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11.06.11 / Alles aus einer Hand / Bayreuth 2011: Eine Vorschau auf die Festspiele

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 23-11 vom 11. Juni 2011

Alles aus einer Hand
Bayreuth 2011: Eine Vorschau auf die Festspiele

Wer die unendliche Vielfalt des Werkes Richard Wagners kennen lernen will, hat es in diesem Jahr ab dem 25. Juli leicht: Alle großen Elemente, von der umwerfenden Komik der „Meistersinger“ über Wagners Hauptmotiv Erlösung in „Parsifal“, „Lohengrin“ und „Tannhäuser“ bis zur Jenseitigkeit unendlicher Liebe in „Tristan und Isolde“, sind in den fünf auf den Bayreuther Festspielen aufgeführten Werken vertreten. Wie der einzelne Regisseur von Sebastian Baumgarten und Katharina Wagner über Hans Neuenfels bis Stefan Herheim das Werk auffasst und dementsprechend umsetzt, wird wieder recht spannend sein.

Alle großen Bühnenwerke, ob Shakespeare oder Schiller, Mo-zart oder Wagner, zeichnen sich durch große Deutungsbreite aus. Um zwei gebräuchliche Hauptlinien aufzuzeigen: Im „Tannhäuser“ zum Beispiel kann das Schwergewicht auf die erotische Dimension gelegt werden, auf den Gegensatz Venus versus Elisabeth, Venusberg versus Wartburg. Aber auch die Scheinheiligkeit einer neidischen Männergesellschaft ist ein Hauptthema. Eine andere Auslegung ist die Erstarrtheit der mittelalterlichen Ordnung an sich, die vorschreibt, dass jeder, der sie bricht, todeswürdig ist.

Und nun lassen wir am besten Richard Wagner selbst über seine Werke sprechen. In „Tannhäuser“ „aber konnte dieser Dichterstreit (Sängerkrieg auf der Wartburg, der Verf.) in seiner dramatischen Wirkung ohne jene höchste und mannigfaltigste Kraft musikalischen Ausdrucks, wie ich sie meine, nicht verwirklicht werden“.

Wagner bezeichnete die „Meis­tersinger“ als Komische Oper. Sie ist, im Gegensatz zum Gesamtwerk, wohl heiter, hat aber mit der Komik in Opern italienischen Stils nichts gemeinsam. Sie ist auch nicht in der germanisch-keltischen Mythen-Welt angesiedelt, in der, außer dem „Holländer“, alle Werke spielen, sondern im Nürnberg der Renaissance und Reformation. „Ich fasste Hans Sachs als die letzte Erscheinung des künstlerisch-produktiven Volksgeistes auf und stellte ihn mit dieser Geltung der meistersingerlichen Spießbürgerschaft entgegen“, schrieb Wagner 1851 an eine Freundin.

Zum spezifisch Deutschen in diesem Werk, das im Schlussmonolog des Sachs voll zum Ausdruck kommt, meint Wagner zwiespältig: „Ich bin der deutscheste Mensch, ich bin der deutsche Geist ... fragt den unvergleichlichen Zauber meiner Werke, haltet sie mit allem übrigen zusammen: Ihr könnt für jetzt nichts andres sagen, als – es ist deutsch. Aber was ist dieses Deutsche?“, so Richard Wagner 1865 in seinen „Gedanken über deutsches Wesen“.

Lohengrin bezeichnete Wagner als „todtraurig … dass mein ,Lohengrin‘ ... die tiefste tragische Situation der Gegenwart bezeichnet, nämlich das Verlangen, aus der geistigsten Höhe in die Tiefe der Liebe, die Sehnsucht, vom Gefühl begriffen zu werden“, schrieb er 1854 an August Röckel.

„Was als einfachstes und rührendstes religiöses Symbol uns zur gemeinsamen Betätigung unseres Glaubens vereinigt ... ist die in mannigfachsten Formen uns einnehmende Erkenntnis der Erlösungs-Bedürftigkeit“, erläutert Wagner 1880 seine Oper „Parsifal“ in „Religion und Kunst“. Bei „Tristan und Isolde“ versenke ich mich nur noch in die Tiefen der inneren Seelenvorgänge. Der Musiker ist es nun, der dieses Verschwiegene zum hellen Ertönen bringt und die untrüglichste Form seines laut erklingenden Schweigens ist die unendliche Melodie“, so Richard Wagner 1860 in „Zukunftsmusik“.

Es ist das Einmalige an Richard Wagner, dass er sein unerhörtes musikalisches Werk auch noch selbst in aller Tiefe und Gründlichkeit beschreibt und auslegt – Musik, Libretto und diese Kommentare sind aus einer Hand. Werner und Irmgard Dremel


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