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02.07.11 / Schwierige Bedingungen / Eindrucksvolle Dokumentation über Sanitätswesen auf deutschen Schiffen

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 26-11 vom 02. Juli 2011

Schwierige Bedingungen
Eindrucksvolle Dokumentation über Sanitätswesen auf deutschen Schiffen

In „Verwundetentrans-port über See – Deutsche Lazarett- und Verwundetentransportschiffe im Zweiten Weltkrieg“ wird sich erstmalig umfassend mit dem Sanitätswesen auf deutschen Schiffen beschäftigt. Zwar wurde bereits 1978 von Arnold Kludas und Rudolf Schmidt ein Buch über die deutschen Lazarettschiffe im Zweiten Weltkrieg herausgebracht, dort lag jedoch der Schwerpunkt auf den schiffbaulichen Details, während Volker Hartmann und Hartmut Nöldeke den Einsatz des Sanitätspersonals an Bord in den Vordergrund stellen.

In der Einleitung wird auf die schwierige Materiallage verwiesen, da viele Kriegstagebücher verloren gingen oder vernichtet wurden und nur durch die aufopferungsvolle Vorarbeit von Admiralarzt a.D. Dr. Hugo Caanitz(1968) viele Zeitzeugenschilderungen archiviert wurden. Diese Sammlung wurde nach seinem Tod von Prof. Dr. Hans Schadewaldt (2009) verwaltet und vervollständigt. Durch dieses Material, das die Autoren in den historischen Kontext gestellt haben, wird eine sehr persönliche Darstellungsform erreicht, die dem Leser einen tiefen Einblick in das Bordleben der Lazarettschiffe vermittelt.

Mit einem kurzen Rückblick in die Geschichte beginnt die Darstellung, denn schon im Siebenjährigen Krieg wurden Verwundete über Wasserwege transportiert. Die Autoren beschreiben weiter die weltweite Verwendung von Lazarettschiffen bis zum Ersten Weltkrieg, wobei auch die Regeln für die Anerkennung durch die gegnerischen Parteien durch das Kriegsvölkerrecht erläutert werden.

Die völkerrechtlichen Planungen für den Marinesanitätsdienst in zukünftigen kriegerischen Auseinandersetzungen wurden aufgrund der Erfahrungen aus dem Ersten Weltkrieg fortgeführt, allerdings verweigerte die Sowjetunion die Anerkennung der deutschen Lazarettschiffe schon 1929. In diesem Zusammenhang stand auch der Einsatz von Verwundetentransportschiffen, deren Stellung und Ausstattung hier klar definiert und von den Lazarettschiffen abgegrenzt wird, so dass der Leser wichtige Hintergrundinformationen erhält.

Die Schiffe werden nach ihren Einsatzgebieten wie Ostsee, Norwegen, französische Küste, Mittelmeer, östliche Ostsee aufgelistet, außerdem wird auch die geplante Landung in England, die „Operation Seelöwe“, erwähnt.

Mit jeweils einem Vortext wird eine kurze Erläuterung der Einsatzbedingungen in dem jeweiligen Fahrgebiet gegeben. In den Schiffsportraits werden in den einleitenden Sätzen kurz die relevanten Schiffsdaten und Umbauten aufgeführt. Schwerpunkt ist jedoch das Sanitätspersonal an Bord. Durch die namentliche Erwähnung mit Funktion und Dienstgrad werden die Menschen an Bord lebendig und sie bekommen durch die schriftlichen Zeitzeugenerinnerungen zusammen mit den Fotos ein Gesicht.

Es sind vielfältige Erinnerungen und viele menschliche Schicksale werden dargestellt. Dabei wechseln sich die historischen Ereignisse mit den Erinnerungen ab, die hier passend in den Kontext eingearbeitet werden.

Auch lässt sich anhand der Aufnahme- und Todeslisten mit den Diagnosen erahnen, durch was für Höllen die Patienten vor der Aufnahme an Bord gegangen sein müssen, nur um dann doch kurz darauf zu sterben, und unter welchen schwierigen Bedingungen die medizinische Versorgung erfolgte.

Es wird über den Mangel an medizinischem Material berichtet und vom Spannungsfeld zwischen dem Sanitätspersonal und der Schiffsbesatzung. Außerdem werden die Versorgung und der Austausch von Kriegsgefangenen erläutert, die durch Lazarettschiffe stattfanden.

Eindrucksvoll sind auch die Schilderungen über den aufopferungsvollen Einsatz der in den letzten Kriegsmonaten an der „Rettung über die Ostsee“ beteiligten Schiffe.

Von 73 kleinen und großen Lazarett- und Verwundetentrans­portschiffen werden 61 vorgestellt. Dabei erhält der Leser einen sehr authentischen Eindruck und faszinierenden Einblick vom Leben an Bord durch die ausführlich beschriebenen zeitlichen, örtlichen und medizinischen Einzelheiten.

Dabei sind nicht nur die großen und bekannten Schiffe, wie „Berlin“, „Steuben“, „Stuttgart“ und „Wilhelm Gustloff“ interessant, sondern es werden auch die großen Leistungen auf den kleinen Schiffen, wie auf der „Glückauf“, dem am längsten im Kriegseinsatz befindlichen Lazarettschiff, gewürdigt.

Eine chronologische Übersicht und ein ausführliches Quellen- und Literaturverzeichnis runden das in allen Aspekten sehr empfehlenswerte Werk ab.

Die beiden Autoren, selbst langjährige Marinesanitätsoffiziere, haben über das Sanitätswesen an Bord von Lazarett- und Verwundetentransportschiffen ein sehr lesenswertes und eindrucksvolles Buch geschaffen.

            Britta Heitmann

Volker Hartmann und Hartmut Nöldeke: „Verwundetentransport über See – Deutsche Lazarett- und Verwundetentransportschiffe im Zweiten Weltkrieg“, Verlag Dr. Dieter Winkler, Bochum 2010, 302 Seiten, 39,50 Euro


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