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09.07.11 / Urlaub in »Paradiesruinen« / Jugendherberge im »KdF-Seebad« Prora eröffnet

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 27-11 vom 09. Juli 2011

Urlaub in »Paradiesruinen«
Jugendherberge im »KdF-Seebad« Prora eröffnet

Bunt statt braun“ soll es zukünftig in Prora auf Rügen zugehen. Auf Deutschlands größter Insel betreibt das Deutsche Jugendherbergswerk in der Schmalen Heide an der Prorer Wiek zwischen Sassnitz und Binz in dem Gebäudetorso des ehemaligen „KdF-Seebades“ Prora seit Anfang der Woche eine Herberge mit 402 Betten. Damit kommt wieder Leben in das größte Gebäude in der Bundesrepublik.

Das Mammut-Bauwerk wurde zwischen 1935 und 1939 von der NS-Organisation „Kraft durch Freude“ (KdF) errichtet und sollte nach der Fertigstellung 20000 Urlauber beherbergen. Geplant war die Errichtung von acht jeweils 550 Meter langen, sechsgeschossigen und vollkommen baugleichen Häuserblocks, die sich, miteinander verbunden, über fast fünf Kilometer entlang der Küste erstrecken und jedem Urlauber Meerblick garantieren sollten. Im Rahmen der NS-Sozialpolitik sollte jeder „Volksgenosse“ die Möglichkeit haben, hier günstig in der Gemeinschaft Urlaub zu machen. Der Krieg vereitelte diese Pläne. so dass die Anlage unvollendet blieb. Während des Krieges zog die Luftwaffe in die Gebäude ein, später nutzten sie die Sowjets als Internierungslager, bevor sie zunächst von der Kasernierten Volkspolizei und später von der Nationalen Volksarmee bezogen wurden.

Seit Anfang der 90er-Jahre steht der Komplex überwiegend leer und verfällt zusehends. Über den Umgang mit dem wahlich kolossalen NS-Erbe herrschte lange Uneinigkeit. Die Anlage hat als Zeugnis der deutschen Sozial- und Baugeschichte einen einmaligen Wert. Die Meinungen reichten von der Forderung, „dieses Stück grässlicher Naziarchitektur“ restlos abzureißen bis zur verklärten Bewunderung für dieses „prima Urlaubsheim“. Am Ende siegte die Vernunft, und die Gebäude des „KdF-Seebades“ Prora wurden unter Denkmalschutz gestellt.

Die Nachnutzung der „Paradiesruinen“ genannten Anlage geht indes nur schleppend voran. Zwischenzeitlich befanden sich in einem Gebäudeteil die „Museumsmeile Prora“ mit einem KdF-Museum, einem Museum der NVA, dem Rügen-Museum und diversen Sonderausstellungen sowie ein Boxsportmuseum. Drei der Häuser sind mittlerweile an private Investoren verkauft, für ein viertes läuft derzeit ein Bieterverfahren. Dennoch tut sich in Prora wenig.

Um vor allem den Jugendtourismus auf der Insel zu fördern, aber auch, um ausländische Urlauber nach Rügen zu locken, hat der Landkreis Rügen einen 152 langen Teilabschnitt der Anlage gekauft und für 16,4 Millionen Euro zu einer Jugendherberge herrichten lassen. Im benachbarten Gebäudeteil soll bis 2013 eine Bildungsstätte entstehen, für deren Realisierung derzeit allerdings noch das Geld fehlt. Für die Sommermonate ist die Herberge bereits komplett ausgebucht und auch für das kommende Jahr liegen bereits zahlreiche Reservierungen vor. Es dürfte jedoch nicht allein die Schönheit der Insel sein, die die Menschen nach Prora lockt, sondern auch die Besonderheit des Objekts.

Wie der Teufel das Weihwasser fürchten die lokalen Politiker die These, damit sei die nationalsozialistische Ursprungsidee, billigen Urlaub für ein Massenpublikum zu bieten, endlich umgesetzt worden. Rügens Landrätin Kerstin Kassner von der Linkspartei beeilte sich dann auch gleich, zu versichern, man werde „alles dafür tun, dass kein braunes Gedankengut hier Fuß fassen“ könne.  Jan Heitmann


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