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07.05.11 / Oma spielt keinen Fußball / Enkel Nikolai versucht bei einem Besuch seiner Großmutter Grundsätzliches über seinen Lieblingssport beizubringen und muss staunen

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 18-11 vom 07. Mai 2011

Oma spielt keinen Fußball
Enkel Nikolai versucht bei einem Besuch seiner Großmutter Grundsätzliches über seinen Lieblingssport beizubringen und muss staunen

Eins sage ich dir, Oma“, sagt Nikolai, der mittlerweile zehn Jahre alt ist, „Fußball ist mein Leben! Ich bin jetzt Stürmer in unserem Verein, und da geht’s richtig ab.“ Der Junge ist mit seinen Eltern zu Besuch bei den Großeltern. Er ist ein Wibbel, der nie stille hält. So müssten wir Erwachsenen dauernd in Bewegung sein, denkt Oma ein wenig neidisch, dann wären wir viel lockerer. Aber noch sitzt Nikolai ruhig auf einem der Gartenstühle und zieht ein buntes Kartenspiel aus seiner Hosentasche. „Guck mal, das sind Topps Match Attax-Karten. Darauf sind Fußballer abgebildet. Ich kenne sie alle.“ Für die alte Dame sind solche neumodischen Namen böhmische Dörfer. „Wollen wir mal ein kleines Spiel machen, Oma?“ Die wird blass. „Bloß nicht, ich mache mir nichts aus Fußball und kenne deswegen keinen einzigen Spieler.“ Nikolais Stimme klingt ein bisschen vorwurfsvoll: „Aber die kennt doch mittlerweile jeder!“ „Ich nicht!“ weist Oma seine Behauptung energisch zurück. „Oh Mann, dieses Spielchen ist doch nur ausgedacht. Bitte, mach doch mal mit!“

Oma seufzt: „Na gut, aber du wirst eine Enttäuschung nach der anderen erleben.“ Der Junge zeigt seiner Großmutter nach und nach alle Karten und fragt nach den Namen der Fußballer und in welchen Vereinen sie spielen. Resigniert schüttelt diese immer wieder den Kopf. „Ich hab‘s dir doch gesagt!“

Sie sieht genauer hin. Oh, das ist doch dieser Luca Toni! Und sie kann sogar sagen, dass er im Verein Bayern München spielt. Beim Kochen in der Küche hat sie das mal nebenbei mitgekriegt. „Guuut, Oma!“ Nikolai nickt beifällig. „Und wie heißt der hier?“ Oma blinzelt. „Ist das nicht Oliver Neuville von Borussia Mönchengladbach?“ „Krass!“ Der Enkel lächelt sie liebevoll an. „Geht doch, Oma!“

Diese kennt zu ihrem eigenen Erstaunen auch noch Patrick Helmes im VfL Wolfsburg und Christian Lell, Hertha BSC. Ihre Augen leuchten vor Begeisterung über sich selbst, und der Junge freut sich. „Vielleicht weißt du noch mehr!“ Aber nun ist Omas Kenntnisstand erschöpft. Immer wieder muss sie verneinend den Kopf schütteln. Der Junge seufzt: „Das ist wirklich ein bisschen wenig. Warum interessierst du dich denn nicht für Fußball?“

„Ich habe andere Interessen, Nikolai. Es kann nicht jeder das gleiche Hobby haben, das wäre ja langweilig. Ich liebe die schönen Künste.“ „Aber Fußball ist auch eine Kunst, Oma. Was meinst du, wie man sich anstrengen muss, so einen Ball ins Tor zu kriegen!“ „Ja, da hast du Recht“, bestätigt die alte Dame, „ich bewundere die Spieler immer wieder, wie sie sich verausgaben – wenn ich schon mal hingucke.“ „Siehste!“ Plötzlich wirft sich Nikolai mit schmerzverzerrtem Gesicht ins Gras des Gartens, grätscht die dünnen Beine und demonstriert, wie er gerade gefoult worden ist. Und nun befördert er einen imaginären Ball in ein gedachtes Tor, stößt einen Ruf aus, einem Urschrei ähnlich, und sinkt ächzend auf die Erde. „Oje, Junge, was hast du denn?“ Nikolai guckt verschmitzt von unten zu seiner erschrockenen Großmutter hinauf. „Siehst du das denn nicht? Die Spieler schmeißen sich alle gleichzeitig auf mich und erdrücken mich bald vor Freude. Da bleibt einem schon mal die Luft weg!“

Dies war bei Oma auch gerade der Fall, aber jetzt atmet sie auf. „Guck mal, deine neue Hose! Die ist voller Flecken! Die Mama wird begeistert sein.“ Nikolai grinst. „Wenn man einen berühmten Fußballer im Hause hat, muss man immer auf sowas gefasst sein. Wofür gibt es denn Waschmaschinen, Oma!“        Gabriele Lins


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