Technik, mit der filigrane Glasobjekte nicht am Ofen, sondern vor der Flamme eines Gasbrenners, der sogenannten „Lampe“, gestaltet werden. Die Ursprünge der heute recht selten angewandten Technik reichen bis in die Antike. In den Glasfachschulen Zwiesel und Hadamar sowie in den böhmischen Einrichtungen in Steinschönau und Haida wird diese spannende Technik allerdings gelehrt.

Nachdem Dr. Ruth Fabritius, die Leiterin des Rheinbacher Glasmuseums, eine Lampenglasausstellung im Glasmuseum Frauenau/ Bayerischer Wald gesehen hatte, war sie davon so begeistert, dass sie sich für eine ähnliche Präsentation im Eifelstädtchen stark gemacht hat. Eine Aufgabe des Spezialmuseums für böhmisches Glas liegt darin, seinen Besuchern die Vielfalt der Glasentwicklung bis in die Gegenwart hinein vorzustellen. In diesen Kontext reiht sich die neue Sonderausstellung ein. Eine Gruppe von vier Künstlern aus Thüringen und Bayern zeigt anhand ausgewählter Exponate, dass Skulpturen aus Lampenglas eine besondere Faszination darstellen. Die Lampenglasproduktionen gelten im Thüringer Wald seit Jahrhunderten als ein traditionsreicher Erwerbszweig. Allerdings kann der gesamte grenzüberschreitende Kulturraum Schlesien, Böhmen, Bayerischer Wald und Thüringer Wald als eine große Heimat für Glaskunst-handwerker betrachtet werden.

Die Vernissage im Rheinbacher Glasmuseum bot dem Publikum die Möglichkeit, im Rahmen einer Live-Demonstration zu beobachten, wie eine Lampenglas-Skulptur entsteht. John Zinner – einer der vier beteiligten Künstler – hat vor den Augen der neugierigen Zuschauer mit Hilfe eines Tischbrenners eine seiner typischen Teufelsfiguren geschaffen. John Zinner aus Lauscha / Thüringer Wald ist einer der talentiertesten Vertreter der neuen Generation Lauschaer Glasgestalter. Interessante philosophische Ideen hat der profilierte Lampenglas-Künstler André Gutgesell aus Thüringen umgesetzt. „Sichtweisen“ und „Zwei Schönheiten“ sind zwei seiner ausgestellten Exponate, die zum Nachdenken anregen.

Hermann Ritterswürden aus Zwiesel zählt zu den renommiertesten Lampenglaskünstlern Deutschlands. Er hat als Kurator die Ausstellung im Glasmuseum Frauenau betreut und zugleich die bekanntesten Lampenglasmacher Bayerns und Thüringens zusammengeführt. Der geborene Sylter erlernte sein Handwerk an der Glasfachschule in Zwiesel, wo er als freischaffender Künstler lebt und arbeitet. Er montiert aus Draht und lampengeblasenen Glasteilen fast zwei Meter hohe Plastiken, in die er maritime Elemente einbaut. Auch Ritterswürdens Objekte aus der Rheinbacher Ausstellung erzählen faszinierende Geschichten. Kunstwerke wie „Kaddri in der Wake“, „Jakubsons Zuflucht“ und „Totentanz von Reval“ hat Ritterswürden in Anlehnung an den Erzählband des baltendeutschen Literaten Werner Bergengruen „Tod in Reval“ geschaffen. Dass auch die Künstlerin Nadja Recknagel aus Bad Homburg das Spiel mit Glas, Licht, Farben und Formen beherrscht, beweisen ihre filigranen Lampenglas-Skulpturen wie „Füllhorn“ und „Kopflos“.

Die vier Künstler haben jeder für sich einen unkonventionellen Weg im Umgang mit der Materie Glas gewählt und geben dem Begriff „Lampenglas“ eine zukunftsorientierte, moderne Dimension. Die Skulpturen sprechen eine eigene Sprache, sie vermitteln besondere Inhalte und zeigen eine individuelle Herangehensweise. Doch die gemeinsame Präsentation bietet dem Betrachter ein vielfältiges „Glas-Erlebnis“.

Die Sonderausstellung im Rheinbacher Glasmuseum ist bis zum 1. Mai zu besichtigen.  Dieter Göllner


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