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16.04.11 / Überraschende Einladung / Ehe die Oma sich’s versah, zog der Enkel sie ins Caféhaus hinein

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 15-11 vom 16. April 2011

Überraschende Einladung
Ehe die Oma sich’s versah, zog der Enkel sie ins Caféhaus hinein

Als Sebastian von der Schule heimwärts radelte, sah er vor dem Stadtcafé seine Großmutter. Er bremste ab, bugsierte sein Gefährt zwischen den parkenden Autos hindurch und tippte ihr fröhlich auf die Schulter: „Na, Omi, welche soll’s denn sein – Nuss oder Schwarzwälder Kirsch?“ Ein zärtliches Lächeln huschte über das Gesicht der Frau. Sie deutete auf die Torten in der Auslage: „Sehen gut aus, nicht wahr? – Früher, als dein Großvater noch lebte, waren wir eifrige Cafébesucher. Nach einem Einkauf oder Arzttermin haben wir uns immer Kaffee und Kuchen gegönnt.“

„Warum gehst du nicht rein und bestellst dir was?“ „Allein? Ich weiß nicht, irgendwie käme ich mir ganz verloren vor.“ Sebastian betrachtete sie aufmerksam. Er mochte seine Großmutter; vielleicht, weil sie seiner Mutter so sehr ähnelte. Beide Frauen waren von feinfühliger, zurückhaltender Art – ein Wesenszug, der dem 16-Jährigen mittlerweile auch bei Mädchen seines Alters gefiel.

„Weißt du“, lächelte sie ihm jetzt zu. „Mir geht’s gar nicht so um die Torten – ich mag einfach nur diese besondere Caféhaus-Atmosphäre. Die gedämpften Stimmen, das leise Klirren der Teller. Man sitzt gemütlich im Warmen und lässt sich bedienen.“ Der Einfall kam ihm ganz plötzlich. Für einen Cafébesuch würde sein Taschengeld zweifellos reichen. Ehe seine Großmutter wusste, wie ihr geschah, hatte Sebastian sein Rad abgeschlossen, um ihr nun – ganz Kavalier – den Arm zu reichen: „Darf ich bitten? Heut’ geht die Rechnung auf mich!“ Er zwinkerte ihr zu. „Auf Kaffee bin ich nicht so scharf, aber ein ordentliches Stück Käsekuchen – das ist schon okay.“ Das Aufleuchten ihrer Augen war Antwort genug. Fünf Minuten später saßen die beiden an einem Tischchen in Fensternähe und ließen sich von der Bedienung, einem ausnehmend hübschen Mädchen Kaffee und Kuchen kredenzen. Sebastians Herz klopfte ziemlich heftig. „Nicht schlecht, der Käsekuchen“, wandte er sich lässig, wenn auch mit roten Ohren, seiner Großmutter zu. „Oder was meinst du?“ „Er ist sehr gut“, erwiderte diese mit feinem Lächeln, wissend, dass dieser Cafébesuch mindestens zwei Menschen glücklich gemacht hatte.              Renate Dopatka


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