18.04.2024

Preußische Allgemeine Zeitung Zeitung für Deutschland · Das Ostpreußenblatt · Pommersche Zeitung

Suchen und finden
02.07.11 / Blass, blasser, Wulff / Bundespräsident hat in seinem ersten Amtsjahr nicht überzeugt

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 26-11 vom 02. Juli 2011

Blass, blasser, Wulff
Bundespräsident hat in seinem ersten Amtsjahr nicht überzeugt

Am 12. Juni 2010 haben wir in dieser Zeitung den Kandidaten der schwarz-gelben Koalition für das Amt des Bundespräsidenten vorgestellt. Unser Resümee damals: „Die Erwartungen an einen möglichen Bundespräsidenten Wulff müssen zwangsläufig bescheiden bleiben.“

Berlin hatte zunächst die Arbeitsministerin als Nachfolger für Horst Köhler im Visier. Wulffs Ehrgeiz ließ es nicht zu, dass die Tochter Ernst Albrechts, die unter ihm Ministerin in Hannover geworden war, an ihm vorbei in das höchste Staatsamt aufrücken sollte. Nur drei Tage benötigte er, um die Koalition von sich zu überzeugen. Schon lange war erkennbar, dass Wulff an der Leitung der niedersächsischen Landesregierung keinen Spaß mehr hatte. Einer Berufung in das Bundeskabinett wäre er gerne nachgekommen. Das war für Merkel inakzeptabel. Deshalb war es für sie ein Geschenk des Himmels, dass sie den letzten Rivalen aus dem Andenpakt in das höchste Staatsamt abschieben konnte.

Der Bundespräsident hat in seinem ersten Amtsjahr nicht überzeugt. Man mag darüber hinwegsehen, dass er gleich nach Amtsantritt als Untermieter eines befreundeten aber gleichwohl schillernden Unternehmers seinen Urlaub auf Mallorca verbrachte. Der Würde des Amtes angemessen war das nicht. Wulff zeigte in seiner Rede zum Tag der Einheit 2010 mit seiner Aussage, dass der Islam zu Deutschland gehöre, dass ihm die wichtigste Aufgabe des Staatsoberhauptes noch nicht klar war, nämlich, die Gesellschaft zusammenzuhalten. Die Islambemerkung war anbiedernd, spalterisch und ahistorisch. Die Wertschätzung für die Menschen muslimischen Glaubens in Deutschland hätte anders zum Ausdruck gebracht werden können. Im Fall Sarrazin überschritt das Staatsoberhaupt mit seiner Meinungsäußerung seine Kompetenz. Dem Bundespräsidialamt gelang in Verhandlungen mit den Anwälten Sarrazins Schadensbegrenzung. Sarrazin hätte es zu einer Staatskrise kommen lassen können. Im Februar dann erneut ein Rückfall in die Politikerrolle. Mit geharnischten Worten bezog Wulff in Rom Stellung gegen Gaddafi. Es gab gute Gründe, in der Causa Libyen Zurückhaltung zu üben, was Westerwelle mit seiner Stimmenthaltung im Weltsicherheitsrat beherzigte.

In Europa herrscht zurzeit eine noch nie dagewesene Krisenstimmung. In Deutschland hat die politische Klasse die Bodenhaftung verloren. Die Nichtwähler haben bei Wahlen nun immer eine relative Mehrheit. Die Augen richten sich auf Wulff. Der schweigt. Hat er nichts zu sagen? Er hat in diesem Jahr die von seinem Vorgänger Roman Herzog begründete „Berliner Rede“ nicht gehalten. „Die Berliner Rede wäre eine Möglichkeit gewesen, seine Kritiker zu widerlegen, die ihn schon vor einem Jahr für zu leicht befunden haben“, schreibt die Tageszeitung „Die Welt“.

Wulff hat in seine neue Rolle als Staatsoberhaupt noch nicht hineingefunden: Ob er zukünftig das Verfassungsverständnis des Amtes verinnerlicht, muss offenbleiben. Der Mensch wächst mit der Aufgabe. Gilt das auch für Wulff? Wilhelm v. Gottberg


Artikel per E-Mail versenden
  Artikel ausdrucken Probeabobestellen Registrieren