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21.05.11 / Eine engagierte Christin / Anni v. Gottberg setzte sich in schwerer Zeit für die Bekennende Kirche ein

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 20-11 vom 21. Mai 2011

Eine engagierte Christin
Anni v. Gottberg setzte sich in schwerer Zeit für die Bekennende Kirche ein

Martin Niemöller, Dietrich Bonhoeffer, Otto Dibelius – diese Namen kennt man gemeinhin. Sie stehen für das Engagement deutscher Christen in der Bekennenden Kirche zu Zeiten des Nationalsozialismus. Seit 1934 wandte sich die Bekennende Kirche gegen Versuche einer Gleichschaltung von Lehre und Organisation der Deutschen Evangelischen Kirche (DEK). Bonhoeffer wurde wie viele andere inhaftiert und starb 1945 im Konzentrationslager Flossenbürg. Auch Niemöller wurde in den KZ Sachsenhausen und Dachau festgehalten.

Wenig bekannt sein dürfte, dass sich auch Frauen in der Bekennenden Kirche engagierten. Anni v. Gottberg (1885–1958) war eine von ihnen. Die als Tochter eines preußischen Offiziers auf Gut Karolinenthal im pommerschen Landkreis Lauenburg geborene Anna Klementine Elsbeth Hedwig v. Selchow, die sich später Anni nannte, zog mit ihren Eltern und Geschwistern 1893 nach Berlin. 1910 heiratete sie Hasso v. Normann, einen entfernten Verwandten. Aus dieser Ehe ging Sohn Sigurd hervor. Doch bereits 1922 trennte sich das Ehepaar wieder. Ab 1926 lebte Anni in Potsdam. Dort begegnete sie ihrem verwitweten Cousin Wolf v. Gottberg, den sie 1926 ehelichte.

Als sich 1934 auch in Brandenburg die Christen zur Bekennenden Kirche zusammenschlossen, war es Anni v. Gottberg, welche die Organisation in die Hand nahm. „Die Arbeit geht langsam vorwärts, teils erschütternd, teils herrlich. Man ist sich so sicher, weil man sich auf dem richtigen Weg weiß und bekommt soviel Kraft …“ Man traf sich in ihrer Wohnung, um Bibelkreise durchzuführen und ausgewählte Passagen zu diskutieren. An den späteren Bischof Albrecht Schönherr (1911–2009) schrieb sie in dieser Zeit eine stattliche Reihe von Briefen, nachzulesen in der Biographie über Anni v. Gottberg, die Jeanette Toussaint jetzt veröffentlichte. Beindruckend ist der Mut dieser Frau, die sich auch von Verhören bei der Gestapo nicht einschüchtern lässt.

Sie ist „getrost trotz vieler Schwierigkeiten, sie müssen sein, man fühlt dann, dass Gott am Werke ist, denn der Teufel würde sich gewiss nicht um uns kümmern, wenn er seine Sache nicht bedroht sähe …“ (Mai 1935). „Ja, den Unfrieden bringe ich in Potsdam, der ist vielen unbequem, Menschen können mich aber nicht verletzen, ich will ja nur meinen Weg im Gehorsam gehen – weiter nichts“ (1936). Anni v. Gottberg geht ihren Weg unbeirrt und voller Gottvertrauen weiter: „So gewiss ich weiß, dass Gott es war, der mich trieb zur B.K. (Bekennenden Kirche) aufzurufen, so gewiss weiß ich auch, dass Er mich, durch seine Gnade allein, den geraden Weg sehen lässt, hin zum Ziel – zum Kreuz –, den ich mich bemühe, im Gehorsam zu gehen … Auf Menschen kann ich mich nicht dabei verlassen, weder auf den einen, noch auf den andern, fällt einer, falle ich mit, darum allein Blick auf Christus: Er trug das Kreuz für mich, da darf ich keine Ruhe haben, weil Sein Name geschändet wird … Mein Weg liegt klar vor mir, ich gehe ihn so lange weiter, wie mir Gott sein Gnadengeschenk – den Glauben – lässt, durch dessen Kraft allein ich wirken kann.“

Anni v. Gottberg stirbt am 9. Juli 1958 in Hamburg. Ihre letzte Ruhe findet sie auf dem Bornstedter Friedhof, wo auch ihr 1938 verstorbener Mann bestattet ist. Ihr Name ist heute meist vergessen. 1995 jedoch wurde im neu errichteten Potsdamer Stadtteil Kirchsteigfeld eine Anni-von-Gottberg-Straße eingeweiht. Wer mehr über diese außergewöhnliche und unbeugsame Frau wissen möchte, der findet eine Fülle von Informationen in dem Buch von Jeanette Toussaint.    Silke Osman

Jeanette Toussaint: „Ich bin für Potsdam das rote Tuch – Anni von Gottberg und die Bekennende Kirche“, Reihe Potsdamer Köpfe, Märkischer Verlag Wilhelmshorst 2011, 156 Seiten, zahlreiche schwarzweiße Abbildungen, broschiert, 10 Euro


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