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09.07.11 / Schwieriger Auftritt / Ungarns EU-Ratspräsidentschaft war von Vorschusskritik belastet

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 27-11 vom 09. Juli 2011

Schwieriger Auftritt
Ungarns EU-Ratspräsidentschaft war von Vorschusskritik belastet

Zum Ende der ungarischen EU-Ratspräsidentschaft im ersten Halbjahr 2011 zog Ministerpräsident Viktor Orbán verständlicherweise eine positive Bilanz. Ebenso verständlich ist aber auch, dass die linkslastige Medienlandschaft in der EU die Ergebnisse eher bescheiden einstuft – oder überhaupt schweigt. Schließlich hatte man ja mitgemacht bei der nach dem fulminanten Wahlsieg der nunmehrigen Regierungspartei FIDESZ im Frühjahr 2010 losgetretenen feindseligen Kampagne. Zu „Sanktionen“ wie gegen Österreich 2010 – auch damals mitgetragen von einigen Fraktionskollegen in der Europäischen Volkspartei (EVP) – war es zwar nicht gekommen, doch man geht nicht fehl in der Annahme, dass Orbán und seine Anhänger ihre Energie in beträchtlichem Maß auch für „Image-Pflege“ aufwenden mussten. Damit ist es jetzt vorbei, denn am 1. Juli übernahm Polen den Vorsitz im Ministerrat der Europäischen Union.

Als Kernstück der ungarischen Ratspräsidentschaft wird die „Roma-Initiative“ gesehen. Laut Orbán habe man den EU-Partnern klarmachen können, dass die „Roma-Frage“ nur auf EU-Ebene zu lösen sei. Die FIDESZ-Abgeordnete Livia Jaroka, übrigens die einzige Abgeordnete dieser Minderheit im EU-Parlament, nennt die Initiative einen vollen Erfolg. Was an konkreten Maßnahmen aus der beschlossenen Zehnjahres-Strategie resultiert, wird sich aber erst zeigen müssen.

Ungarn, das wie Österreich den EU-Beitritt Kroatiens massiv unterstützt hat, kann auch verbuchen, dass die Beitrittsverhandlungen jetzt praktisch abgeschlossen sind. Außerdem kam es zur Ausarbeitung einer Donau-Strategie, an der die Anrainerstaaten – EU-Mitglieder wie Nicht-Mitglieder – teilgenommen haben, sowie zu einer Initiative zur Schaffung eines integrierten Energiemarktes bis 2014. Orbán beklagt jedoch, dass es nicht zur Aufnahme Rumäniens und Bulgariens in den Schengen-Raum gekommen sei, was – wohl kaum öffentlich eingestanden – auch mit der Roma-Frage zusammenhängt.

Unterdessen geht die Kritik an Orbáns Politik aber weiter, die gerne als Bestreben zur Festigung der eigenen Macht interpretiert wird. So etwa die Nachbesetzungen im Höchstgericht mit fünf FIDESZ-nahen Leuten. Auch das neue Mediengesetz und die in der neuen Verfassung enthaltenen Bezüge auf Gott, Christentum, Ehe und das „Menschenrecht auf Leben, welches mit der Empfängnis beginnt“, bleiben Punkte, an denen sich „fortschrittliche“ Europäer mit Hingabe reiben.

Ungarns Wirtschaftslage ist angespannt, aber nicht katastrophal. Böses Blut bei Gewerkschaftern machen Regierungsmaßnahmen zu deren schrittweiser Entmachtung. Die nötigen Einsparungen in der Staatsverwaltung haben dort zu tausenden Kündigungen geführt. Auch soll ein Teil der 750000 Invalidenrenten auf Berechtigung überprüft werden, weil der Verdacht besteht, dass sie von bestechlichen Gutachtern zuerkannt wurden. Viel verspricht sich Orbán vom jüngsten Staatsbesuch des chinesischen Premierministers Wen Jiabao, der zusagte, sein Land werde massiv in ungarische Staatspapiere investieren und Ungarn zu seinem Logistikknotenpunkt in Mitteleuropa machen. R.G. Kerschhofer


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