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04.06.11 / Volkspartei voller Fragezeichen / Der gegenwärtige Höhenflug der Grünen wird von der Realität gestoppt werden

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 22-11 vom 04. Juni 2011

Volkspartei voller Fragezeichen
Der gegenwärtige Höhenflug der Grünen wird von der Realität gestoppt werden

Vor einer Generation waren „Die Grünen“ angetreten als Alternative für alle und für alles, als „Anti-Parteien-Partei“ (Petra Kelly). Nach 30 Jahren sind sie in der „Mitte der Gesellschaft“ und der Parteienlandschaft angekommen. Eine Einschätzung des Kölner Publizisten Rolf Stolz, der 1980 die Grünen mitbegründete und Mitglied des Bundesvorstands war.

Mit dem Rückenwind der Fukush­ima-Katastrophe gewinnen die Grünen neue Wähler und Anhänger. In den Umfragen sind sie bundesweit unangefochten die Nummer 3 in der Gunst des Publikums. Bei der Landtagswahl in Baden-Württemberg am 25. März haben sie die SPD vom zweiten Platz verdrängt und stellen zum ersten Mal in der Geschichte der Bundesrepublik mit Winfried Kretschmann einen Ministerpräsidenten, in Bremen verwiesen sie vor zwei Wochen die CDU auf den dritten Platz.

Durch diese Erfolgsgeschichte ist die Zahl derjenigen, die mit Bauchgrimmen doch noch die schlechte alte SPD als „kleineres Übel“ ankreuzen, stark zurückgegangen. Bürgerliche CDU-Wähler finden sich in den längst selbst bürgerlich gewordenen grünen Politikern wieder – die einen mehr beim katholisch-präsidialen Kretschmann, die anderen beim trendig-quirligen Boris Palmer, Oberbürgermeister der linken Universitätsstadt Tübingen. Für alle mit Nostalgien in Richtung Multi-Kulti und Apo-Aktionismus ist Claudia Roth zuständig, für die Freunde schwäbisch-anatolischer Chuzpe Cem Özdemir.

Derweil massakriert sich die FDP selbst mit Pharma- und Hotelier-Lobbyismus sowie mit unerfüllten Versprechen auf Steuererleichterung. Die Konstellation auf dem politischen Markt ist den Grünen günstig, deren Marketing ist ebenso angepasst wie anpassungsfähig.

Die jetzige grüne Führung sieht sich nun einem Dilemma gegen­über: Mit einem radikal auf grenzenlose Zuwanderung, Kotaus vor dem organisierten Islam, Durchdrücken der Gender-Gesellschaft und auf antichristliche Affekte gerichteten Kurs lässt sich allenfalls ein Potenzial von fünf Prozent der Wähler erreichen. Das hatte man auch schon um 1990. Wer indes in Großstädten über 20 Prozent und auf dem flachen Land über zehn Prozent erreichen will, der muss sich in seiner Politik der Tatsache stellen, dass die große Mehrheit im Land weder ein Germanistan noch Zustände wie in Neukölln-Nord will. Diese Mehrheit wünscht sich Gleichberechtigung der Geschlechter ohne Minderheiten-Extremismus und keineswegs einen Kulturkampf gegen die Christen.

Erste Anzeichen für ein Umdenken sind bereits zu beobachten: Die Forderung nach einem Burka-Verbot im öffentlichen Dienst fand im Mai die einstimmige Unterstützung der niedersächsischen Grünen-Landtagsfraktion (der islamische Ganzkörperschleier sei eine „totale Überforderung“ der Bevölkerungsmehrheit) und in Hamburg hat sich ein islamkritischer grüner Arbeitskreis gebildet.

Auf der anderen Seite attackiert der profilierte türkischstämmige Politiker Ali Ertan Toprak, zweiter Vorsitzender der Alevitischen Gemeinde Deutschlands und selbst Mitglied von Bündnis 90/Die Grünen, völlig zu Recht seine Partei und die SPD, da sie nicht mehr für Frauenrechte einträten, sondern zu Gehilfen des türkischen Ministerpräsidenten Recep Tayyip Erdogan würden und eine offene Dis­kussion über die „Wertekollision des Islam mit unserer freiheitlichen Gesellschaft“ zu verhindern suchten.

Die Grünen stehen am Scheideweg vor drei möglichen Zukünften: entweder dem Absturz durch Sektierertum aus dem jetzigen Zwischenhoch oder dem Aufschwung zur erfolgreich-charakterlosen Kopie der Altparteien – oder aber dem Wunder einer grundlegenden Erneuerung und Rückkehr zu den Prinzipien der Gründer-Bewegung von Petra Kelly, Herbert Gruhl und Rudolf Bahro.

Foto: Ob katholisch-präsidial oder schwäbisch-anatolisch: Die Grünen betreiben mit Kretschmann (li.) und Özdemir perfektes Marketing

 

Zeitzeugen

Herbert Gruhl – Der ehemalige CDU-Politiker und Gründer des Bundes für Umwelt- und Naturschutz Deutschland (BUND) zählt zusammen mit Petra Kelly zu den Gründern der Grünen. Bereits zwei Jahre nach Gründung verließ Gruhl 1982 die grüne Partei, als diese immer mehr unter den Einfluss sozialistischer und kommunistischer Kräfte geriet. Als konservative Umweltpartei begründete er dann die Ökologisch-Demokratische Partei (ÖDP), die bis heute ein Splitter-Dasein fristet.

 

Jürgen Trittin – Mit Häme, Polemik und Scharfzüngigkeit ätzt der derzeitige Fraktionsvorsitzende der Grünen im Bundestag gegen seine politischen Gegner. Das öffentliche Bundeswehrgelöbnis bezeichnete er als „perverses Ritual“. Der heute immer seriös gekleidete Trittin war in seiner Göttinger Studentenzeit Mitglied des Kommunistischen Bundes (KB) und aktiv in der Hausbesetzerszene. Der studierte Soziologe ist ledig und Vater einer Tochter.

 

Claudia Roth – Die stets bunt und schrill gekleidete Politikerin ist heute Bundesvorsitzende der Grünen. Nach ihrem Abitur brach sie ihr Studium der Theaterwissenschaften im zweiten Semester ab und arbeitete danach als Dramaturgin bei verschiedenen Theatern. Diese Tätigkeit setzt sie heute auf der politischen Bühne fort und erregt sich medienwirksam bei verschiedenen Themen. Den Augsburger Bischof Walter Mixa bezeichnete sie als „durchgeknallten spalterischen Ober-Fundi“.

 

Joschka Fischer – Der heute bereits zum fünften Mal verheiratete Mitbegründer der Grünen („Realos“) kam als Kind eines ungarndeutschen Metzgers 1946 zur Welt. Die Schule verließ er ohne Abschluss; Ausbildungen oder Arbeitsverhältnisse endeten meist nach kurzer Zeit oder fristlos. Allein seine Karriere als Taxifahrer dauerte einige Jahre. 1985 wurde Fischer nicht nur Hessens erster grüner Umweltminister, sondern überhaupt der erste Landesminister seiner Partei in der Bundesrepublik. Bei seiner Vereidigung trug er Turnschuhe und weder Krawatte noch Fliege. 1998 wurde er Außenminister und Vizekanzler der rot-grünen Bundesregierung. Heute wird er als Bundeskanzler-Kandidat 2013 gehandelt.


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