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07.05.11 / Diskussion um Denkmal / Elbing: Teil eines polenweiten Streits um die eigene Geschichte

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 18-11 vom 07. Mai 2011

Diskussion um Denkmal
Elbing: Teil eines polenweiten Streits um die eigene Geschichte

Lange gab es in Elbing kein richtiges Stadtzentrum, da die Altstadt im Zweiten Weltkrieg fast vollständig zerstört wurde. Erst nach vielen Jahrzehnten begann man mit einem mühsamen Wiederaufbau. Die neu entstandenen Gebäude finden jedoch nicht bei allen Gefallen, weil die Rekonstruktion der ehemaligen Giebelhäuser nicht originalgetreu, sondern recht willkürlich an die alten Baupläne angepasst worden ist. Deswegen macht die wiederhergestellte „Altstadt“ eher einen disneylandartigen Eindruck. Gleichzeitig wurde die Frage der Rekonstruktion anderer geschichtlicher Baudenkmäler Elbings aufgeworfen. Bereits in den 90er Jahren kam die Idee auf, den am damaligen Friedrich-Wilhelm-Platz (jetzt Plac Słowianski) befindlichen Brunnen, den bis 1945 die Gestalt des Stadtgründers Hermann von Balk zierte, wieder herzustellen. Da aber dafür eine Billigung des Stadtrates erforderlich ist, fiel die Idee bei einer internen Abstimmung durch. Vor einiger Zeit entflammte die Diskussion aber aufs Neue. Sowohl auf Internetforen als auch bei den Lokalmedien melden sich Befürworter und Gegner dieses Konzepts. Die Figur des Landhofmeisters Hermann von Balk, der außer Elbing auch Thorn und Marienwerder die Stadtrechte verlieh, gilt als höchst umstritten. Er gilt manchen Elbingern auch heute noch als ein Urbild des unerwünschten Einwanderers aus dem dunklen Mittelalter. Zur Bildung einer solch negativen Kreuzritter-Legende haben die harten Auseinandersetzungen der letzten 150 Jahre zwischen Deutschland und Polen wesentlich beigetragen. In der polnischen Literatur wird Hermann von Balk als rücksichtsloser Ritter dargestellt, der keine Untat scheute, um seinen Machtwillen und Eroberungsansprüche durchzusetzen.

Da der Elbinger Streit ein Teil der polenweiten Diskussion über die Auffassung eigener und fremder Geschichte ist, wurde darin sogar einer der namhaftesten Historiker und ehemalige Kultusminister Polens, Henryk Samsonowicz mit einbezogen. In einem Interview in der Wochenzeitschrift „Polityka“ sprach er über die Einstellung der Polen zum Erbe des Deutschen Ordens sowie zu Hermann von Balk. Der renommierte Mediävist Samsonowicz erinnerte an folgende Fakten: „Die Burgen in Masowien wurden nach Entwürfen für die Kreuzritter-Burgen errichtet. Interessant ist der architektonische Ursprung Warschaus, weil die Stadt nach städtebaulichen Plänen des Deutschen Ordensstaates gebaut wurde. Ein Teil des Grundrisses von Warschau ist eine Replik jenes in Rosenberg, Deutsch Eylau und Riesenburg. Nicht nur die Architektur, sondern auch das masowische Stadtrecht orientierte sich an der Kulmer Handfeste des Deutschen Ordens.“ Abschließend nimmt der Historiker Stellung zur heiß diskutierten Sache des Hermann-von-Balk-Brunnens: Ein Denkmal dieses Kreuzritters mitten in einer jetzt polnischen Stadt würde den Mediävisten keineswegs stören. Es bleibt zu hoffen, dass diese ausgewogene und mit überzeugenden Argumenten belegte Stimme eines nahmhaften Wissenschaftlers nicht nur eine Schlichtung des Streits in Elbing, sondern auch eine Umwälzung bei der polnischen Wahrnehmung der Hinterlassenschaft des Deutschen Ordens bewirken wird. Grzegorz Supady


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