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21.05.11 / Am Scheideweg / Regierung in Baden-Württemberg krempelt das Land um

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 20-11 vom 21. Mai 2011

Am Scheideweg
Regierung in Baden-Württemberg krempelt das Land um

Die Wähler in Baden-Württemberg haben sich bei der Landtagswahl am 27. März für den Regierungswechsel entschieden. Die neue Landesregierung mit dem grünen Politiker Winfried Kretschmann als Ministerpräsident ist nunmehr im Amt.

Auffällig, wie häufig die Medien betonen, dass es sich bei Kretschmann um einen wertkonservativen, bodenständigen Politiker handele, der zudem gläubiger Katholik sei. Gläubiger Christ zu sein gilt seit mindestens 20 Jahren in Deutschland nicht mehr als besondere Qualifikation für ein politisches Spitzenamt. Bei der grünen Partei hat dieses Merkmal noch nie eine Rolle gespielt. Es war eher hinderlich für den parteiinternen Aufstieg.

Was also soll die Betonung der oben genannten Charakter­eigenschaften Kretschmanns bezwecken? Man will den Anhängern der CDU im Lande – es sind mindestens 40 Prozent der Wähler – den Eindruck der Kontinuität in der Regierungsspitze vermitteln. Der langjährige, äußerst beliebte Ministerpräsident Erwin Teufel (CDU) war bodenständig und gläubiger Katholik. Doch in der politischen Auffassung trennen Erwin Teufel und Kretschmann Welten. Kretschmann war in jungen Jahren ein linker 68er. Das Regierungsprogramm für die neue grün-rote Koalition in Stuttgart hätte Teufel nie unterschrieben.

Mit revolutionärem Elan geht die neue Regierung an die Umgestaltung des Bildungssektors. Die Abschaffung der Grundschulempfehlung, die Einführung der Gemeinschaftsschule und die Einführung der Ganztagsschule als Regelschule stehen auf der Tagesordnung. Ein bewährtes durchlässiges Schulsystem wird durch die Einführung der Gemeinschaftsschule im Zweifelsfall kaputtexperimentiert. Es gibt bisher keine seriöse Untersuchung, die belegt, dass gemeinsames Lernen benachteiligte Schüler besonders fördert. Darüber hinaus hat die neue Landesregierung versprochen, die Studiengebühren wieder abzuschaffen und vermehrte Studienplätze zu schaffen. Woher aber soll das dafür benötigte Geld kommen? Man benötigt vermehrt Mittel für die schulkindliche Bildung. In den Großstädten des Landes gibt es Schulen mit 80 Prozent Ausländerkindern. Durch frühzeitige Sprachförderung im Kindergartenalter kann hier manche Benachteiligung bis zum Schulbeginn gemildert und so der Entwicklung eines sozialen Sprengsatzes vorgebeugt werden.

Spannend bleibt die Frage, wie die neue Landesregierung den Konflikt um den Bahnhofsneubau in Stuttgart lösen will, das Projekt Stuttgart 21. Die Grünen lehnen es ab, der Koalitionspartner SPD will bauen. Mit einer Volksbefragung soll die Mehrheitsmeinung zu dem umstrittenen Projekt erfragt werden.

Ministerpräsident Kretschmann steht im siebten Lebensjahrzehnt. Lebenserfahrung wird ihm hoffentlich Augenmaß und Verantwortungsbewusstsein gebracht haben, um die gesellschaftsverändernden Tendenzen in seiner Koalition klein zu halten. Grün-Rot übernimmt das Ländle im guten Zustand. Wilhelm v. Gottberg


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