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30.04.11 / Bürgerin in Wut / Frust über Merkel-Regierung

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 17-11 vom 30. April 2011

Bürgerin in Wut
Frust über Merkel-Regierung

Lähmender Stillstand oder stille Lähmung? Nicht allzu viel kann Cora Stephan der von Bundeskanzlerin Merkel geführten – oder hier besser: nicht geführten  – Politik abgewinnen. Klar und schonungslos schreibt sich die Publizistin ihren Ärger vom Hals. Zwar würde ihr der Begriff der „Wutbürgerin“ nicht behagen, da sie ihn selbst anders gebraucht, aber nach der Lektüre von „Angela Merkel – Ein Irrtum“ kann man sie wohl getrost so bezeichnen.

Dabei kommt die Kritik an der CDU-Chefin keineswegs aus einer linken Meckerecke, ganz im Gegenteil. Cora Stephan war einst eine glühende Anhängerin der anfangs scheinbar unscheinbaren Frau, die in der DDR aufgewachsen war und im Zuge der Wende in die Politik gelangte. Naturwissenschaftler sind hier selten. Auch anderweitig war Angela Merkel eine Ausnahmeerscheinung: In vielerlei Hinsicht unbefangen, beharrlich, lösungsorientiert und durchsetzungsstark und viel zu lange unterschätzt. Von ihrem Ziehvater Helmut Kohl setzte sie sich ab, die CDU-Granden, die sich einst im „Andenpakt“ zusammengeschlossen hatten, wurden von ihr kaltgestellt. Angela Merkel kämpfte sich an die Spitze – das schien verheißungsvoll. Vielen auch von ihr deutlich angeprangerten Problemen sollte entgegengewirkt werden. Dazu bekam Merkel Gelegenheit, 2005 wurde sie Kanzlerin. Seit der Wiederwahl 2009 regiert sie zudem in einer Koalition mit ihrem Wunschpartner FDP.

Fünf Jahre als Regierungschefin – Cora Stephan ist zu Recht der Meinung, dies sei viel Zeit für Merkel gewesen, die propagierten Ziele tatkräftig anzusteuern. Was folgte, war allerdings eine große Enttäuschung: Merkel gab und gibt sich zunehmend zögernd, getrieben und abwartend.

War da nicht beispielsweise eine Steuerreform geplant? Wer war gleich nochmal dieser Paul Kirchhof? Merkel hatte den parteilosen Steuerrechtler ursprünglich als Finanzminister vorgesehen. Gerhard Schröder denunzierte Kirchhof im Wahlkampf als weltfremden „Professor aus Heidelberg“, er wurde mit dem Fluidum der „sozialen Kälte“ umgeben und verfügte schließlich auch in der CDU nicht mehr über genügend Rück-halt. Eine schwer nachvollziehbare Angelegenheit, sollte Kirchhof doch mit der längst überfälligen Reform für weitgehende Steuergerechtigkeit sorgen. Stephan beklagt, welch hoher Wert in der öffentlichen Wahrnehmung  irrationalen Argumenten und Ängsten beigemessen wird und wie wenig Fakten (sprich: Statistiken) gelten. Als Korrektiv erweist sich die Physikerin Merkel nicht.

Um die Problematik des Sozialstaates, der auf Kosten der folgenden Generationen aufrecht erhalten wird, weiß jeder. Hier wäre dringender Handlungsbedarf. Die EU entwickelt sich zur Transferunion, Deutschland zahlt, offenbar widerspruchslos.

Der von Stephan geäußerten Kritik ist fast durchweg zuzustimmen, vor allem auch der These, dass es den Deutschen an Selbstrespekt mangle. Man mag einwenden, vom Schreibtisch einer Essayistin aus urteile es sich leicht. Die Lähmung, die Probleme aufschiebt und damit verschlimmert, rechtfertigt das jedoch nicht.     Erik Lommatzsch

Cora Stephan: „Angela Merkel – Ein Irrtum“, Albrecht Knaus Verlag, München 2011, broschiert, 223 Seiten, 16,99 Euro


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