19.04.2024

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02.07.11 / Der Wochenrückblick mit Hans Heckel

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 26-11 vom 02. Juli 2011

Der Wochenrückblick mit Hans Heckel
Wir Komplizen / Warum Kohl die Nato verlassen hätte, wieso die Grünen so fabelhaft sind, und wie wir das Vertrauen in die Politik zurückbekommen

Mit denen wird es wirklich nie langweilig. Fast schon glaubten wir, uns vor der Langeweile einer richtigen Regierungskoalition fürchten zu müssen: Die Vorsitzenden von CDU und FDP vereinbaren eine kleine Steuersenkung, und weil sie das vorher mit allen wichtigen Leuten in der Koalition abgesprochen haben, nickt die ganze Riege freundlich mit den Köpfen. Auf diese öde, voraussehbare Weise läuft es ja normalerweise. Und so sollte es diesmal auch bei Schwarz-Gelb abgehen.

Aber nicht in der Manege des Zirkus Merkel-Rösler-Seehofer. Da wird jede Bagatelle zur ganz großen Schau: Merkel und Rösler haben sich abgesprochen, Merkels Pressesprecher Seibert bringt das (offenbar zu früh) an die Öffentlichkeit, Seehofer weiß angeblich von nichts und schäumt und Finanzchef Schäuble schnaubt „Nichts da!“ Zu seiner Unterstützung galoppieren die Landesfürsten heran: „Kein Geld!“ Nun bastelt Schäuble an einer kaum spürbaren Schrumpfversion der Steuersenkung, tut also genau das, was wir vergangene Woche schon von ihm erwartet hatten.

Richtig guter Klamauk, nicht wahr? Nichts mit „langweiliger Regierungsalltag“. Eigentlich schon, doch so richtig will das Publikum diesmal nicht mitgehen. Die allgemeine Müdigkeit könnte daher rühren, dass die Leute das Stück „Koalitionskrach“ schon viel zu oft gesehen haben. Auch ein gutes Drehbuch verbraucht sich irgendwann. Das Gleiche gilt für einst flotte Kalauer: „Die Koalition probiert einen Neuanfang!“ Darüber haben wir vor Monaten noch herzlich gelacht, aber heute? Nee, nee! Vielleicht sollte man den verstaubten Witz durch etwas Frisches, wirklich Komisches ergänzen, etwa: „Die Koalition probiert einen Neuanfang, und diesmal wird er ihr auch gelingen!“ Das wäre ein echter Lacher!

Die Meinungsforscher erzählen, das Vertrauen der Deutschen in die Politik schrumpfe dramatisch.    Die Menschen blickten nicht mehr durch bei Energieschwenk oder Euro-Krise und bekämen es langsam mit der Angst zu tun, was wohl werden wird. Die Angst ist ja verständlich, aber warum laden wir unseren Frust ausgerechnet bei den Politikern ab? In Berlin wird gemunkelt, Kanzlerin Merkel habe bei der Euro-Sache ebenfalls den Überblick verloren. Na also: Das nennen wir bürgernah, die Kanzlerin weiß nicht mehr als wir. Wir sitzen alle in einem Boot.

Und Führungsstärke kann Angela Merkel trotzdem keiner absprechen: Obwohl sie keine Ahnung hat, wohin es geht, hält sie wacker Kurs. Von wegen „wankelmütig“, wie man es ihr nach dem eleganten Atomschwenk ins Ungewisse nachgesagt hat – nur weil sie mal ihre Meinung geändert hat unter dem Eindruck völlig neuer Erkenntnisse. Hätte Helmut Kohl gewusst, dass die US-Atomraketen mit Atomwaffen bestückt werden sollten, hätte er dem Nato-Doppelbeschluss auch niemals zugestimmt! Oder? Und hätte der alte Kanzler Anfang der 80er Jahre geahnt, dass die Hunderttausenden Menschen auf der Straße nicht für, sondern gegen die Politik des westlichen Bündnisses demonstrierten, dann wäre Kohl auch aus der Nato ausgetreten „aus Rücksicht auf die Stimmung in der Bevölkerung, der man sich als guter Demokrat nicht verschließen darf“.

Zu seinem und unserem Glück hatte Kohl von alldem keinen Schimmer und blieb daher streng bei seiner Politik. Daraufhin gewann er zuerst die nächste Wahl 1987 und wurde drei Jahre später sogar „Kanzler der Einheit“. Die Einheit hätte sein SPD-Herausforderer von 1990, Oskar Lafontaine, nur zu gern verhindert.

Als was Angela Merkel in die Geschichtsbücher eingehen wird, das zeigt sich später. Noch hören wir es nur leise rauschen am Horizont der Zeit. Doch was für ein Geräusch ist das wohl? Ist es der Beifall kommender Generationen für die heutige Politik oder rauscht da der Wasserfall, den unser Geldsystem demnächst hinunter donnert? Warten wir’s ab.

Die Grünen wollen nicht mehr warten. Sie machen jetzt „Revolution“ und können kaum noch atmen, so hingerissen sind sie von sich und ihren Erfolgen. Für sie läuft derweil alles glänzend. Die Grünen sind die schillernde Blüte, die auf dem morschen Gebälk eines vermodernden Parteiensystems fabelhaft gedeiht. Alles fällt ihnen zu, nie erschien die grüne Welt aufgeräumter.

Das liegt auch an dem Bodennebel medialer Zustimmung, der über so manche Fußangeln grüner Programmatik einen milden Schleier legt. In Sachen Euro würden Künast und Co. in die Vollen gehen: Keine große Partei ist so geschlossen und geradlinig für die europäische „Transferunion“, in der die effizienten Volkswirtschaften dauerhaft für die ineffizienten zahlen sollen. Wie gut, dass die Masse ihrer Anhänger von dieser Kleinigkeit nichts weiß, oder zumindest keine Vorstellung hat von den Folgen für die Deutschen.

Schaden kann das den Grünen auch deshalb nicht, weil die übrigen Bundestagsparteien in etwa denselben Weg gehen. Sie tun das allerdings mit etwas weniger Elan, sprich: Merkel stolpert eher in die Grube, in welche die Grünen Deutschland mit Macht stoßen wollen.

Dieser Eindruck, dass Merkel unentschlossen ins Desaster taumelt statt schnurstracks hinein zu marschieren wie Jürgen Trittin, das unterminiert allerdings das Vertrauen im Volk, heißt es. Ist denn niemand da, der uns endlich wieder ein wenig Zuversicht einhaucht? Wir wollen wieder hoffen und vertrauen können!

Doch, da ist jemand. Und zwar einer, der es wissen muss: Der Direktor des Instituts für Öffentliche Finanzen der Universität Hannover, Stefan Homburg. Homburg belässt es nicht nur bei frommen Worten, er lässt seinem Aufruf zu mehr Vertrauen echte Taten folgen: Gerade dieser Tage erst habe er einen „namhaften Betrag“ in griechische Staatsanleihen investiert, so Homburg voller Zuversicht. Von der könnten wir ängstlichen Kleingeister uns eine Scheibe abschneiden. Und sein Vertrauen wird belohnt! 25 Prozent Rendite in nur einem Jahr winkten ihm, so der Ökonom.  

Ob er keine Angst habe, dass das Geld weg ist, wenn Griechenland, das ja längst pleite ist, den Staatsbankrott erklärt, wollte der „Spiegel“ von ihm wissen. Nein, „damit schlafe ich wunderbar, weil ich an die grenzenlose Dummheit der Bundesregierung glaube. Sie wird zahlen“.

Die sauertöpfischen „Spiegel“-Kollegen wollten wissen, ob ihn da keine „moralischen Skrupel“ plagten, wenn er indirekt von den Zahlungen deutscher Steuerzahler profitiere. Homburg: „Weil ich die Rettungsmaßnahmen unfreiwillig durch meine Steuern mitfinanziere, ist es doch in Ordnung, wenn ich auch von den Gewinnen einen Teil erhalte. Warum sollen denn ausschließlich Banken und Hedgefonds profitieren?“

So ist das also: Wir müssen den Staat nur genauso abgefeimt austricksen, wie er uns austrickst, und schon können sich Regierung und Volk wieder vertrauensvoll in die verschlagenen Augen blicken. Wie weit wir doch gekommen sind, seitdem wir uns von dem preußischen Ungeist von „gegenseitiger Loyalität zwischen Volk und Führung“ emanzipiert haben. Wer benötigt Loyalität, wenn er Komplize werden kann? Es hat fast schon etwas von der mediterranen Leichtigkeit der Griechen, was wir da gerade lernen. Europa wächst zusammen! Haben wir nicht schon immer gesagt, dass unser europäisches Haus auf „gemeinsamen Werten“ basiert?

Das ist erst der Anfang. Sollte jene „Transferunion“, welche fast alle Politiker anstreben und die Grünen ganz besonders, endlich voll entwickelt sein, dann gibt es jedes Jahr Abermilliarden an Subventionen, die es abzugreifen gilt. Die faschistoide deutsche „Arbeitsmoral“ hat dann endgültig ausgesorgt. In der Transferunion geht es nur noch darum, an den richtigen Stellen zu sitzen, wo die Ströme von Geld durchfließen. Da wird man dann reich, während die Reste der teutonischen Deppenschaft sich die Rücken krumm arbeiten und verblüfft fragen, warum sie dabei immer ärmer werden.


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