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25.06.11 / Der Wochenrückblick mit Hans Heckel

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 25-11 vom 25. Juni 2011

Der Wochenrückblick mit Hans Heckel
Knechte, bleibt vernünftig! / Warum uns Juncker nicht gut findet, wieso wir immer noch nicht steinreich sind, und wie grün auf einmal braunkohlenbraun aussieht

Jean-Claude Juncker findet es „nicht gut“, dass die Deutschen die Griechen „in penetranter Art und Weise beleidigen“. Die beleidigten Griechen pflichten dem Euro-Gruppen-Chef nur allzu gerne bei. Von Athens Straßen erreichen uns Töne und Bilder, die von einer antiwestlichen Hass-Demo im Vorderen Orient stammen könnten, nur dass hier Deutschland anstelle der USA den Bösewicht abgibt.

Die griechischen Medien heizen die Stimmung gegen Deutschland schwungvoll an. Sie haben allen Grund dazu: Hinter den Medien stehen steinreiche Hellenen, denen nicht daran gelegen ist, dass ihre Leser nachfragen, wo das Geld wirklich hin ist: Griechenlands Millionäre haben inzwischen 600 Milliarden Euro auf Konten in der Schweiz, auf Zypern und in Luxemburg gebunkert, berichten Athener Banken. Das müssen die „Empörten“ auf dem Syntagma-Platz ja nicht unbedingt mitbekommen, also beschäftigt man sie mit den Deutschen und anderen „Nazis“ wie Nicolas Sarkozy.

Und was hat Jean-Claude Juncker damit zu schaffen? Na ja, er ist Luxemburger. In dem Land ist der Bankensektor im Vergleich zum Bruttoinlandsprodukt mehr als siebenmal so groß wie in Deutschland. Da stellt man sich schon aus purer Gastfreundschaft schützend vor die solventen Neukunden von der sonnigen Ägäis und verteidigt sie tapfer gegen die teutonischen Rufmörder.

Denen vergeht langsam die Lust an Griechenland. Das liegt auch daran, dass die alten Feindbilder völlig verrutscht sind. Selbst zwischen links und rechts stimmt nichts mehr richtig. Gerade von links kommt immer wieder das Argument, wir Deutsche sollten doch die Schnauze halten, denn „wir“ profitierten ja am meisten – und das geht so: Wir geben denen unser Geld, damit kaufen die unsere Waren und sichern damit unsere Arbeitsplätze, auf denen wir jene Sachen produzieren und das Geld erst verdienen können, das wir den Griechen geben, damit sie unsere Produkte kaufen. Ist doch alles wunderbar, nicht wahr? Von weitem betrachtet schon, wer aber näher ran geht, dem fällt die etwas eigensinnige Rollenverteilung in dem Kreislauf auf: Karl Marx hätte diesem System einen Ehrenplatz eingeräumt unter seinen Beispielen eines „ausbeuterischen Kapitalismus“.

Das Ganze erinnert an eine Szene aus dem Weihnachtsstraßenfeger „Drei Nüsse für Aschenbrödel“: Da pflaumt die stinkfaule Stiefmutter ihr hart arbeitendes Gesinde an: „Ich frage mich, warum ich euch eigentlich ernähre!“ Recht hat sie: Denn ohne ihre „Nachfrage“ als Herrin hätte der Knecht als Knecht ja keine Arbeit und nichts zu essen. Der Film entstand in der sozialistischen CSSR und sollte, neben einer hübschen Romanze, mit der genannten Szene gleich noch ein wenig marxistische Aufklärung über die Ruchlosigkeit des Kapitals gegenüber der Arbeit transportieren. Dass zeitgenössische Linke die damals als Karikatur gemeinte Weltsicht der bösen Grundherrin nunmehr als volkswirtschaftliche Weisheit verbreiten, das hat schon seinen eigenen Reiz.

Die Knechte waren selbstverständlich vernünftig. Sie litten zwar darunter, von der Herrin ausgequetscht und beschimpft zu werden wie die Deutschen in der Euro-Transferunion. Aber sie wussten dennoch, dass es ihnen ohne die schirmende Hand der dicken Dame noch viel schlechter ergehen würde. Deshalb tun auch wir heute „alles“ für den Euro. Das Gegenstück zu „alles“ lautet „nichts“, soll heißen: Wir tun alles, bis nichts mehr geht.

Auf das „Nichts“ müssen wir vielleicht gar nicht mehr so lange warten. Der durchs Fernsehen als „Mister Dax“ bekannte Börsenexperte Dirk Müller ließ vergangene Woche in der „Telebörse“ verlauten: „Die finale Phase hat begonnen, der Kollaps steht bevor!“ Na dann prost. Eines haben wir Deutsche allerdings nie recht verstanden: Wenn die uns so viel abkaufen, dass wir zehn Jahre lang „Exportweltmeister“ waren, dann müssten wir doch alle steinreich sein! Stattdessen verdienen die Deutschen heute real weniger als vor dem Euro, als einzige Europäer sind sie ab- statt aufgestiegen beim Gehalt.

Das wurmt vor allem die FDP. Die will nun endlich Steuererleichterungen durchsetzen, damit die Bundesbürger auch mal was merken von den sagenhaften Gewinnen, die wir den Griechen und Co. zu verdanken haben.

Finanzminister Schäuble hört das gar nicht gern. Dabei ist ihm ärgerlicherweise sein Hauptargument gegen Steuererleichterung abhandengekommen: „Nicht finanzierbar.“ Aufschwungbedingt sprudelt die Steuerquelle, da die öffentliche Hand von jeder Lohn­erhöhung weit mehr profitiert als die Gehaltsempfänger – die kalte Progression ist ein wahres Wunderding. Also stimmt er erst mal zum Schein zu. Im Hinterkopf hat der schlaue Fuchs aber schon raus, wie er die Sache wieder kippt oder zumindest so klein wie möglich macht. Bald wird der Finanzminister mit trauriger Miene verkünden, dass die „von allen“ angestrebten Entlastungen aufgrund neuer „Belaschtungen“ leider nur „sehr begrenzt“ ausfallen könnten – vor allem wegen unserer „Solidarverpflichtung im Euro-Raum“, der wir nachkommen müssten, weil wir „nur so unseren Wohlstand sichern“ könnten.

Dann kommen wir uns wieder vor wie bei diesen illegalen Zauberkünstlern am Straßenrand: Egal, auf welches Hütchen wir deuten, die Kugel ist immer schon woanders. In Talkshows und Parlamentsreden werden unsere Politiker anschließend eindringlich darüber nachdenken, „wie wir das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger in das Euro-System zurückgewinnen können“.

Eine andere Mehrbelastung wird von der Energiewende ausgehen. Die ist wie die Griechen-rettung „alternativlos“. Deshalb darf man für sie auch alles wegschießen, was im Wege ist. Als erstes fiel der Naturschutz, der keine Chance haben soll gegen neue Stromtrassen. Das ist aber längst nicht alles: Aus Sachsen-Anhalt wird von einer engagierten grünen Kommunalpolitikerin berichtet, die Feuer und Flamme war für den Atomausstieg. Leider hatte man ihr nicht erzählt, dass anstelle der Kernkraft nun die Braunkohle wieder ganz groß rauskommt als „Brückentechnologie“. Ihr Dorf soll dafür demnächst weggebaggert werden. Haben Sie schon mal das Geräusch gehört, das kleine Katzen machen, wenn sie ihren eigenen Schwanz zu fassen kriegen? So ähnlich hörte sich die gute Frau an.

Grün kann aus der Nähe überraschend braunkohlenbraun aussehen. Wissenschaftler raunen, dass die Sache mit Ehec erst der Anfang einer Reihe unerwarteter Lebensmittelvergiftungen gewesen sein könnte. Grund: Die Tiere, deren Dung den Erreger transportiert haben soll, bekämen kaum noch Maissilage, weil der Mais heute in der Biodiesel-Produktion lande.

Was bekommen die Viecher stattdessen in den Trog gekippt? Abfallstoffe aus eben jener Biodiesel-Herstellung, vor allem Glycerin und sogenannte „Schlempe“. Noch wisse aber niemand genau, wozu sich die „Schlempe“ und andere Schweinereien aus den Mülltonnen der Dieselmacher im Tierdarm verwandeln können, weshalb wir uns auf einiges gefasst machen sollten.

Auf „naiven“ Bildchen zeichnen die Künstler bislang heile Welten, auf denen kein Auto und keine Fabrik zu sehen ist. Ob in zehn Jahren wohl Landschaften in Mode kommen, die ein Kernkraftwerk am Horizont ziert, davor ein Mastbetrieb mit Maissilo und Autos, die garantiert zu 100 Prozent petroleumgestützt angetrieben werden?


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