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21.05.11 / Hexenjagd in Teheran / Präsident Ahmadi-Neschad scheint Ayatollas nicht fromm genug

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 20-11 vom 21. Mai 2011

Hexenjagd in Teheran
Präsident Ahmadi-Neschad scheint Ayatollas nicht fromm genug

Ein seit längerem schwelender Konflikt im komplizierten iranischen Machtapparat wurde zuletzt offen sichtbar – und durch eine demütigende Ergebenheitserklärung von Präsident Mahmud Ahmadi-Neschad gegenüber „Revolutionsführer“ Ayatollah Ali Chamenei, dem de jure und de facto ersten Mann im Staat, wieder beigelegt. Nur vorläufig?

Ahmadi-Neschad hatte im April seinen Geheimdienstminister Heidar Moslehi entlassen, der für die blutigen Repressionsmaßnahmen Verantwortung trägt. Doch Chamenei stellte den Präsidenten vor die Wahl, die Entlassung zurückzunehmen oder selbst zurückzutreten. Dieser war daraufhin fast zwei Wochen lang den Kabinettssitzungen ferngeblieben. Chamenei ließ aber auch 25 Personen aus dem Umfeld von Ahmadi-Neschad und von dessen engstem Berater Esfandiar Rahim Maschai unter der Beschuldigung von „Magie“ und „Geisterbeschwörung“ verhaften. Maschai ist Schwiegervater der Tochter Ahmadi-Neschads und war bis vor kurzem auch sein Stabschef. Journalisten einer von ihm gegründeten Zeitschrift sind ebenso unter den Verhafteten wie Abbas Ghaffari, welcher der „persönliche Exorzist Ahmadi-Neschads“ sein soll, und Abbas Amirifar, der als Vorsitzender des Kulturbeirats im März einen DVD-Film über die „baldige“ Wiederkehr des verschwundenen Zwölften Imams und Erlösers millionenfach verbreiten ließ. Dessen Wiederkehr ist zwar Glaubensgrundlage der iranischen Schia, aber eine „baldige“, an die auch Ahmadi-Neschad glauben soll, ist den Ayatollahs offenbar zu früh.

Was wer wirklich glaubt, sei dahingestellt, aber es gibt auch Handfestes: Ahmadi-Neschad kann 2013 nicht mehr für eine dritte Präsidentschaftsperiode kandidieren und trachtet oder trachtete, Maschai als Nachfolger aufzubauen. Die Ayatollahs hingegen favorisieren den ihnen ergebenen Parlamentspräsidenten Ali Laridschani, einen erbitterten Gegner Ahmadi-Neschads. Laridschani, der als Atomunterhändler international bekannt wurde, ist selbst Sohn eines Ayatollahs und mit der Tochter eines anderen verheiratet. Maschai hingegen ist bekannt für „unorthodoxe“ Äußerungen wie etwa die, der Iran sei „Freund aller Menschen, auch der Israelis“, und er gibt dem iranischen Nationalismus klaren Vorrang vor dem Islamismus. Das allerdings wird auch von Ahmadi-Neschad gesagt, der die strengen Bekleidungsvorschriften kritisierte und verlangte, die Sittenpolizei solle nicht die Frauen belästigen.

Der Klerus hingegen ist zunehmend verhasst – nicht zuletzt, weil er sich massiv bereichert hat, während die Inflationsrate 12 Prozent beträgt und Brot und Eier zuletzt um 50 Prozent und Benzin gar um 400 Prozent teurer wurden – das alles bei gleichbleibend niedrigen Durchschnittslöhnen.

Im Westen müsste man sich allmählich fragen, ob man in Ahmadi-Neschad, dessen Aussagen grundsätzlich verzerrt oder verstümmelt zitiert werden, nicht den Falschen zum obersten Buhmann aufgebaut hat. R. G. Kerschhofer


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