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18.06.11 / Libyen versinkt im Chaos

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 24-11 vom 18. Juni 2011

Libyen versinkt im Chaos
von Wilhelm v. Gottberg

Dem Bombenhagel der Nato-Kampfjets wird das Libyen Gaddafis nicht mehr lange standhalten können. Die Hauptstadt Tripolis nähert sich dem Zustand der deutschen Großstädte des Jahres 1945. Niemand hatte bei der Eröffnung der Nato-Interventionen am 19. März damit gerechnet, dass sich Gaddafi mit dem regierungsloyalen Staatsapparat länger als drei Wochen halten könne. Vor wenigen Tagen hat der Nato-Rat vorsorglich beschlossen, das Bombardement bis September fortzusetzen. Die Federführung bei der Nato haben die USA, Großbritannien und Frankreich. Einige weitere Nato-Mitglieder leisten – mehr symbolisch als real – Kampfunterstützung. Aus guten Gründen verweigern sich Deutschland und etliche andere mitteleuropäische Nato-Mitgliedsstaaten der Intervention in Libyen.

Rückblende: Der Weltsicherheitsrat beschloss am 17. März, eine Flugverbotszone über Libyen durchzusetzen und die libysche Bevölkerung vor Übergriffen der eigenen Regierung zu schützen. Unmittelbar danach schlugen die Siegermächte des Zweiten Weltkrieges gegen das Gaddafi-Regime los. Was heute in Libyen geschieht, ist durch die Resolution 1973 des Sicherheitsrates bei Weitem nicht mehr gedeckt. Die Konzentration des Nato-Bombardements auf Tripolis verfolgt auch das Ziel, Gaddafi zu töten. Mit dem Tod des Revolutionsführers erhofft man sich den Zusammenbruch des Regimes. Die gute Absicht bei der Verabschiedung der UN-Resolution 1973 hat sich nunmehr in das Gegenteil verkehrt. Es ist zu fragen, wer die libyschen Menschen vor dem Bombardement der Nato schützt.

Im Dezember 2010 begannen die Bürgerrevolutionen in Tunesien und Ägypten. Der Funke sprang nicht auf Libyen über. Libyen hatte das höchste Pro-Kopf-Einkommen in Afrika. Es gab in Libyen keine Heerscharen arbeitsloser Jugendlicher wie in Tunesien und Ägypten. Im Februar begann im Wüstenstaat der Bürgerkrieg, der mit Hilfe der westlichen Geheimdienste entfacht wurde. Im Vorfeld dieses Bürgerkrieges hatten die USA bereits im Januar ihr diplomatisches Personal aus Libyen evakuiert.

Die amerikanische Denkfabrik „Nationale Stiftung für Demokratie“, 1983 von Reagan zur Abwehr der weltweiten kommunistischen Infiltration gegründet, ist heute eine Washingtoner Koordinierungsstelle für Destabilisierungsmaßnahmen in Staaten, die für einen Regimewechsel vorbereitet werden sollen. Es gibt in den USA eine Denkschule, die den Plan hat, durch „kreative“ Destabilisierung im erweiterten Nahen Osten andere Regime – teilweise auch mit anderen Landesgrenzen – zu schaffen, die politisch westlich ausgerichtet sind. Wer mag glauben, dass hinter diesen Gedanken hehre Ziele stehen? Wenn es darauf ankommt, gilt der politischen Klasse der USA das Völkerrecht wenig. Originalton Helmut Schmidt: „Die USA haben sich daran gewöhnt, das Völkerrecht für sich selbst nicht für zwingend zu halten.“ Es ist wohl eher so, dass die USA und ihre Verbündeten im Rennen um die Energievorräte der Welt die Nase vorne haben wollen. Im Nahen Osten und Nordafrika gibt es einiges zu holen. Die USA erwarten, das Deutschland auf eigene Kosten einen entscheidenden Anteil am Wiederaufbau Libyens leistet.


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