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14.05.11 / Partnerschaft vor der Zerreißprobe / Tötung Osama bin Ladens belastet das Verhältnis zwischen Pakistan und den USA schwer

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 19-11 vom 14. Mai 2011

Partnerschaft vor der Zerreißprobe
Tötung Osama bin Ladens belastet das Verhältnis zwischen Pakistan und den USA schwer

Der diplomatische Ton zwischen den USA und Pakistan wird rauer. Nur tröpfchenweise und in Zick-Zack-Manier kommen in der Woche nach der Tötung des Terrorchefs Osama bin Laden Informationen an die Öffentlichkeit. Darunter viele nicht für möglich gehaltene Details.

Fest steht nunmehr der Tod des Terrorfürsten, auch wenn seine Leiche nie gezeigt wurde. Selbst das Terrornetzwerk Al-Qaida bestätigte den Tod „offiziell“. Die letzten sieben Jahre lebte bin Laden offenbar nicht in einer Felsenhöhle, wie offizielle pakistanische Stellen glaubhaft machen wollten, sondern in direkter Nähe der Zentralen des Geheimdienstes (ISI) und der Elite-Akademie des Militärs. In dem ausschließlich von Soldaten kontrollierten Gebiet von Abbottabad wurde für den Terrorchef 2004 extra ein festungsähnliches Haus gebaut, das ihm bis zu seinem Tod als Kommandozentrale diente. Hohe und höchste Militärs lebten in seiner unmittelbaren Nachbarschaft.

Diese Faktenlage dürfte das pakistanisch-amerikanische Verhältnis zunehmend belasten. Der amerikanische Präsident Barack Obama redete inzwischen Klartext. In einem Interview forderte er die pakistanische Regierung auf, die offenkundigen Mitwisser innerhalb von Militär und Geheimdienst zu suchen und zu bestrafen. Im Übrigen sei „nicht ganz richtig im Kopf“, wer an der Rechtmäßigkeit der Tötung bin Ladens zweifele. „Der Gerechtigkeit sei hier Genüge getan worden“, wiederholte Obama und spielte damit offenbar auf die deutsche Diskussion über die völkerrechtliche Legitimation der US-Kommandoaktion an. Der amerikanische Justizminister Eric Holder hielt fest, die USA hätten in „nationaler Notwehr“ und „im vollen Einklang mit den Konventionen des Krieges gehandelt“.

Die pakistanische Regierung, die auf US-Finanz- und Militärhilfe angewiesen ist, übte sich derweil im Lavieren zwischen allen Fronten. Sie bezeichnete die Kommandoaktion als „nicht rechtswidrig“ und betonte die „Freundschaft“ zu den USA. Der pakistanische Außenminister Salman Bashir drohte allerdings  „verheerende Konsequenzen“ für den Fall an, dass sich eine solche Aktion wiederholen sollte. Damit versuchte er, die aufgebrachte Bevölkerung seines Landes zu beruhigen, die sich durch die Aktion der Vereinigten Staaten und die Verletzung der Souveränität des Landes gedemütigt sah.

Im pakistanischen Quetta verbrannten aufgebrachte Muslime amerikanische Flaggen; in Abbottabad, dem letzten Wohnsitz des Terrorchefs, gingen 70 Anwälte auf die Straße und demonstrierten und beteten für ihren „muslimischen Helden“. Eine ähnliche Szene spielte sich in Peshawar ab, wo sogar 200 Anwälte vor dem örtlichen Gerichtshof für den getöteten Al-Qaida-Chef Totengebete abhielten. Bin Laden sei ein „muslimischer Held und Märtyrer“, der den „Dschihad“ (Heiliger Krieg) der Moslems in der ganzen Welt vorangebracht habe, so der Augenzeugenbericht in der „International Herald Tribune“.

Immer mehr scheint der pakistanischen Regierung die Kontrolle über ihr Land zu entgleiten. Innerhalb des Militärs und des Geheimdienstes scheint es mehrere Fraktionen zu geben, wie Militärexperten berichten. Darunter sind auch Gruppierungen, die offen Al-Qaida und die afghanischen Taliban unterstützen. Die USA vermuten weitere Terrorführer in Pakistan, so etwa den afghanischen Taliban-Chef Mullah Omar. Zwischen ihm und bin Laden sollen enge persönliche Beziehungen bestanden haben. Diese Brücke wäre mit dem Tod des Al-Qaida-Chefs nunmehr gekappt. Sofort nach dem Tod des Terrorfürsten keimten daher im Westen Hoffnungen auf Verhandlungen mit den Taliban und einem schnelleren Truppenabzug der westlichen Streitkräfte vom Hindukusch auf.

Diese Hoffnung könnte sich schnell als trügerisch entpuppen, sollte Pakistan zu einem „failed

state“ mutieren. Westliche Militärs befürchten weniger die geäußerten Rachegelüste islamistischer Kreise, sondern die Atomwaffen des Landes, die eventuell außer Kontrolle geraten könnten. Ein unregierbares Staatengebilde könnte, ähnlich wie im westafrikanischen Somalia, im asiatischen Raum einen Flächenbrand auslösen. Die Stammesgebiete an der afghanischen Grenze gelten bereits als unregierbar. Rund 30000 Opfer forderte der islamistische Terror in den letzten drei Jahren in Pakistan, das immer mehr zur Heimat des weltweiten Terrorismus wird. Hinrich E. Bues


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