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25.06.11 / Die ostpreußische Familie / Leser helfen Lesern

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 25-11 vom 25. Juni 2011

Die ostpreußische Familie
Leser helfen Lesern
von Ruth Geede

Lewe Landslied,
liebe Familienfreunde,

das große Deutschlandtreffen in Erfurt klingt noch immer nach und wird es noch lange tun, auch in unserer Ostpreußischen Familie. Der dort aufgestellte Wunschbriefkasten ist ja noch nicht geleert und immer für Überraschungen gut, so wie mit dem Foto, das wir heute veröffentlichen. Es zeigt ein Teil eines Essservices, eine Sauciere, die in der KPM hergestellt und über das bekannte Fachgeschäft Tietz & Kranz in Königsberg verkauft wurde. Unser Leser Christoph Stabe aus München, dessen Vater aus Königsberg stammt, hat es kürzlich erstanden und möchte nun Näheres über das Kurhaus wissen, für das dieses schöne Porzellanservice hergestellt wurde. Die Spur lässt sich zurückverfolgen bis Stolp (Słupsk) in Pommern, wo es die Vorbesitzerin erworben hat. Aber wie es dorthin kam, ist unbekannt – wahrscheinlich im Fluchtgepäck der ehemaligen Besitzer. Die sehr gut erhaltene Sauciere zeigt als Dekor ein Medaillon mit einem romantischen Motiv: einen Bach, über den ein Holzsteg führt, inmitten eines Kiefernwaldes. Die Beschriftung an den Seiten des ovalen Bildes trägt den Namen des gastronomischen Betriebs, für den dieses Service angefertigt wurde: Kurhaus Siegemund. Es fehlt aber eine Lagebezeichnung. Wahrscheinlich war das Kurhaus so bekannt, dass man auf die Ortsangabe verzichtet hat. Es muss sich ja auch um ein sehr renommiertes Haus mit gepflegter Atmosphäre gehandelt haben, dem kostbaren Geschirr mit der Krone der KPM nach – aber wo lag es? Es muss sich um ein Erholungsgebiet gehandelt haben, das Kurmöglichkeiten bot, und da der Verkaufsstempel ein Königsberger Spezialgeschäft ausweist, dürfte dies in Ostpreußen gelegen haben. Herr Stabe tippte auf Masuren, er hat auch in einem alten Touristikführer den ähnlich klingenden Namen eines Restaurants ausgemacht, und das hat mich hellhörig gemacht. Ich nahm mir den Reiseführer „Die Seen in Masuren und im Oberland“ von 1927 vor – als Reprint bei Rautenberg erschienen – und siehe da, ich wurde fündig, denn da stand unter „Rudszanny“ zu lesen: „Das alte Kurhaus Siegmund hat in beschränktem Umfang den Betrieb wieder aufgenommen.“ Also hat es dort bereits vor dem Ersten Weltkrieg ein großes Kurhaus dieses Namens am Niedersee gegeben. Aus dieser Zeit dürfte auch das Geschirr stammen. Bleibt nur die Frage nach dem einen „e“ zu viel im Namen. Wahrscheinlich hieß der Besitzer so, später hat man es im Hausnamen gestrichen. Vielleicht kann ein Leser meine Vermutung bestätigen, oder gibt es eine andere Deutung? Mit Sicherheit tauchen aber jetzt Erinnerungen an das Kurhaus am Niedersee auf und an die schönen Stunden an diesem wunderbaren Fleck­chen Erde. (Christoph Stabe, Vol­kartstraße 46 in 80636 München, Telefon 089/12021984, E-Mail: christoph.m.stabe@gmx.de)

Gerne hätte Frau Ingrid Nowakiewitsch aus Haiger-Allendorf mir persönlich über ihre Erfolge berichtet und ich hätte mich auch über ein Gespräch gefreut, aber nun hat sie es schriftlich getan, und ich habe es schwarz auf weiß und kann es „getrost nach Hause tragen“, das heißt: hier veröffentlichen. Frau Nowakiewitsch schreibt: „Von der mit dem Gumbinner Heimatpreis ausgezeichneten CD mit dem Ostpreußenlied – aufgenommen von Schulchor und -Orchester des Dillenburger Gymnasiums nach der Originalpartitur von Herbert Brust – habe ich inzwischen 120 Stück verkauft. Nachdem im Johannisburger Heimatbrief darüber berichtet worden war und Sie auch in der Ostpreußischen Familie darüber schrieben mit dem Hinweis, dass die CD bei mir bestellt werden kann, bekam ich im vergangenen Sommer zahlreiche telefonische und schriftliche Anfragen und Bestellungen. Ich musste zweimal beim Musiklehrer des Dillenburger Gymnasiums nachbestellen. In diesem Zusammenhang habe ich viele interessante Telefongespräche geführt und viele Schicksale erfahren. Einige Landsleute haben die CD sogar bei der Beerdigung älterer Verwandter abgespielt oder sie mit der Absicht gekauft, dies später einmal zu tun. Die beiden letzten Bestellungen erhielt ich erst in diesem Frühjahr. Und eine CD habe ich in Erfurt an eine Bekannte verschenkt.“ Ja, es ist aber auch eine wundervolle Aufnahme und wird dem Komponisten so gerecht.

Das Ostpreußenlied ist und bleibt ein Teil unseres Lebens, mit keinem Lied können wir uns so identifizieren wie mit Hannighofers Versen und der Musik von Herbert Brust. Und kürzlich erklang es auch im fernen Dallas beim Sängerfest, das dort alle zehn Jahre stattfindet. 150 Texas-Sänger nahmen Mitte Mai an dem Fest teil, das vom deutschen Verein „Dallas Frohsinn“ betreut wurde und bei dem die unserer Ostpreußischen Familie so eng verbundene Cranzerin Irmgard Christina Gilliland eine große Rolle spielte, denn sie kümmerte sich besonders um den singenden Nachwuchs. „2002 hatten wir einen Kinderchor mit nur zwölf Teilnehmern und dieses war schon ein Erfolg nach hundert Jahren ohne Kinderchor in Dallas. Heute umfasst er 40 Kinder, die beim Fest alte deutsche Lieder sangen wie ,Brüderchen, komm tanz mit mir‘ oder ,Dornröschen war ein schönes Kind …‘ Ich habe natürlich die Kinder, deren Eltern und Lehrerinnen mit Pizza und Limonade versorgt. In Cranz hatten wir ja immer Kinderfeste. Und etwas muss wohl bei mir haften geblieben sein …“ Sehr viel sogar, liebe Frau Gilliland, wie Sie immer wieder beweisen. Nicht zuletzt mit ihren vielen E-Mails an unsere Ostpreußische Familie.

Zurück zu Erfurt und zu Frau Nowakiewitsch. Noch ein anderes Ostpreußenlied beschäftigte sie, wir Älteren kennen es alle, es war – bevor „Land der dunklen Wälder“ entstand – ja das Ostpreußenlied und hieß auch so. Es beginnt mit „Sie sagen all, du bist nicht schön, mein trautes Heimatland …“, die Lyrikerin Johanna Ambrosius hat es geschrieben, die hart arbeitende, schlichte Landfrau aus Groß-Wersmeninken, die Trost und Kraft in der Poesie fand. Von der Vielzahl ihrer Gedichte ist eigentlich nur dieses geblieben und da es damals Ende des 20. Jahrhunderts das einzige seiner Art in der noch jungen ostpreußischen Heimatliteratur war, wurde es vertont, mehrmals sogar, und die bekannteste Melodie von W. Terlecki wird noch heute gesungen. Auch der Vater von Ingrid Nowakiewitsch, Musiklehrer an der Hans-Schemm-Schule in Königsberg, hat eine Komposition geschrieben, und diese wurde natürlich im Elternhaus der kleinen Ingrid gesungen. Da sie auch auf eine Schule ging, die den Namen der Dichterin trug, hat sie eine besondere Verbindung zu der Schöpferin des ersten Ostpreußenliedes. Und so bekam der junge Russe, als er sie beim Deutschlandtreffen nach der Johanna-Ambrosius-Schule und ihrer Namensgeberin fragte, die richtige Auskunft. Dieser junge, gut Deutsch sprechende Mann ist jener Ilya, der versucht hatte, schon vor dem Treffen Kontakt mit mir aufzunehmen. Leider waren die E-Mails schwer zu bearbeiten, zumal sie ungenaue Angaben enthielten, so dass sich leider ein Fehler einschlich: Ilya wurde von mir für weiblich erklärt, zur Radioreporterin aus Königsberg. Diese Geschlechterwechslung machte auch Frau Nowakiewietsch stutzig, da sie nun das einwandfrei männliche Original vor Augen hatte, aber anscheinend weniger den Betroffenen, da er darauf überhaupt nicht einging. Er hinterließ jedenfalls am Redaktionsstand der PAZ seinen Dank für die ihm überlassenen Tonaufnahmen und die Nachricht, dass er – weil er mich in Erfurt nicht antraf – nach Hamburg kommen will, um an seinem Projekt zu arbeiten, denn „der Königsberger Rundfunk hat Zukunft bekommen“. Mehr kann und will ich im Augenblick nicht sagen, denn seine handschriftliche Botschaft, die ich im Familienkasten fand, enthält wieder sprachliche Fallstricke und muss in Ruhe bearbeitet werden. So danke ich ihm zuerst einmal für seinen „Gruß aus Ihrer Heimatstadt“.

Leider konnte in Erfurt auch Frau Gudrun Breuer aus Ingolstadt ihren Wunsch nicht persönlich vortragen, aber jetzt habe ich ihn schriftlich und das ist gut so. Obgleich bei ihrem Anliegen eigentlich Irrtümer ausgeschlossen sein müssten, denn es handelt sich um ein eine alte Handarbeitstechnik: das „Doppelstricken“. Das Problem liegt eher darin, dass sie es an mich gestellt hat, denn ich bin in Bezug auf Handarbeiten – speziell Stricken – immer eine Niete gewesen, selbst meine in der Schule gestrickten Seifenlappen konnten eher als Wischkodder Verwendung finden, und das taten sie dann auch. Aber ich bin ja das Drehkreuz zur Ostpreußischen Familie und so ist Frau Breuer schon bei mir an der richtigen Adresse. Gudrun Breuer schreibt: „Ich war im Rahmen der ,Textilen Volkskunst‘ am Stand der Landsmannschaft und wir haben versucht, Interesse für die alten Techniken zu wecken. Dort gab es gute Gespräche und erfreulicherweise auch von jüngeren Besucher­innen sehr viele Fragen. Meine Aufgabe ist es, in den Werkwochen das Musterstricken von ,Handschkes‘, das Doppelstricken und das Kreuzsticken den Teilnehmern zu vermitteln. Zum Doppelstricken wird immer nur gesagt, es käme aus Ostpreußen und sei dort einmalig, gerne hätte ich dazu mehr Informationen. War es auf bestimmte Regionen begrenzt? Aus diesem Grunde wende ich mich an Sie als das Gedächtnis Ostpreußens.“ Na ja, insofern funktioniert es, als ich mich gut und gerne an den Begriff erinnere, denn meine Mutter bestrick­te die ganze Familie und auch als Erwachsene habe ich meine „Kurenhandschkes“, die bei uns in Königsberg fast Kultstatus hatten, nur zu gerne getragen. Frau Breuer ist an jeder Art von Dokumentation über die Technik und ihr Verbreitungsgebiet interessiert und ich bin sicher, dass sie informative Zuschriften bekommen wird. (Gudrun Breuer, Isabellastraße 2 B in 85051 Ingolstadt, Telefon 0841/8816041.)

Voll im Einsatz fühlte sich unser eifriger Mitdenker Frank Schneidewind am Infostand der Kreisgemeinschaft Braunsberg. Ich hatte ja angekündigt, dass er für Fragen zur Verfügung stehen würde und das tat er dann auch. Der Fragebogen der Teilnehmer, die sich an ihn wandten, reichte von „Zu welcher Kirchengemeinde gehörte das Dorf Lotterbach?“ bis „Meine Mutter stammte aus E, wo finde ich Angaben über Hof, Größe und Grundstück?“

Da Herr Schneidewind auch in kirchlichen Angelegenheiten bewandert ist, konnte er diesbezüglich einigen schlesischen Teilnehmern die gewünschte Auskunft geben. Und einer von ihnen erhielt den von Herrn Schneidewind angebotenen Porzellanteller aus der schlesischen Manufaktur „Königszelt“. Der jüngere Mann, der aus dem Kreis Delitsch stammt, war überrascht und hocherfreut, zumal ihm Herr Schneidewind auch einige Heimatbriefe aus Niederschlesien versprach. Ein Hinweis für Leser­innen und Leser, die bezüglich des Lagers Friedland Fragen haben – und das sind nicht wenige, wie Herr Schneidewind festgestellt hat. Über das katholische Pfarrbüro St. Norbert in 37133 Friedland, Telefon (05504) 493, kann eine Schrift „60 Jahre Lager Friedland“ bezogen werden. Ein fast 100 Seiten starkes, reich bebildertes Heft mit Berichten von Heimkehrern, Vertriebenen und Zwangsarbeitern sowie Artikeln über die Spätaussiedlerbetreuung und die Friedlandhilfe. Dazu eine CD mit dem Geläut der Friedlandglocke und Postkarten.

So, das wäre heute eine erste Nachlese, was sich aus dem Deutschlandtreffen in Erfurt für unsere Familienarbeit ergab – keine Spätlese. Die kommt noch.

Eure Ruth Geede


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