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25.06.11 / Wunder über Wunder / Sensationen auf Flugblättern des 16. Jahrhunderts in Nürnberg

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 25-11 vom 25. Juni 2011

Wunder über Wunder
Sensationen auf Flugblättern des 16. Jahrhunderts in Nürnberg

Abscheuliche Verbrechen, Monster, Himmelserscheinungen – nicht erst die modernen Massenmedien, sondern schon die Flugblätter des 16. Jahrhunderts verbreiteten Sensationsnachrichten. Eine beeindruckende Auswahl dieser illustrierten Drucke ist nun in einer Studioausstellung innerhalb der Dauerausstellung „Renaissance, Barock, Aufklärung“ im Germanischen Nationalmuseum in Nürnberg zu sehen.

Entdeckungsreisen und Forschungsreisen in ferne Welten brachten im 16. Jahrhundert das Weltbild der Europäer ins Wanken: Die Rückkehrer überraschten die Daheimgebliebenen mit Aufsehen erregenden Wundergeschichten aus der Fremde. Aber auch außergewöhnliche Ereignisse wie Missgeburten, grausame Verbrechen und seltene Himmelserscheinungen faszinierten die Menschen. Die Schau zeigt 35 illustrierte Flugblätter, darunter zwei originale Holzschnitte von Albrecht Dürer: das berühmte „Rhinocerus“ und die „Missgeburt eines Schweins“.

Gedruckte Texte und Bilder verbreiteten die sensationellen Neuigkeiten weit über die Orte des Geschehens hinaus. Als ideales Medium des Nachrichtentransfers etablierte sich das Flugblatt.

Die vor allem in Nürnberg und Augsburg entstandenen Drucke folgten dabei einem bewährten Schema aus Schlagzeile, Illustration und Text. Besondere Bekanntheit erlangte Albrecht Dürers Holzschnitt „Rhinocerus“ von 1515, der in der Ausstellung gezeigt wird. Dürer bildete darauf jenes indische Nashorn ab, das im Mai 1515 als Geschenk des Sultans Muzafar von Gujarat an den portugiesischen König Manuel I. an Bord eines Segelschiffes in Lissabon angekommen war.

Ein weiterer Holzschnitt von Dürer zeigt mit anatomischer Genauigkeit ein Naturwunder, das Ostern 1496 in Nürnberg gezeigt worden war: ein Ferkel mit zwei Leibern, acht Beinen, vier Ohren und zwei Zungen.

Ein reines Fantasieprodukt zeigt dagegen der anonyme Holzschnitt „Ein bei Kopenhagen gefangener Wunderfisch“, der vom Nürnberger Drucker Stefan Hamer 1546 herausgegeben wurde. Die Darstellung geht auf den seit dem Mittelalter als Meerwunder berüchtigten „Meermönch“ zurück, der die Menschen mit List ins Wasser lockte, um sie anschließend dort zu verspeisen. Die 1546 bei Kopenhagen gefangene Kreatur zeigt ein seltsames Mischwesen aus Mensch und Tier, Mönch und Fisch.

Neben menschlichen Missgeburten wie einem „blutschwitzenden Knaben“ und Wundererscheinungen wie dem „Monster von Ravenna“ oder dem antisemitischen Blatt über eine Jüdin, der man die Geburt von zwei Ferkeln unterstellte, finden sich unter den Flugblättern auch Berichte über seltsame Himmelserscheinungen wie Kugelblitze, Nordlichter und Meteore. GNM

Das Germanische Nationalmuseum, Kartäusergasse 1, Nürnberg, ist dienstags bis sonntags von 10 bis 18 Uhr, mittwochs bis 21 Uhr geöffnet, Eintritt 6/4 Euro.


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