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09.07.11 / Selbst gestellte Klimafalle / Polen blockiert EU-Pläne zur Kohlendioxid-Begrenzung

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 27-11 vom 09. Juli 2011

Selbst gestellte Klimafalle
Polen blockiert EU-Pläne zur Kohlendioxid-Begrenzung

Ausgerechnet bei dem mit Inbrunst verfolgten Prestigeprojekt Klimapolitik droht den EU-Offiziellen in den nächsten Monaten ein hausgemachtes Debakel. Nur eine Woche vor der turnusgemäßen Übernahme der EU-Ratspräsidentschaft sorgte Polen in Brüsseler Kreisen für Verärgerung. Am 21. Juni blockierte der polnische Umweltminister Andrzej Kraszewski mit seinem Veto den Plan der übrigen 26 EU-Länder zu einer noch stärkeren Begrenzung der Kohlendioxid-Emissionen.

Nur einen Tag später wurden Einzelheiten eines Interviews bekannt, das der polnische EU-Haushaltskommissar Janusz Lewandowski dem Wirtschaftsmagazin „Novy Przemysl“ bereits am 21. Mai gegeben hatte. Die Organisation „Greenpeace“ hatte dafür gesorgt, dass Lewandowskis bis dahin nahezu unbeachtetes Interview mit seinen Ansichten über die Klimapolitik bekannt wurde und in Brüssel für Alarmstimmung sorgte. Der Pole hält demnach nicht nur die EU-Ziele zur Kohlendioxid-Emission für überambitioniert, sondern meldete auch generell Zweifel an den Ursachen des Klimawandels an: „Immer mehr und immer öfter gibt es Fragezeichen im Hinblick auf die gesamte Angelegenheit des Klimawandels als solche.“ Insbesondere die Idee, dass die Energiegewinnung durch Kohle eine der Hauptursachen der globalen Erwärmung sei, hält Lewandowski für fragwürdig. Unklar ist, ob er nun tatsächlich Zweifel daran hat, wie wissenschaftlich fundiert die bisherige Klimapolitik der Europäischen Union ist, oder ob es eher die hohe Abhängigkeit der polnischen Energiegewinnung von der Kohle ist. Deren Anteil an der Stromerzeugung beträgt immerhin 90 Prozent.

Nach Bekanntwerden des Interviews versuchte sich die EU-Kommission zunächst in Schadensbegrenzung. Die Äußerungen des EU-Haushaltskommissars wären eine Privatangelegenheit, so ein Sprecher der Kommission. Im EU-Parlament wurde dies offenbar anders gesehen und umgehend mobil gemacht. Kommissionspräsident José Manuel Barroso sah sich mit der Forderung von Jo Leinen (Sozialdemokraten), Chris Davies (Liberale) und Bas Eickhout (Grüne) konfrontiert, gegen Lewandowski weitere Schritte zu unternehmen. Dieser scheint die Brisanz seiner Aussagen, die am Dogma der EU-Klimapolitik rühren, unterdessen erkannt zu haben. In einer Pressemitteilung vom 27. Juni klärte er „einige Missverständnisse, die durch unautorisierte und aus dem Zusammenhang gerissene Zitate“ entstanden seien, und widerrief seine im Interview gemachten Aussagen. Ein Schritt, mit dem er sich wahrscheinlich sein Verbleiben im Amt gerettet hat.

Dass damit Polen insgesamt wieder auf die Linie der EU-Klimapolitik gebracht wurde, ist nicht anzunehmen. Zur Übernahme der EU-Ratspräsidentschaft machte der polnische Außenminister Radoslaw Sikorski in einem Interview mit der „Welt“ deutlich, dass Polen auch zukünftig in der Klimapolitik keine Vorreiterrolle spielen will: „Aber Gott hat uns nun mal die Kohle gegeben. Polen ist ein kaltes, relativ armes Land.“ Damit dürfte von polnischer Seite auch die Marschrichtung vorgegeben sein, wie die Blockadehaltung zukünftig überwunden werden kann, wenn Brüssel seine selbst gesteckten Klimaziele weiterhin verfolgen will: Durch weitere finanzielle Zugeständnisse an Polen (2008: 4,442 Milliarden Euro), den nach Griechenland (2008: 6,280 Milliarden Euro), zweitgrößten Empfänger von EU-Zahlungen.         N.H.


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