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07.05.11 / Islam der Gegenwart anpassen / SPD-Politikerin Lale Akgün zeigt Fehler im Umgang mit ihrer Religion auf

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 18-11 vom 07. Mai 2011

Islam der Gegenwart anpassen
SPD-Politikerin Lale Akgün zeigt Fehler im Umgang mit ihrer Religion auf

Zwar ist der Titel „Aufstand der Kopftuchmädchen – Deutsche Musliminnen wehren sich gegen den Islamismus“ ein wenig verwirrend, vermittelt er doch den Eindruck, als gäbe es bereits einen Aufstand, ansonsten ist das Buch der ehemaligen SPD-Bundestagsabgeordneten Lale Akgün allerdings als eine absolute Bereicherung in der Islam-Debatte zu empfinden. Endlich kritisiert eine bekennende Muslimin die Missstände ihrer Religionsgemeinschaft und bietet zahlreiche Ansätze für eine Diskussion innerhalb der eigenen Reihen. Allerdings war bis jetzt noch nicht zu vernehmen, dass die klaren Reformvorschläge und die differenzierte Kritik der 1953 in Istanbul Geborenen irgendwie zu einer Diskussion in den eigenen Reihen geführt hat.

Das dürfte schlicht daran liegen, dass Akgün zwar Muslimin ist, doch mindestens so sehr auch eine selbstbewusste, emanzipierte, gegenwartsbezogene Frau. So fordert sie eine völlige Gleichberechtigung und weist auch darauf hin, dass man den Koran aus seiner Entstehungsgeschichte heraus betrachten soll, also ihn nicht Wort für Wort auf die Gegenwart übertragen könne. Das scheint offenbar zu viel für jene zu sein, die sie mit ihrem Buch zu Reformen bewegen will.

Besonders „gefressen“ hat die Autorin das Kopftuch. Sie wundert sich, warum dieses vor 30 Jahren im deutschen Stadtbild kaum eine Rolle gespielt hat, inzwischen aber immer öfter auffällt, obwohl doch die jungen Deutschtürkinnen von heute gebildeter seien. Allerdings merkt sie an, dass einige Imame mit der Zeit gegangen sind und das Kopftuch plötzlich als eine Art feministisches Stück Stoff propagieren, was ein Symbol für die Selbstbestimmung der Muslimin sei. Was aus Sicht Akgüns absoluter Blödsinn ist.

Sie betont, dass sich die meisten Muslime in Deutschland keineswegs zuerst über ihre Religion definieren würden, doch die verschiedenen Islamverbände und auch die Medien würden den Eindruck erwecken, dass dem so sei. Allerdings würden die Muslime in Deutschland auch nichts unternehmen, um diesen Eindruck als falsch zu entlarven. Die Autorin meint, dass Angst hier der Grund dafür sei. Auch stellt sie die verschiedenen dominanten muslimischen Verbände vor. Ganz abstoßend findet sie die Inszenierung des Fastenbrechens, wozu Moscheegemeinden medienwirksam lokale Politiker und Vertreter christlicher Kirchen einladen. „Die Islamverbände gerieren sich als die großen Vertreter der Muslime in Deutschland. Und die Politik assistiert, indem sie die höchst unterschiedlichen Menschen der verschiedenen islamischen Strömungen in Deutschland zu einen Islambrei vermengt …“

Bei den ganzen Debatten um Islam, Christentum und Deutschland tun ihr manchmal zudem die Atheisten leid, denn eigentlich sei Religion ja Privatsache, doch es sei in Deutschland kaum möglich, derartigen Debatten, die sich allerdings weitgehend im Kreis drehen würden, zu entgehen. Dabei sei Deutschland ideal, um in der muslimischen Religionsgemeinschaft eine Modernisierung zu bewirken. Hier, im Heimatland der Reformation und der Aufklärung, hätten die rund drei Millionen Muslime doch jegliches historische Rüstzeug, um selbst eine Reformation in Angriff zu nehmen. „,Sapere aude!‘ Habt Mut, euch eures eigenen Verstandes zu bedienen! Kommt der Begriff ,Verstand‘ nicht ganze 49 Mal im Koran vor“, fragt Akgün herausfordernd.

Zuerst einmal sollte der Koran nicht mehr schwerpunktmäßig auf Arabisch rezitiert werden. Den Gläubigen müsste in ihrer Muttersprache in den Koranschulen und Moscheen der Zugang zum Koran ermöglicht werden, damit sie sich das heilige Buch selbst erschließen können: „Schluss mit der Gehirnwäsche in den Koranschulen, jeder hat das Recht, die Botschaft des Korans zu verstehen.“ Und auch auf die fünf Säulen des Islam und den Koran geht sie ein und befasst sich mit dem aus ihrer Sicht möglichen legitimen Spielräumen zur Interpretation.

Zudem soll der Koran als das gesehen werden, was er ist: eine Religion. „Mit der Charta soll auch deutlich werden, dass der Islam keine Religion im engeren Sinne ist, sondern auch eine Lebensweise“, zitiert sie den ehemaligen Vorsitzenden des Zentralrats der Muslime, Ayyub Axel Köhler, und betont, dass derartige Aussagen von der Gesellschaft und Politik nicht hingenommen werden dürften. Auch sollte die deutsche Politik aufhören, die Ditib, den deutschen Ableger der türkischen Religionsbehörde Diyanet, zu hofieren.

Die erfrischend klaren Ausführungen der SPD-Politikerin sind aus Sicht eines jeden aufgeklärten Menschen zu begrüßen, doch leider ist davon auszugehen, dass sie nicht in den relevanten Kreisen gehört werden.     Rebecca Bellano

Lale Akgün: „Aufstand der Kopftuchmädchen – Deutsche Musliminnen wehren sich gegen den Islamismus“, Piper, München 2011, kartoniert, 279 Seiten, 16,95 Euro


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