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25.06.11 / Glanz der Macht in der Moritzburg / Kunstmuseum des Landes Sachsen-Anhalt zeigt kaiserliche Schätze aus der Wiener Kunstkammer

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 25-11 vom 25. Juni 2011

Glanz der Macht in der Moritzburg
Kunstmuseum des Landes Sachsen-Anhalt zeigt kaiserliche Schätze aus der Wiener Kunstkammer

Mit kostbaren Werken aus der Kunstkammer des Kunsthistorischen Museums Wien erstrahlt in der Stiftung Moritzburg noch bis zum 24. Juli der „Glanz der Macht“ des habsburgischen Kaiserreiches. Der Gang durch die Ausstellung mit über 60 herausragenden Einzelstücken gibt einen einmaligen Einblick in diese weltweit einzigartige Sammlung, die ein eindrucksvolles Gegenstück zum Dresdner Grünen Gewölbe darstellt.

Da die Wiener Kunstkammer derzeit neu eingerichtet wird – die Wiedereröffnung ist für Ende 2012 vorgesehen –, ergab sich für die Stiftung Moritzburg die seltene Möglichkeit, einen repräsentativen Teil der Bestände nach Halle in das Kunstmuseum des Landes Sachsen-Anhalt zu holen. Es ist die umfangreichste Kunstkammerausstellung außerhalb Wiens seit vielen Jahren. Sie wurde zuvor im Schmuckmuseum Pforzheim gezeigt. Nach Halle ist sie im Fitz-William Museum in Cambridge/England zu sehen.

Die Moritzburg zu Halle ist dabei als Ausstellungsort für die verschwenderische Prachtentfaltung des habsburgischen Kaiserhauses geradezu prädestiniert, war auf ihr im frühen 16. Jahrhundert doch eine der prachtvollsten Schatzkammern jener Zeit untergebracht. Denn in der ehemaligen Residenz der Erzbischöfe von Magdeburg befanden sich einst große Schätze, darunter das sogenannte „Hallesche Heiltum“, die berühmte Reliquiensammlung von Luthers Gegenspieler Kardinal Albrecht von Brandenburg.

Die Ausstellung „Glanz der Macht“ dokumentiert alle in der Wiener Sammlung vertretenen Gattungen des Kunsthandwerks mit maßgeblichen Werken: In ihnen spiegelt sich Geschichte und sie erzählen Geschichten. Das Spektrum reicht vom ältesten identifizierbaren Kleinod aus habsburgischem Besitz, dem um 1400 aus einem Saphir geschnittenen Ring aus dem Besitz Herzog Ernst „des Eisernen“ (1377–1424), über die mit unglaublicher Virtuosität und unübertrefflichem Verständnis für das Material geschaffenen Werke der Steinschneidekunst des Mailänder Meisters Alessandro Masnago bis hin zu Goldschmiedearbeiten, wie dem aus einem Stück getriebenen Hutschmuck mit der Darstellung eines Reiterkampfes nach dem Vorbild Leonardo da Vincis. Ein herausragendes Werk, weniger Schmuckstück als Kleinplas­tik, das von einem unbekannten Meister geschaffen wurde, dessen künstlerisches Vermögen den Vergleich mit der Arbeit Benvenuto Cellinis nicht scheuen muss.

Andere Stücke brillieren durch die kunstvolle Fassung exotischer Materialien – etwa ein Trinkgefäß aus Rhino­zeroshorn, ein Nautiluspokal, in seiner Zeit Symbol des äußersten Luxus, oder ein Deckelpokal aus einer Kokosnuss und Elfenbeinschnitzereien. Auch Kuriositäten, deren Ausbildung eine besondere Laune der Natur zugrunde lag, wie eine seltene Achatmuschel mit Amethystdruse haben bereits frühzeitig und immer wieder die besondere Beachtung von Besuchern der Kunstkammer gefunden.

Die Bedeutung der Kunstkammer reicht jedoch weit über den außerordentlichen künstlerischen Rang des einzelnen Werkes hinaus. So bildet sich in den unterschiedlichen Sammlungsschwerpunkten sowie anhand der gesammelten Objekte selbst auch die Persönlichkeit einzelner Herrscher des Hauses Habsburg ab. Insbesondere der Tiroler Landesfürst Erzherzog Ferdinand II., dessen Sammlung auf Schloss Ambras mit in die Kunstkammer der Habsburger eingeflossen ist, aber auch der eigentliche Initiator, Kaiser Rudolf II. in Prag, sowie Kaiserin Maria Theresia in Wien haben ihre individuellen Spuren in Aufbau und Struktur dieses einzigartigen Bestandes hinterlassen.

Dabei lässt sich als durchgehende Konstante feststellen, dass die Sammeltätigkeit der jeweiligen Herrscher immer auch politischen Intentionen folgte und den Herrschaftsanspruch des Kaiserhauses festigen sollte. So untermauerten zum Beispiel die den antiken Cäsarendarstellungen nachempfundenen Porträts von Herrschern aus dem Hause Habsburg mit ihrer Berufung auf das römische Kaiserreich deren dynastischen Anspruch. Auch Kunstkammerstücke, die unter Verwendung exotischer Materialien geschaffen wurden, stehen nicht nur für absolute Exklusivität, sie belegen überdies den weltumspannenden Einfluss der habsburgischen Dynastien, der es möglich machte, internationale Künstler von höchstem Rang mit der Anfertigung besonderer Pretiosen zu beauftragen.

Auch die in die Sammlung integrierten Memorabilien halten die Erinnerung an herausragende Vertreter der Dynastie wach und stellen sie gleichzeitig als historische Vorbilder dar. Aus der Sammlung von Kuriositäten, oft exotischer Herkunft, seltenen Artefakten, wissenschaftlichen Gerätschaften und Kunstwerken entwickelte sich so etwas wie ein künstlerisches Gesamtdenkmal des kaiserlichen Hauses Habsburg.

Parallel zur Präsentation der Wiener Pretiosen rückt die Stiftung Moritzburg auch ihre Schätze ins rechte Licht: Hallesche Goldschmiedekunst des 17. und 18. Jahrhunderts sowie zahlreiche kostbare, kuriose und seltene Stücke der Sammlung Kunsthandwerk werden unter dem Aspekt „Idee Schatzkammer“ neu präsentiert. smo

Die Ausstellung „Glanz der Macht“ ist noch bis zum 24. Juli in der Stiftung Moritzburg, Halle, dienstags von 10 bis 19 Uhr und mittwochs bis sonntags von 10 bis 18 Uhr zu sehen, Katalog im Museumsladen 29,90 Euro, Eintritt 6/4 Euro.


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