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11.06.11 / Der Wochenrückblick mit Hans Heckel / Fest versprochen!

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 23-11 vom 11. Juni 2011

Der Wochenrückblick mit Hans Heckel
Fest versprochen! / Warum wir trotzdem keine Sprossen mögen, wofür man seine Rente im Hades benötigt, und wie die Griechen unsere Lügen erzählen

Ja, was nun? Die letzte Nummer mit der Gurkengeschichte war noch gar nicht bei Ihnen, da hieß man uns, die Gurken waren’s gar nicht. Dann tischte man uns diese Sprossen auf. Zwischenzeitlich nahmen die Argusaugen der Ermittler sogar unschuldige Frikadellen ins Visier, die womöglich nicht richtig durchgebraten waren.

Die Sprossen kamen mir immer schon verdächtig vor, typisch neumodischer Kram. Beim Chinesen lassen wir die (gekocht) ja noch durchgehen. Aber roh? Das weiße Gefussel am Rande des Salattellers schmeckte eigentlich nach nichts, bis auf diesen unangenehm seifig-süßlichen Beigeschmack. Können die meinetwegen ruhig weglassen.

Doch die Sprossen sollen es nun auch nicht gewesen sein. So geht das unheimliche Erreger-Raten weiter. Derweil sind Menschen gestorben und gute Gründe geschaffen worden, warum man uns böse ist in Spanien. Die Iberer fühlen sich übel misshandelt, und das „ausgerechnet von unserem geliebten Deutschland“, wie eine spanische Zeitung aufheult. Was soll man da sagen: Tut uns Leid, war doch nicht mit Absicht? Stimmt ja, dennoch bleibt ein fieser Kloß im Hals.

Schwer, diesem Tritt in den Fettnapf etwas Gutes abzugewinnen. Vielleicht könnten wir die Empörung der Spanier als Übung betrachten für die nahe Zukunft. Antideutsche Aufwallungen in einigen EU-Ländern dürften demnächst nichts Ungewöhnliches mehr sein. Zeit also, sich daran zu gewöhnen.

Was nicht leichtfällt: Da zahlen und retten und tun wir bis an den Rand des eigenen Ruins, und dann beschimpfen die uns auch noch dafür. Schwer zu verstehen, doch auf fremde Hilfe reagieren die Leute nun mal ganz unterschiedlich. Die einen sind peinlich berührt, andere freuen sich ganz einfach und wieder andere entwickeln einen abgrundtiefen Hass auf den Helfer. Letztere können sich nicht vorstellen, dass jemand aus Pflichtgefühl oder Erbarmen die Hand reicht, weshalb sie sich schnell allerlei niedere Motive zusammenreimen, die den Helfer vermeintlich treiben. Letztlich ist das eine Sache des Charakters. Nur gute Menschen können Gutes erkennen. Die Deutschen waren nach dem Marshallplan über Generationen davon überzeugt, dass die Amerikaner, trotz ihrer verhängnisvollen Rolle im Ersten Weltkrieg, im Kern ausgezeichnete Kerle sein müssen. Die Griechen wiederum sind sich, seitdem sie wissen, dass wir den Löwenanteil der Hilfen meistern, sicher, dass die Deutschen der dunkle Meister eines Monstrums mit Namen EU sind. Was lehrt uns das über den Charakter der keifenden Hellenen? Nun, sie sind in ihrem Kern halt wirkliche ... wir wollen nicht ausfallend werden. Das heißt: Wollen würden wir schon gern; das gehört sich aber nicht. Schade.

Der Athener Politik kommt die antideutsche Ablenkung von ihrem eigenen Versagen verständlicherweise gelegen, weshalb sie gern noch etwas nachhilft. Das macht sie außerordentlich geschickt: Neuerdings verbreiten die Demonstranten Parolen gegen die Deutsche Telekom. Die erhöht nämlich ihren Anteil am griechischen Anbieter OTE. In den Straßen von Athen halten sie Pappschilder hoch: „Ihr seid hire (sic!) nicht erwünscht!“ Hintergrund: Die Telekom würde auf die Erhöhung ihres OTE-Anteils liebend gern verzichten. Der Laden ist eine ökonomische Bruchbude, in der sich Unmengen unkündbarer griechischer Beamter tummeln. Doch die Deutschen sind per Vertrag verpflichtet, dem griechischen Staat dessen Restanteil abzukaufen, wenn der das will.

Es wäre Athen natürlich möglich, die Deutschen aus dieser in scheinbar besseren Tagen eingegangenen Verpflichtung zu entlassen, aber daran denken die natürlich gar nicht. So werden die Deutschen von den einen Griechen zur OTE-Übernahme gezwungen, wofür sie von anderen Griechen angepöbelt werden. Am liebsten möchte man die ganze Brut in einem riesigen Fass voll klebrigem Retsina ... Ja, ja – wir beruhigen uns ja schon wieder. Man kann es schließlich auch positiv sehen: Die klassische Komödie, die können die immer noch, die Griechen, wobei sie uns Deutschen einen durchaus anspruchsvollen Part zugeschrieben haben: Idiot und Bösewicht in einem. Das ist keine Nebenrolle, das ist nur was für große Künstler. Wir dürfen uns geschmeichelt fühlen. In den klassischen Stücken ist es übrigens nicht ungewöhnlich, dass jemand ins Reich der Toten, den Hades, eintaucht und von dort wieder zurückkehrt. Dementsprechend konnten die Hellenen nichts Verwerfliches daran finden, dass Tausenden von Toten weiter Rente gezahlt wurde. Die benötigen schließlich Taschengeld für ihre Ausflüge in die Welt der Lebenden.

Dass wir Deutsche uns darüber aufregen, wird dem Hass auf uns weitere Nahrung geben. Wir sehen schon die Schlagzeilen in der Athener Presse: „Die Deutschen wollen den Hades plündern!“

Und dann immer unser Gezeter, sie sollten endlich ihre Steuern zahlen! Kein vernünftiger Grieche tut das, und zwar mit gutem Grund: Alle paar Jahre verpflichtet der griechische Fiskus Unternehmer und Freiberufler zum Kauf eines Ablasses. Dafür werden Einkünfte und finanzielle Verhältnisse eingeschätzt und jeder entsprechend zur Kasse gebeten. Danach ist alle alte Steuerschuld erloschen.

Der Clou: Jeder muss den Ablass zahlen, auch der, der vorher jahrelang treu und redlich seine Steuern abgedrückt hat. Mit anderen Worten: Wer regulär Steuern zahlt, wird bestraft, wer sie gänzlich hinterzieht, der wird amnestiert. So stellen wir uns das Steuersystem eines „gescheiterten Staates“ am unteren Ende der Dritten Welt vor: Alle paar Jahre lässt der Oberhäuptling den Hut rumgehen und jeder schmeißt was rein. Da waren die Länder, die nicht nur geographisch zu Europa gehören, schon im elften Jahrhundert weiter mit ihrem „Zehnten“.

Wir sollten die Sache dennoch nicht dramatisieren. Gerade erst hat die „Troika“ aus Internationalem Währungsfonds, Europäischer Zentralbank und EU-Kommission ihren Bericht über Griechenland veröffentlicht. Ergebnis:  Athen hat kein einziges der vor einem Jahr gesteckten Ziele auch nur annähernd erreicht. Was schließen die Unbestechlichen daraus? Na was wohl: Es ist alles auf bestem Wege. Man ist sehr zufrieden. Warum? Weil Griechenland fest versprochen hat, dass ab morgen alles anders wird. Haben sie uns das nicht schon vor einem Jahr versprochen? Ja, irgendwie schon, aber diesmal versprachen sie es noch viel, viel fester! Der optimistische „Troika“-Bericht hat sein solides Fundament weniger in griechischen Reform-Erfolgen als in dem Grundsatz, den Eurozonen-Chef Jean-Claude Juncker auf jenem sagenumwobenen Ministertreffen in Luxemburg ausrief: „Wenn es ernst wird, müssen wir eben lügen.“

Und es wird täglich ernster, auch für die deutsche Politik. Wie die Berliner Lokalpresse meldet, wird das Regierungsviertel zunehmend von wilden Tieren belagert. Ein Fuchs sei kürzlich durch den nahegelegenen Hauptbahnhof flaniert und ein aggressiver „Terror-Waschbär“ marodiere beim Schloss Bellevue. Die Viecher würden vor allem vom Müll angelockt.

Von dem produzieren sie im Regierungsviertel ja wahrlich jede Menge. Das Gesetz zur „Energiewende“ ist noch gar nicht in Tüten, da fault und muffelt es bereits wie drei Wochen altes Ehec-Gemüse. Die SPD hat den Gestank als erste bemerkt und schleicht sich leise von der Bühne der Verantwortlichen. Man sei ja ganz und gar dafür, aber nur unter der Bedingung, dass nichts schiefgeht. 

Wobei sicher scheint, dass schon bald mehr als nur etwas schiefgehen wird. Die „Energiewende“ ist übersät mit den Keimen des absehbaren Debakels: Aussichtsreiche Klagen der Energieunternehmen hier, unabsehbare Strompreissprünge dort und mögliche Produktionsverlagerungen infolge zu hoher Energiekosten allerorten. Das Gesetz hätte aus Athen stammen können.


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