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07.05.11 / Pulverfass Syrien

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 18-11 vom 07. Mai 2011

Pulverfass Syrien
von Jan Heitmann

Die US-Amerikaner zelebrieren das Ende von Osama bin Laden. Es ist nicht nur die Freude über den Erfolg in der Bekämpfung des weltweiten Terrorismus, der sie beseelt, sondern sie vergewissern sich ihrer eigenen Stärke. Es wäre aber fatal, wenn der nationale Jubel darüber zu neuen Machbarkeitsfantasien führen würde. Das gab es schon einmal: Unter dem Eindruck des erfolgreichen Feldzuges gegen das Taliban-Regime gelang es den USA 2003, ihre Verbündeten in den Irakkrieg zu ziehen. Zwar wurde dadurch ein grausamer Diktator beseitigt, zugleich aber das Land bis heute destabilisiert. Ähnliches könnte der westlichen Staatengemeinschaft in Libyen blühen, wo sie unter großzügiger Auslegung des UN-Mandats an einem Regimewechsel arbeitet.

Auch in Syrien herrscht ein rücksichtsloser Diktator, der gegen das eigene Volk vorgeht. Doch dort zu intervenieren hieße, die Lunte an ein Pulverfass zu legen. Zunächst ist die syrische Armee deutlich stärker als die Gaddafis und wäre nur mit größtem militärischen Aufwand zu besiegen. Außerdem ist das Assad-Regime in Damaskus der einzige Verbündete des Iran. Wer es von außen angreift oder die Oppositionsbewegung militärisch unterstützt. muss mit heftigen Reaktionen aus Teheran rechnen. Diese können von schwindender Verhandlungsbereitschaft hinsichtlich des Nuklearprogramms bis hin zu der gezielten Destabilisierung von Ländern führen, in denen der Iran Einfluss hat. Zudem würde eine Intervention die äußerst fragile Sicherheit im Nahen Osten ins Wanken bringen. Zwischen Syrien und Israel herrscht offiziell Kriegszustand. Auch wenn ein Machtwechsel im Nachbarland von der israelischen Regierung begrüßt würde, fürchtet sie doch die Reaktionen des Assad-Regimes. So könnte der syrische Diktator mit Provokationen gegen Israel antworten, um innere Geschlossenheit in seinem Land zu erzeugen. Dabei stünde ihm die gut ausgerüstete schiitisch-libanesische Hisbollah-Miliz ebenso zur Seite wie die Hamas-Bewegung, die den Gaza-Streifen beherrscht. Beide könnten auf Wunsch Syriens jederzeit militärisch gegen Israel losschlagen. Schließlich agiert Syrien als Schutzmacht des Libanon, in dem es erheblichen Einfluss hat. Eine Destabilisierung Syriens würde unweigerlich zu einer Destabilisierung des Libanon führen. Und, nicht zu vergessen, im Norden grenzt Syrien an das Nato-Mitglied Türkei, die schon allein wegen ihrer geographischen Lage in den Konflikt hineingezogen würde.

Die Allianz mit dem Iran und die Verwicklung Syriens in den Nahostkonflikt bergen ein enormes Risiko, das selbst Kriege und die Destabilisierung der gesamten Region nicht ausschließt. Auch wenn die USA derzeit vor Selbstbewusstsein strotzen mögen, gilt für sie und ihre Verbündeten im Fall Syrien: Finger weg!


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