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28.05.11 / »Das muss ein Stück vom Himmel sein« / Vor 50 Jahren starb der Komponist Werner Richard Heymann – Er schrieb Melodien, die man nicht vergisst

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 21-11 vom 28. Mai 2011

»Das muss ein Stück vom Himmel sein«
Vor 50 Jahren starb der Komponist Werner Richard Heymann – Er schrieb Melodien, die man nicht vergisst

Unterschiedlicher können Brüder wohl kaum sein, zumindest in ihrem künstlerischen Schaffen. Der eine, Walther, geboren 1892 in Königsberg, gefallen im Ersten Weltkrieg 1915 vor Soisson, ein einfühlsamer Dichter von hohen Graden, der andere, Werner Richard, geboren 1896 ebenfalls in Königsberg, ein geschätzter Komponist von Film- und Unterhaltungsmusik. Die Heymanns entstammten einer großbürgerlichen, wohlhabenden Kaufmannsfamilie; vielleicht war ihnen die Neigung zur Muse bereits in die Wiege gelegt worden, schließlich war der Vater Richard selbst dichterisch begabt, und auch Mutter Pauline galt als eine „außergewöhnlich geistreiche Frau, die Lust am Fabulieren hatte“.

„Als ich drei Jahre alt wurde, bekam ich zum Geburtstag eine Pauke geschenkt“, erinnerte sich Werner Richard Heymann. „Meine Mutter spielte auf dem Klavier rhythmische Stücke, Militärmärsche oder Tanzmusik, und ich schlug den Takt. Ich war dabei so exakt, dass man das als Beweis meiner Musikalität ansah. Außerdem zog mich das Klavier mehr und mehr an. Ich spielte mit einem Finger alle Melodien nach, die ich gehört hatte.“ Und weiter: „Als ich sechs Jahre alt war, änderten sich in meinem Leben zwei Dinge, die von außerordentlicher Bedeutung werden sollten: Ich bekam eine Mademoiselle und erhielt die ersten Musikstunden.“ Diese allerdings auf der Geige, was den jungen Musikus schließlich nicht daran hinderte, das Klavier zu seinem eigentlichen Instrument zu machen.

„Vor meinem geistigen Auge sehe ich mich weder fleißig sein noch mit irgendetwas Mühe haben. Mir ist so, als ob ich immer nur gelesen hätte oder am Klavier saß, phantasierte und sehr bald auch komponierte.“

Nachdem Werner Richard sich das Klavierspiel selbst beigebracht hatte, ließen ihn die Eltern in der Violine unterweisen. Bereits mit zwölf Jahren wurde er daraufhin in das Philharmonische Orchester aufgenommen und erhielt Unterricht bei Paul Scheinpflug, der auch Verse des Bruders Walther vertonte.

Zunächst war es sogenannte E-Musik, also ernste Musik, die Werner Richard Heymann, der Königsberger aus musikalischem Elternhaus, komponierte. Bruder Walther, der sich als Dichter einen Namen machte, war begeistert von der Vertonung eines Gedichtes von Richard Dehmel: „Mir geht das Lied vom ersten Mai durch und durch.“

Nach dem Tod des Vaters zog er mit der Mutter nach Berlin. Dort begann die eigentliche Karriere Werner Richards beim Kabarett. Er wurde musikalischer Leiter der „Wilden Bühne“ von Trude Hesterberg und schrieb dort mittlerweile zu Klassikern gewordene Chansons wie „Die kleine Stadt“ oder das „Berliner Wiegenlied“. Doch auch der „ernsten“ Musik blieb der Königsberger treu: so schuf er ein Frühlingsnotturno und eine Rhapsodische Symphonie für Bariton und Orchester. Auch Bühnenmusiken entstanden in dieser Zeit, etwa für das Große Schauspielhaus und die Tribüne in Berlin. Für Max Reinhardts Kabarett „Schall und Rauch“ schrieb Heymann zusammen mit Friedrich Hollaender schließlich auch Chansons für Gussi Holl und Paul Graetz.

Als dann die große Zeit des Kinos begann, war Heymann mit von der Partie. Er wird „Stimmungsmusiker“ – seine Aufgabe: den Schauspielern während der Dreharbeiten stimmungsvoll, sprich musikalisch beizustehen. Zunächst als Assistent, später als Orchesterleiter der großen Ufa-Kinos schrieb Heymann Musik für Stummfilme (Faust, 1926; Spione, 1928).

Nach einem Zwischenspiel bei der Tobis ging er wieder zur Ufa (1929) – seine große Zeit begann. Wer kennt sie nicht, die Evergreens, die, obwohl schon vor Jahrzehnten geschrieben, immer noch ein breites Publikum finden? – „Ein Freund, ein guter Freund“, „Das muss ein Stück vom Himmel sein“, „Irgendwo auf der Welt“, „Das gibt’s nur einmal“, „Das ist die Liebe der Matrosen“ (als „Voilà, les gars de la marine“ so etwas wie der inoffizielle Marsch der französischen Marine), „Du bist das süßeste Mädel der Welt“, „Hoppla, jetzt komm ich“ (nach einem Text des Königsbergers Max Colpet für Hans Albers geschrieben).

Endlos ließe sich die Reihe der Hits fortführen, die Werner Richard Heymann (meist mit dem Textdichter Robert Gilbert) schuf. Interpreten wie Lilian Harvey machten sie unsterblich. „Das

gibt’s nur einmal“ wurde von ihr 1931 in dem Film „Der Kongress tanzt“ gesungen. Die Harvey: „Mir war schon beim ersten Lesen (der Szene) klar geworden, dass dieser Märchentraum nur zu gestalten ist in unendlich tänzerischer Bewegtheit. Und wie kam mir diese Auffassung entgegen! Ich war hingerissen im wahrsten Sinne des Wortes. Ich tanzte nicht, es tanzte in mir. Ich sang nicht, es sang in mir ...“ Seine Lieder interpretierten so große Stars wie Willy Fritsch und Hans Albers.

Ein Angebot der Ufa, trotz seiner jüdischen Abstammung zu bleiben, lehnte Heymann ab und emigrierte zunächst nach Paris, dann nach Hollywood. Dort schrieb er die Musik zu 44 Filmen und wurde viermal für den Oscar nominiert. 1951 kehrte er nach Deutschland zurück und arbeitete wieder für den Film und für das Theater.

Heymann starb am 30. Mai 1961 in München. Der Nachlass ist von seiner Tochter Elisabeth Trautwein als Dauerleihgabe ins Archiv der Akademie der Künste in Berlin gegeben worden. Dort sollen die Noten, Fotos, Verträge, Briefe und eine begonnene Autobiographie wissenschaftlich ausgewertet werden.   Os


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