20.04.2024

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02.07.11 / Vom Wittern und Klittern

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 26-11 vom 02. Juli 2011

Vom Wittern und Klittern

Die Morgenluft – wer kennt sie nicht,
wo doch seit viel vielen Jahren
man immer wieder von ihr spricht
in klugen Kommentaren.

Sie kommt dort nie allein daher,
und das mag seltsam scheinen:
Es wittert grad sie irgendwer,
wie die Autoren meinen!

Indes ist oft, was einer meint
und glaubt zu unterstreichen,
in Wahrheit anders, als es scheint,
bei Morgenluft desgleichen.

Gewiss, man denkt an Schlafsaalmief,
dann morgens auf die Fenster –
nur leider hängt das Gleichnis schief,
und schuld dran sind Gespenster!

Denn diese Wendung ist entlehnt
aus einer Bühnendichtung
und deutet dort – drum sei’s erwähnt –
in völlig andre Richtung:

„Methinks I scent the morning air“,
wie’s lautet im Theater,
das sagt zum Sohne kummerschwer
der Geist von Hamlets Vater.

Sobald der Morgen nämlich graut,
erfasst den Geist das Grauen –
verschwinden muss die arme Haut,
darf nie ins Helle schauen.

Muss flugs zurück zur dunklen Gruft,
zum Tagesheim des Geistes –
„Mich dünkt, ich wittre Morgenluft“?
Verduften müssen, heißt es!

Gebraucht wird’s aber
grundverkehrt
im Sinn von „Aufwind spüren“ –
weil kaum ein Schreiber
sich drum schert,
woher die Worte rühren.

Zu viele sind nur drauf erpicht,
mit Floskeln was zu klittern,
und allen diesen wünsch’ ich schlicht,
mal Morgenluft zu wittern!

Pannonicus


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