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23.04.11 / Deutsches Erbe spaltet Allenstein / Menschlich kommen Polen und Deutsche gut miteinander klar − Streit gibt es über kulturelles Erbe

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 16-11 vom 23. April 2011

Deutsches Erbe spaltet Allenstein
Menschlich kommen Polen und Deutsche gut miteinander klar − Streit gibt es über kulturelles Erbe

Die Einstellung zur deutschen Vergangenheit ist in ganz Polen und auch im südlichen Ostpreußen sehr unterschiedlich. Das beweist einmal mehr der Streit um das Gebäude der ehemaligen Mädchenschule in Allenstein.

In einem Interview mit dem privaten Rundfunksender „Radio Zet“ erzählte der ehemalige polnische Staatspräsident  Alexander Kwasniewski von den Erfahrungen, die er und seine Frau Jolanta in dem kleinen Dorf Hirschberg (polnisch Idzbark) bei Osterode gemacht hatten. Denn vor einigen Jahren erwarb das Ehepaar dort ein Grundstück für seine Sommerresidenz. Seitdem verbringt es nicht nur seine Freizeit in dem idyllischen Ort, sondern engagiert sich auch sozial. Die frühere First Lady knüpfte  Kontakte, um die dortige Grundschule zu unterstützen. Gegenüber dem Sender bezeichnete Kwasniewski das Zusammenleben zwischen der ortsansässigen, meist deutschstämmigen Bevölkerung mit den Neuankömmlingen, die sich dort nach dem Zweiten Weltkrieg niederließen, als friedlich. Er wies dabei auf die für ihn sehr bezeichnende Tatsache hin, dass sich auf dem Hirschberger Friedhof eine Gedenktafel zu Ehren der im letzten Krieg gefallenen Dorfbewohner in deutscher Sprache befinde. Dies sei für ihn ein Zeichen der gegenseitigen Hochachtung gegenüber eigener, oft schmerzlicher Vergangenheit. Im Gegensatz dazu steht die Äußerung Jaroslaw Kaczinskis, in der dieser sich über die „verräterische Rolle“ der nationalen Minderheiten in Polen, insbesondere der Oberschlesier und Kaschuben geäußert hatte. Der ultranationale Politiker warf ihnen vor, heimlich die deutsche Staatsraison zu vertreten. Dies stieß jedoch auf allgemeine Ablehnung seitens zahlreicher Politiker und der sich zugleich als Schlesier bezeichnenden Mitbürger der polnischen Gesellschaft. Seine Zugehörigkeit zu den Schlesiern bekundete unter anderem der amtierende Präsident des Europäischen Parlaments, Professor Jerzy Buzek.

Dagegen scheint es mit der Einstellung zum gemeinsamen deutsch-polnischen Erbe in Allenstein schwieriger zu sein. Bei der Renovierung des Gebäudes der deutschen Mädchenschule in der Innenstadt, das künftig als Amtsgebäude einer Stadtbehörde dienen soll, wurde die alte Inschrift mit der deutschsprachigen, historischen Bezeichnung dieser Einrichtung an der Außenfassade entdeckt. Auf Anordnung der Städtischen Denkmalpflegerin sollte sie demnächst mit einer Betonschicht zugedeckt werden. Dies empörte viele Lokalpolitiker und Liebhaber der Heimatkunde. Henryk Hoch, der Vorsitzende der Vereine der Deutschen Gesellschaften Ermland-Masurens, versprach, diese heikle Frage bei der Sitzung der Kommission für Nationale und Ethnische Minderheiten, zu erörtern. Auch Rafał Betkowski, Historiker und Spezialist für die Geschichte Allensteins, stellt klar: „Es ist einfach die geschichtliche Bezeichnung für dieses Haus, hinter der kein politischer Zusammenhang steckt“. Der Journalist Grzegorz Szydłowski, erinnert angesichts dieser Meinungsverschiedenheiten an ähnliche Kontroversen um die Aneignung deutschen Kulturerbes in Allenstein. Er führt den Fall des Namenspatrons einer der Hauptstraßen der Stadt, Feliks Szrajber, dessen Nachname in der Originalform „Schreiber“ heißt, auf, der dann der polnischen Schreibweise angepasst wurde.

Es ist nicht der erste Vorfall, bei dem die alte und neue Denkweise bei der Aufarbeitung des mitteleuropäischen Erbes in einem lokalen Milieu aufeinander prallen. Daher stellt sich nun auch die Frage, wie das gerade in einer Grundsanierung befindliche Theatergebäude künftig aussehen wird, zumal man seine originalgetreue Restaurierung vorgenommen hat. Es ist zu befürchten, dass sich künftig ein neuer Streit um seine historische Benennung entfachen wird. Grzegorz Supady


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