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23.04.11 / Das wahre göttliche Gesicht / Der Schleier

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 16-11 vom 23. April 2011

Das wahre göttliche Gesicht
Der Schleier von Manoppello zeigt das Antlitz des lebendigen Jesus – Gedanken zum Osterfest

Ein uralter Traum der Menschheit scheint in Erfüllung gegangen zu sein. Seit jeher fragen sich Menschen: Kann man Gott sehen? Wie sieht wohl das Gesicht seines Sohnes Jesus wirklich aus? Der wiederentdeckte „Schleier von Manoppello“ lüftet dieses uralte Geheimnis.

Das Bild zeigt das bärtige Gesicht eines Mannes mit Schläfenlocken, dem die Nase gebrochen wurde. Die rechte Wange ist geschwollen, der Bart teilweise ausgerissen. Stirn und Lippen haben beim näheren Hinsehen das Rosa frisch verheilter Wunden. Unerklärliche Ruhe liegt im Blick der weit geöffneten Augen. Mildes Erbarmen, keine Verzweiflung, kein Schmerz, kein Zorn.

Das Gesicht gleicht dem eines Mannes, der gerade vom Schlaf erwacht ist und in einen neuen Morgen schaut. Sein Mund ist halb geöffnet, seine Zähne sind zu sehen. Alle Proportionen zeigen eins zu eins die Maße eines menschlichen Gesichtes auf dem nur 17 mal 24 Zentimeter großen Tuch aus wertvoller Muschelseide, dem teuersten Stoff der Antike.

Alles nur gemalt? Der hauchdünne Schleier von Manoppello ist durchsichtig wie ein Seidenstrumpf und gleicht eher einem Diapositiv denn einem Gemälde. Doch wie ist das Porträt auf das Tuch gekommen? Lange hat man behauptet, man habe es kunstvoll bemalt, doch das ist unmöglich, denn Muschelseide besteht aus einem sehr harten Material, auf dem keine Farbe der Welt haftet. Die einzige Erklärung, die bleibt: Im Augenblick der Auferstehung Jesu, als dieses Tuch auf seinem Gesicht gelegen hat, erhielt es den Abdruck, den wir heute sehen.

Der Evangelist Johannes, be-kannt für seine Detailkenntnisse aus dem Leben Jesu, spricht in seinem Bericht vom leeren Grab Christi von zwei Tüchern (Joh. 20,1–10). Als Petrus und „ein anderer Jünger“ am Ostermorgen zum leeren Grab eilten, von dem einige Frauen berichtet hatten, sahen sie dort ein Leinentuch und ein „Tuch, das auf dem Kopf gelegen hatte“. Das Leinentuch wird heute als „Grabtuch von Turin“ verehrt, weil hier der Gekreuzigte mit all seinen Wunden zu sehen ist. Das vier Meter lange Turiner Tuch ist umfangreich untersucht worden und neueste Untersuchungen bestätigen die Schilderung der Evangelien über die Kreuzigung Jesu bis in kleinste Details. Während Jesus auf dem Turiner Grabtuch mit geschlossenen Augen zu sehen ist, zeigt der Schleier von Manoppello ihn mit geöffneten Augen. Legt man beide Tücher übereinander, so stimmen die biometrischen Daten der beiden Gesichter völlig überein. Das eine Tuch zeigt den toten, das zweite den lebendigen Jesus. Das gesamte Ostergeschehen ist also auf diesen beiden Tüchern zusammengefasst.

Wie immer gibt es viele Zweifler, wenn es um solche 2000 Jahre alten Gegenstände geht. Schriftliche Belege vom Manoppello-Schleier gibt es immerhin seit 1500 Jahren. Vom 6. bis ins 15. Jahrhundert verehrte es der Kaiser von Byzanz, der einmal im Jahr vor dem heiligen Tuch knien durfte. Danach trug es der Papst in Rom persönlich in öffentlicher Prozession durch die Stadt. In den Wirren des 16. Jahrhunderts verschwand diese wertvolle Reliquie aus Rom. In einem kleinen Bergstädtchen in den italienischen Abruzzen wurde sie im letzten Jahrhundert wiederentdeckt.

Die Trappistin Blandina Schlömer, der Kunsthistoriker und Jesuit Heinrich Pfeiffer und der „Welt“-Journalist Paul Badde haben in den vergangenen Jahren den Schleier von Manoppello untersucht und weltweit bekannt gemacht. Nachdem Papst Benedikt XVI. Baddes Buch über das „Göttliche Gesicht“ gelesen hatte, war er davon so fasziniert, dass er am 1. September 2006 das lange verborgene Heiligtum besuchte. Dabei sagte er: „Dies ist ein Ort, an dem wir über das Geheimnis der göttlichen Liebe meditieren können, während wir die Ikone des göttlichen Antlitzes Christi betrachten.“ Seit 400 Jahren war Benedikt der erste Papst, der wieder vor dem Schleier mit dem Gesicht Jesu kniete.

Wenig später erhob er das Heiligtum auch offiziell zur „kleinen Basilika“. Seitdem pilgern Menschen aus der ganzen Welt in den kleinen Ort in den Abruzzen, um das Antlitz des Auferstandenen zu sehen. Darunter auch der Autor mit seiner Familie, der einen ganzen Tag vor dem Tuch verbringen durfte. Der hauchfeine Schleier ist im Hochaltar der Kirche von Manoppello zwischen zwei Glasscheiben aufgehängt, so dass zu verschiedenen Tageszeiten das Licht durch die Seide und das Gesicht Jesu scheint. Dabei wandelt sich der Schleier im Laufe eines Tages ständig. Mal sind Jesu Augen, mal sein Mund, mal seine Wangen zu sehen. Mal scheint das Gesicht goldfarben, dann eher weißlich. Und wenn dann das Evangelium während eines Gottesdienstes vorgelesen wird, in dem Jesus seinen Jünger Petrus fragt: „Liebst du mich?“, dann fühlt sich der Hörer direkt vom Auferstandenen angesprochen .

Der Schleier von Manoppello wurde lange das Tuch der „Veronika“ genannt. Das ist eine Verballhornung der Worte „La vera Icon“ (das wahre Bild). Seit den Anfängen der Christenheit war von einem Bild die Rede, das „nicht von Menschenhand gemacht“ sei und das „wahre Gesicht Christi“ zeige. Dieses Urbild löste eine Revolution gegenüber dem jüdischen Bilderverbot im 1. Gebot des Moses aus. Denn Christen glauben, dass Gott hier selbst sein Bild den Menschen gegeben hat und sie es daher verehren dürfen.

Brauchen wir so ein Bild zum Glauben? Nein, denn der Glauben entsteht aus dem Hören auf Gottes Wort, schreibt der Apostel Paulus an die Römer. Da aber das Zuhören für uns Menschen so schwierig ist, helfen uns die Bilder, zumal, wenn es um so etwas Zentrales wie die Auferstehung geht. Wenn wir nicht an den Auferstandenen glauben können, wären wir „erbärmlicher dran als alle anderen Menschen“ (1 Kor. 15,19), warnt Paulus die Korinther. Der christliche Glaube wäre dann sinnlos, weil mit dem Tod alles aus sein müsste. Doch „Jesus ist auferstanden“ fügt der Apostel überzeugt hinzu. „Er ist wahrhaftig auferstanden“, sagt der Gläubige heute.             Hinrich E. Bues


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