20.04.2024

Preußische Allgemeine Zeitung Zeitung für Deutschland · Das Ostpreußenblatt · Pommersche Zeitung

Suchen und finden
18.06.11 / Der Druck der Völker wächst / Die nächste »Griechenland-Rettung«: EU-Finanzminister verheddern sich zunehmend in eigenen Irrtümern

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 24-11 vom 18. Juni 2011

Der Druck der Völker wächst
Die nächste »Griechenland-Rettung«: EU-Finanzminister verheddern sich zunehmend in eigenen Irrtümern

Die immer lauteren Drohungen, was Europa drohe, wenn Griechenland nicht abermals „gerettet“ würde, verraten die wachsende Hilflosigkeit der Politik. Kommenden Montag sollen die EU-Finanzminister das nächste Rettungspaket schnüren.

Die Atmosphäre dürfte gereizt sein, wenn die EU-Finanzminister  kommenden Montag zusammenkommen, um einen offenbar unmittelbar bevorstehenden Staatsbankrott Griechenlands abzuwenden. Vor allem zwischen dem deutschen Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) und EZB-Präsident Jean-Claude Trichet hatte es zuvor einen heftigen Schlagabtausch gegeben.

Was die Sache so kompliziert macht, ist, dass beide Akteure mit dem Rücken zur Wand kämpfen: Wolfgang Schäuble hatte vergangene Woche abwechselnd mit Kanzlerin Angela Merkel (CDU) stundenlang auf die Fraktionen von Union und FDP im Bundestag  einreden müssen, um ihre Zustimmung zu einem neuen Milliardenpaket für Athen zu erlangen. Die Stimmung bei der Union sei „katastrophal“ gewesen, verriet ein Teilnehmer der Presse. Bei der FDP hat sich sogar ein fester euroskeptischer Block etabliert, der auf dem jüngsten liberalen Bundesparteitag rund 30 Prozent der Delegiertenstimmen hinter sich vereinen konnte.

Letztlich geht es allein um diese Frage: Sollte Griechenland mit immer neuen Milliarden herausgekauft werden, oder ist nicht längst der Zeitpunkt da für eine „geordnete Umschuldung“, sprich einen weitgehenden Schuldenerlass? Berlin drängt, um das eigene Volk zu beruhigen, öffentlich darauf, dass bei einem Schuldenerlass auch die privaten Kreditgeber wie Banken oder Versicherungen Federn lassen sollen. Die Alternative wäre, dass abermals allein die Steuerzahler bluten müssten, indem sie nicht nur auf die Kredite verzichten, welche die EU-Staaten Hellas gewährt haben, sondern gleich auch noch den Banken ihre durch einen Schuldenerlass entstandenen Verluste erstatten – Stichwort „Bankenrettung“.

Zu diesen „privaten“ Geldgebern zählt indes auch die Europäische Zentralbank (EZB), deren Chef Jean-Claude Trichet daher lange gegen eine Umschuldung ankämpfte. Der Chef des Ifo-Instituts, Hans-Werner Sinn, rechnet vor: Bei einem Erlass von 40 Prozent der griechischen Staatsschulden müsste die EZB 18 Milliarden Euro abschreiben. Damit aber wäre sie „technisch pleite“, betrage ihr Eigenkapital doch gerade einmal elf Milliarden.

Hier rächt sich, dass die EZB überhaupt damit angefangen hat, Staatsanleihen maroder Euroländer als „Sicherheit“ für die Vergabe von Krediten an Geschäftsbanken zu akzeptieren. Damit hat sie gutes Geld für schlechte Papiere hergegeben, sprich: Geld aus dem Nichts geschöpft. Doch: Gerade Politiker, die die Wut ihrer Bürger fürchten, wenn sie ihnen ständig neue Hilfszahlungen an andere Staaten zumuten, haben die EZB heftig zu diesem geldpolitischen Sündenfall gedrängt.

Nun könnte dies der Notenbank auf die Füße fallen. Zwar müssten die nationalen Notenbanken, allen voran die Deutsche Bundesbank, das Konto der EZB wieder ausgleichen. Dennoch befürchten Experten, dass der Schritt dem Vertrauen in die Zentralbank und damit in den Euro insgesamt schwer schaden könnte.

Die privaten Großbanken versuchen sich derweil in (allerdings recht durchsichtigen) Ausweichmanövern, um einer tatsächlichen Beteiligung an einem Schuldenerlass zu entgehen. Moralisch stehen sie dabei auf dünnem Eis: Die Institute wussten um die desolate Lage der Griechen vermutlich besser Bescheid als die meisten politisch Verantwortlichen. Dennoch investierten sie, der hohen Zinsen wegen, weiter kräftig in Griechen-Anleihen. In einer Marktwirtschaft aber steht solch hohen Renditen auch ein gleich hohes Risiko gegenüber. Letzteres wollen die Banken, nach Einstreichen der Renditen, aber nicht tragen.

Um der Politik scheinbar beizustehen, bieten die Geldhäuser der Politik eine Beteiligung an der „Umschuldung“ unter Bedingungen an, welche das Angebot als reines Täuschungsmanöver entlarven. Das Wort von der „weichen Umschuldung“ macht die Runde: Statt Schuldenerlass sollen alte Schuldpapiere in neue umgetauscht werden, die eine längere Laufzeit bekämen. Damit wäre das Problem nicht gelöst, sondern abermals in die Zukunft vertagt. Für die neuen Papiere erwartet der Hauptgeschäftsführer des Bundesverbandes deutscher Banken, Michael Kemmer, dann jedoch staatliche Garantien.

Sprich: Was als Maßnahme zur teilweisen Entschuldung Griechenlands gedacht war, zimmern die Banken um zu einem Trick, mit dem sie endgültig alle ihre (freiwillig und mit Aussicht auf überdurchschnittliche Gewinne eingegangenen) Risiken auf den Steuerzahler abwälzen können.

Das zweite Problem bei einer „weichen“ Umschuldung, bei der lediglich Zinssätze verringert und Laufzeiten verlängert werden, ist, dass sie auf der Annahme beruht, Athen könne seine horrenden Schulden etwas später doch noch bedienen. Auf ähnlichen Illusionen basierte auch der bisherige Rettungsschirm. Und genau daran ist er gescheitert, weshalb die EU-Finanzminister und zuvor die Nationalparlamente erneut über Milliarden für Athen beraten müssen.

Im Anschluss an die Finanzminister sollen die Staats- und Regierungschefs der EU den weiteren Weg festlegen. Sie finden sich ebenso wie die Finanzminister tief ver­strickt in einem selbst gewobenen Netz aus Beschönigungen, Irrtümern und Lügen wieder. Derweil wächst der Unmut über ihr Handeln in den Völkern europaweit. Sollten abermals die Banken als Sieger aus dem Verhandlungs-Hickhack hervorgehen, dürfte dies die Atmosphäre weiter aufheizen. Hans Heckel


Artikel per E-Mail versenden
  Artikel ausdrucken Probeabobestellen Registrieren