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02.07.11 / Erfolglose Pädagogen / Allensbach-Studie belegt: Lehrer haben kaum erzieherischen Einfluss auf ihre Schüler

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 26-11 vom 02. Juli 2011

Erfolglose Pädagogen
Allensbach-Studie belegt: Lehrer haben kaum erzieherischen Einfluss auf ihre Schüler

Schüler zu sein ist nicht immer leicht – aber Lehrer haben es auch nicht gerade einfach: Eine neue Studie zeigt, dass die deutschen Lehrkräfte ihren Einfluss auf die Schüler als äußerst gering einschätzen und ein nicht gerade positives Bild von ihren Schützlingen haben.

Das Institut für Demoskopie Allensbach veröffentlichte kürzlich die Untersuchung mit dem gehaltvollen Titel „Herausforderungen und Realität der Schulen aus Sicht von Eltern und Lehrern“. Hierbei sollte im Rahmen des deutschen Lehrerpreises der Vodafone-Stiftung möglichst viel über die Einschätzungen von Lehrern und Eltern herausgefunden werden. „Seit drei Jahren führen wir Befragungen in der Bevölkerung durch, wobei uns speziell die Sicht der Eltern von Schulkindern interessiert“, erklärt Projektleiter Werner Süßlin im Gespräch mit der PAZ. „In diesem Jahr befragten wir zum ersten Mal ergänzend auch die Lehrer, sodass ein vollkommenes Bild entsteht.“

Einig sind sich Eltern und Lehrer beispielsweise darüber, was Schulen unbedingt vermitteln sollten: Grammatik und Rechtschreibung, gute Allgemeinbildung, Konzentrationsfähigkeit, Selbstbewusstsein entwickeln, Hilfsbereitschaft, Leistungsbereitschaft sowie Höflichkeit und Manieren. „In der öffentlichen Diskussion hat man häufig den Eindruck, Eltern und Lehrer haben unterschiedliche Ansichten, deswegen war dieses ähnliche Ergebnis für uns ziemlich erstaunlich“, sagt Süßlin. Große Defizite gibt es jedoch bei der Umsetzung, denn während die Wissensvermittlung in der Schule von den Eltern als sehr gut bewertet wird, bekommen die Lehrer im Bereich Erziehungsauftrag nicht wirklich brauchbare Noten: „Zwei Drittel aller Eltern sagt zum Beispiel, Schule sollte zur Entwicklung des Selbstbewusstseins beitragen, aber nur 33 Prozent haben den Eindruck, dies geschieht tatsächlich.“

Fest steht allerdings auch, dass 60 Prozent der deutschen Bevölkerung davon überzeugt sind, dass Lehrer viele Erziehungsfehler von Eltern ausbügeln müssten. Die glauben paradoxerweise jedoch gar nicht daran, dass sie einen besonders großen Einfluss auf ihre Schüler haben. Die Pauker sehen sich diesbezüglich an allerletzter Stelle (acht Prozent) hinter den Medien (69 Prozent), dem Freundeskreis (68 Prozent), den Eltern (31 Prozent), den Klassenkameraden (29 Prozent) und der Schule (elf Prozent). Trotz dieses deutlichen Ergebnisses stuft Studienleiter Süßlin diese Einschätzung als nicht sehr dramatisch ein. „Lehrer haben auf die Kinder keinen individuellen Einfluss, sondern lediglich im Klassenverband und zu einem geringen Teil der Tageszeit, das relativiert einiges“, sagt er und sieht eine Möglichkeit zur Vergrößerung dieses Einflusses in Ganztagesschulen.

Dass die Lehrer aller Schularten jedoch unbedingt viel mehr Zeit mit ihren Schützlingen verbringen wollen, ist fraglich. Die von ihnen am häufigsten genannten Eigenschaften von Schülern geben schließlich nicht gerade ein gutes Bild ab: Sie seien von den Medien geprägt, sagen 90 Prozent der Lehrer, hätten Konzentrationsprobleme (75 Prozent), wären materialistisch eingestellt (71 Prozent), computerbegeistert (69 Prozent) und selbstbezogen (59 Prozent) sind einige der wenig schmeichelhaften Beurteilungen. „Allerdings haben wir auf der Basis von Lehrern an weiterführenden Schulen einen Trendvergleich zur Einschätzung von vor zehn Jahren, die zeigt, dass das keine Spezifika der heutigen Schülergeneration sind. All dies haben die Lehrer bereits vor zehn Jahren über ihre damaligen Schüler gesagt“, weiß Experte Süßlin.

Und auch die Eltern bekommen ihr Fett weg: Jeweils 78 Prozent aller Lehrer denken, dass die Eltern mit der Erziehung ihrer Kinder überfordert sind und sie zu wenig darauf achten, wie ihre Kinder die Freizeit verbringen. Außerdem haben Eltern laut der Meinung der Erzieher zu wenig Zeit für ihre Kinder (72 Prozent), können nicht mit Kritik an ihren Kindern umgehen (57 Prozent), packen ihre Kinder zu sehr in Watte und verwöhnen sie zu sehr (53 Prozent) und können ihren Kindern nicht bei den Hausaufgaben helfen (51 Prozent).

Bezüglich ihrer eigenen Arbeit üben Lehrer Kritik an der Ausstattung und Organisation des Schulalltags sowie bei den Lehrmaterialien. „Aber der größte Reformbedarf besteht aus Sicht der Lehrer bei den individuellen und gezielten Fördermöglichkeiten der Schüler hinsichtlich ihrer Begabungen. Nur 24 Prozent der Lehrer sehen dies an ihren Schulen realisiert“, sagt Süßlin. Und Lehrer an rheinland-pfälzischen Schulen fühlen sich noch nicht einmal von guten Rahmenbedingungen im eigenen Bundesland unterstützt. Diesbezüglich befragt, landete Rheinland-Pfalz auf einem enttäuschenden 9. Platz mit mickerigen sechs Prozent, wohingegen die Länder Bayern (49 Prozent) und Baden-Württemberg (37 Prozent) ihre Lehrer wesentlich besser zufrieden stellen.       Anne Kirchberg


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