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02.07.11 / Mustergültig dokumentiert / Feierstunde in Berlin − Abschluss einer historischen Arbeit

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 26-11 vom 02. Juli 2011

Mustergültig dokumentiert
Feierstunde in Berlin − Abschluss einer historischen Arbeit

Das Königsberger Schloss galt über Jahrhunderte als einer der repräsentativsten Herrschersitze im Ostseeraum. Im Sommer 1944 fiel es den Bombenangriffen der Engländer zum Opfer, im Jahre 1968 wurden die Trümmer endgültig abgetragen. Aber ist das das letzte Wort der Geschichte? In Königsberg gibt es in großen Teilen der Bevölkerung offenbar den Wunsch nach einem Wiederaufbau. „Das Schloss ist präsent sowohl in der Erinnerung der ehemaligen deutschen als auch heute in der russischen Öffentlichkeit“, sagte der Vorsitzende der Stadtgemeinschaft Königsberg, Klaus Weigelt, am 21. Juni auf einem Festakt im Charlottenburger Schloss in Berlin.

Anlass für die von der Stadtgemeinschaft, der Stiftung Preußische Schlösser und Gärten und dem Regensburger Verlag Schnell & Steiner ausgerichteten Feier war die Präsentation des zweiten Bandes über das Königsberger Schloss. Die Kunst- und Architekturhistoriker Wulf D. Wagner und Heinrich Lange hatten bereits vor drei Jahren den ersten Band zum Zeitraum 1255 bis 1740 herausgebracht. Der zweite und fast doppelt so umfangreiche Band reicht von der Zeit Friedrichs des Großen bis in unsere Gegenwart. Es ist nach allem bisherigen Urteil eine maßstabsetzende Arbeit in der Literatur zur Schlösserarchitektur in Königsberg, wie es sie bislang nicht gab. Das Königsberger Schloss galt neben dem von Schlüter in Berlin errichteten Stadtschloss als der eindrucksvollste preußische Herrschersitz. Seine Anfänge reichen bis 1255 zurück, als ein erster Bau vom Deutschen Orden errichtet wurde und einen ersten Höhepunkt in der großzügigen Renaissance-Ausgestaltung im 15. und 16. Jahrhundert erreichte.  Einen weiteren Ausbau nahmen dann die preußischen Könige im 18. Jahrhundert vor, prächtiges Barock verdrängte dann die bis dato vorherrschende Renaissance-Architektur. Für kurze Zeit war das Schloss dann Sitz der Residenz, als nach der Niederlage Preußens gegen Napoleon 1806 Hof und Regierung für mehrere Jahre nach Königsberg flüchteten. Danach kamen Jahre des Stillstands, die erst endeten, als im Jahre 1861 die Krönung Wilhelms I. erfolgte, für die eine großzügige Modernisierung vor allem im Innern unter Aufsicht von Stüler erfolgte (und für die übrigens der Komponist Giacomo Meyerbeer einen bejubelten Krönungsmarsch schrieb). Nach 1918 wurde das Schloss nicht nur Sitz oberster Verwaltungsbehörden; es beherbergte auch eine über die Stadt hinaus bekannte Sammlung von Werken des Expressionismus und anderen Meistern der klassischen Moderne. Erst 1937 wurde diese Sammlung aussortiert, mit dem paradoxen Ergebnis, dass diese beschlagnahmten und magazinierten Bestände den Krieg überstanden, während viele große Meister, etwa Niederländer, 1944 ein Raub der Flammen wurden.

Wulf Wagner, Hauptautor des nun abgeschlossenen zweibändigen Werkes, hat das Schloss nach eigenem Bekunden nicht nur als architektonische Denkwürdigkeit, sondern auch als „Ort geistesgeschichtlicher Begegnungen“ beschrieben. In der Tat war das Schloss zusammen mit Universität und Dom ein geistiges Zentrum weit über Ostpreußen hinaus, wo sich die führenden Köpfe der Region trafen. Einen Höhepunkt sieht er in der Zeit, als Königsberg nach 1806 Regierungssitz war; damals lebten und arbeiteten nahezu alle großen Geister Preußens hier, Scharnhorst, Gneisenau, Freiherr vom Stein ebenso wie Kleist und Eichendorff.

Mit Bedacht hatte das Ensemble „Hauptstadtblech“ die musikalische Umrahmung der Feier gewählt. Es wurden bekannte Choräle aus dem evangelischen Gesangbuch vorgetragen und damit an eine schöne Königsberger Sitte erinnert: Seit 1526 war es üblich, dass jeweils morgens und abends vom Schlossturm aus ein weit vernehmbarer Choral geblasen wurde, ebensolche, wie sie jetzt im Charlottenburger Schloss zu hören waren.          Dirk Klose


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