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18.06.11 / Kein totaler Sieg / Erdogan verfehlt Zweidrittelmehrheit

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 24-11 vom 18. Juni 2011

Kein totaler Sieg
Erdogan verfehlt Zweidrittelmehrheit

Die türkischen Parlamentswahlen am vergangenen Sonntag, bei denen die regierende AKP ihren Stimmenanteil von 46,6 auf 49,9 Prozent ausbauen konnte, zeigen, dass die Anziehungskraft von Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan tatsächlich noch weiter gestiegen ist. Zugute kommen ihm gleichermaßen der Wirtschaftsaufschwung und sein internationales Auftreten – schließlich spielt er nun sogar in der Liga der G20 mit.

Was wie ein Triumph aussieht, ist aber de facto jedoch ein Rück­schlag. Denn die Begünstigung der AKP durch die Wahlarithmetik fiel wegen demografischer Verschiebungen diesmal weniger deutlich aus und die AKP kam nur auf 326 statt bisher 341 der 550 Parlamentssitze. Damit verlor sie die bisherige Dreifünftel-Mehrheit, die es einer Regierung ermöglicht, Verfassungsänderungen vorzunehmen und diese einer Volksabstimmung zu unterziehen. Eine Zweidrittelmehrheit, die aber klar verfehlt wurde, hätte es sogar ermöglicht, die Verfassung ohne Referendum zu ändern.

Die „kemalistische“ CHP konnte ihren Anteil von 20,8 auf 25,9 Prozent erhöhen und kommt auf 135 Mandate. Als dritte Partei schaffte auch die nationalistische MHP mit 13 Prozent die Zehnprozenthürde und kommt auf 53 Sitze. Die Zahl der kurdischen Abgeordneten, von der größten Kurdenpartei BDP formell als Unabhängige ins Rennen geschickt, hat sich mit 36 fast verdoppelt. Erstmals seit Jahrzehnten sitzt auch wieder ein Christ, ein Aramäer, im Parlament.

Für sein wichtigstes Vorhaben, eine neue Verfassung, wird Erdogan nun auf langwierige Verhandlungen und für ihn schmerzhafte Kompromisse angewiesen sein. Denn sein Ziel, eine Präsidialrepublik mit einem starken – auf seine Person zugeschnittenen – Präsidentenamt wird sich nicht ohne weiteres verwirklichen lassen. Sollte er sich, wie vermutet wird, die Unterstützung der kurdischen Abgeordneten „erkaufen“, könnte das wieder zu einer Radikalisierung anderer Kurden ebenso wie der Nationalisten führen.           RGK


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