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23.04.11 / Das Volk wird ungeduldig / Ägypten: Doch wieder Militär-Diktatur? – Viele Fragen ungelöst

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 16-11 vom 23. April 2011

Das Volk wird ungeduldig
Ägypten: Doch wieder Militär-Diktatur? – Viele Fragen ungelöst

Wie meist nach dem Sturz eines autoritären Systems mit extremem Personenkult richtete sich auch in Ägypten die Wut des Volkes zunächst ganz gegen eine Person und deren sichtbare Symbole. Was den neuen Machthabern eine Atempause gab – doch bloß eine kurze, die sich nur mühsam verlängern lässt. Etwa durch die Inhaftierung einiger weniger Träger des alten Regimes. Oder durch das Referendum über eine Verfassungsänderung, an dem die Mehrzahl der Berechtigten gar nicht teilnahm und das einen Schönheitsfehler hat: Die Änderung kann eigentlich gar nicht verfassungsgemäß ratifiziert werden, denn es gibt keinen Präsidenten, keinen Vizepräsidenten – der noch von Ex-Präsident Hosni Mubarak ernannte Omar Suleiman mit engen CIA-Kontakten ist völlig von der Bildfläche verschwunden – und auch keinen Parlamentspräsidenten.

Dass Mubarak, der bisher unter Hausarrest in seiner Villa in Scharm el-Scheich stand, und seine beiden Söhne vor gut zwei Wochen in Untersuchungshaft kamen, wurde zwar mit Jubel aufgenommen. Doch wie irrational auch diese Freude ist, sieht man daran, dass die Meldung auch ein sachlich völlig unbegründetes Steigen der Börsenkurse auslöste.

Der Kurs der Militär-Junta und der eingesetzten Übergangsregierung ist in vieler Hinsicht unklar. So ließ man zum Ärger Israels und der USA zwei iranische Kriegsschiffe für einen Ausflug ins Mittelmeer den Suez-Kanal passieren und will die diplomatischen Beziehungen mit dem Iran wieder aufnehmen, die nach Unterzeichnung des ägyptisch-israelischen Friedensvertrages vor 30 Jahren abgebrochen worden waren. Doch zugleich unterstützt man – wie die Westmächte – die Rebellen in Libyen. Propagandistisch tut dies übrigens auch der Iran. Die Blockade des Gaza-Streifens wurde zwar gelockert, aber nicht aufgehoben. Und die „staatstragende“ Partei Mubaraks wurde endlich aufgelöst, doch gilt es als sicher, dass die alten Seilschaften in neuem Gewand weitermachen werden.

In den Medien einschließlich der diversen staatlichen und privaten Fernsehkanäle ist hingegen eine Liberalisierung unverkennbar. Das nutzen auch die drei einflussreichsten zivilen Politiker: Der Nobelpreisträger Mohammed ElBaradei, der scheidende Generalsekretär der Arabischen Liga Amr Moussa – beide international bekannt und Präsidentschaftsbewerber – und Naguib Sawiris, Chef und Mehrheitsaktionär des Telekommunikationskonzerns Orascom. Sawiris, der in der Forbes-Liste der Superreichen auf Platz 60 steht, kommt als Christ für die Präsidentschaft nicht in Frage.

Doch Demonstrationen bleiben verboten – auf dem zentralen Kairoer Tahrir-Platz gab es erst kürzlich wieder zwei Tote – und ein Blogger wurde, ganz im Geist des alten Regimes, wegen „Beleidigung des Militärs“ zu drei Jahren Gefängnis verurteilt.

Die Muslimbruderschaft wiederum ist zwar überall präsent, drängt aber nicht in den Vordergrund. Gegen den neu eingesetzten Gouverneur der oberägyptischen Provinz Qena gibt es aber Demonstrationen radikaler Muslime – weil er schon dem alten Regime diente oder weil er Christ ist? Von dem nun neu eingeführten Wahlrecht für im Ausland lebende Ägypter dürften jedenfalls eher Christen und moderate Muslime profitieren. R. G. Kerschhofer


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