29.03.2024

Preußische Allgemeine Zeitung Zeitung für Deutschland · Das Ostpreußenblatt · Pommersche Zeitung

Suchen und finden
11.06.11 / Im Fahrwasser von Benesch / Vortrag über Masaryk bei der Sudetendeutschen Gesellschaft e.V.

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 23-11 vom 11. Juni 2011

Im Fahrwasser von Benesch
Vortrag über Masaryk bei der Sudetendeutschen Gesellschaft e.V.

Am 11. Mai dieses Jahres fand bei der Sudetendeutschen Gesellschaft e.V. Berlin eine Veranstaltung in der Landesvertretung Thüringen in Berlin-Mitte im Rahmen des sudetendeutsch-tschechischen Dialoges über das Thema „Jan Masaryk (1886−1948), Präsidentensohn und Diplomat im Dienste der Republik (CSR)“ statt.

Referent war der Leipziger Universitätsprofessor Frank Hadler, der nach dem Abitur in Güstrow/Mecklenburg von 1980− 1984 in Brünn Geschichte studierte, aber keinen Vertriebenenhintergrund hat. Jan Masaryk kam aus einer „gemischten“ Familie (Vater deutsch-slowakisch, Mutter Amerikanerin) und wuchs mit mehreren Geschwistern mehrsprachig auf und hatte in seinen Ausbildungsjahren mehrere Amerikaaufenthalte.

Er wurde zum Erlernen von Sprachen angehalten. Das Charakteristische an ihm war, dass er als musisch begabter Mensch (hervorragender Pianospieler, passionierter Unterhalter und Salonlöwe) es hervorragend verstand, im diplomatischen Dienste Verbindungen für die Republik zu schaffen, aber in seinen Ansichten und Handlungen durchgehend ambivalent war.

Der Referent drückte es so aus: „Er wollte es immer allen recht machen, aber schon allein aufgrund des Zeitvolumens war das  unmöglich.“ Drei Tage nach Gründung der I. CSR (28. Oktober 1918) wurde der Oberleutnant der k.u.k Armee noch mit der silbernen Tapferkeitsmedaille ausgezeichnet.

Der Vater Tomaš Masaryk, Präsident der I. CSR, gab dem nicht sehr zielstrebigen und labilen Sohn den Rat, sich an den nur unwesentlich älteren Eduard Benesch, Außenminister und späteren Präsidentennachfolger, zu halten, der ihm immer eine Stütze sein würde, was Masaryk auch nahezu in der Endkonsequenz beherzigte und so stets im politischen Fahrwasser von Benesch schwamm. Das war bei der ersten Kapitulation 1938 und auch bei der zweiten 1948 die Folge. Ursprünglich ein Mann des Westens − diesen Ruf hatte er sich bis 1938 durch die Botschaftertätigkeit in Großbritannien erworben −, machte er die Auslieferung der CSR an Moskau unter der Regie von Benesch mit. Zeitweilige bessere eigene Erkenntnisse zur Politik von Benesch konnte er nicht in die Praxis umsetzen, weil er kein Durchsetzungsvermögen hatte. Als treuer Gefolgsmann Beneschs, auch in der geplanten und später durchgeführten Vertreibungs-/Aussiedlungspolitik der sudetendeutschen Landsleute, legte er keinen Widerspruch ein. Er trug Mitschuld an der Kollektivschuld-Definition, dass allein die Nationalität (deutsch und ungarisch) ausschlaggebend sei.

Masaryk jun. setzte dem ungebremst um sich greifenden Nationalismus und Deutschenhass der Tschechen von Anfang an keinen Widerstand entgegen. Seine Haltung war insbesondere zum und nach Kriegsende auf dem Boden der wieder errichteten CSR in der Endphase vor der kommunistischen Machtübernahme von Resignation geprägt. Als von vielen Tschechen und Sudetendeutschen angesehenem Hoffnungsträger der Demokratie hat er als Gegenpol zu den Kommunisten versagt.

Er war vor allem in der Endphase seines Lebens kein Agierender, sondern nur ein Reagierender. Auch hat er die Fehlhaltungen und Fehlleistungen des bereits zu Kriegsende schwerkranken Benesch nicht erkannt. Jan Masaryk hatte im politischen Leben keine Leitfigur mehr, an der er sich orientieren konnte. Nur so kann man seine überlieferten (belegten) Aussagen und seine nicht erfolgte Demissionierung 1948 als einziger bürgerlicher Minister richtig einordnen. 1946 – „Dass die Tschechen nie so glü­cklich waren als zu Zeiten der k.u.k. Monarchie“ im Daily Telegraph vom 18. April 1950 von Lord Norwich/Duff Cooper; fünf Tage vor seinem Tode erklärte er noch: „Unser Platz ist an der Seite der UdSSR“, einen Tag davor „die Schwejkerei ist am Ende“. Dem  entgegen steht nach dem Moskaubesuch der Tschechoslowakischen Regierungsdelegation gemeinsam mit Benesch der Ausspruch: „Als Außenminister bin ich nach Mos­kau gefahren, als Stalins Knecht kam ich zurück.“

Bis heute unklar ist das Ende von Masaryk – der sogenannte Dritte Prager Fenstersturz, der bis heute Anlass zu Spekulationen gibt. Die Tschechische Polizei erklärte zwar im Jahre 2004, dass es auf keinen Fall ein Selbstmord war, aber sichere Beweise hatte sie für diese Feststellung nicht, zumal alle Unterlagen noch im kommunistischen System beseitigt wurden. Es gibt Spuren:  Exkremente am sehr hohen Badfenster, aus dem er sich aus dem obersten Stock seiner Wohnung im Außenministerium gestürzt hatte oder gestürzt wurde – ein sicherer Beleg ist das jedoch auch nicht. Türschmann


Artikel per E-Mail versenden
  Artikel ausdrucken Probeabobestellen Registrieren