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09.07.11 / Ehre in Paris, Vergessen in Königsberg / Wladimir Putin gedenkt russischer Gefallener in Frankreich − Zuständigkeit in Ostpreußen ist ungeklärt

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 27-11 vom 09. Juli 2011

Ehre in Paris, Vergessen in Königsberg
Wladimir Putin gedenkt russischer Gefallener in Frankreich − Zuständigkeit in Ostpreußen ist ungeklärt

Nicht selten kommen bei Erdarbeiten im Königsberger Gebiet menschliche Überreste zum Vorschein. Die Friedhöfe, von denen diese stammen, wurden zerstört und für die Umbettung der gefundenen Gebeine fühlt sich niemand zuständig. Ein Umstand, der nicht nur bei Deutschen Empörung hervorruft.

Russlands Regierungschef Wladimir Putin hat während eines Arbeitsbesuchs vom 20. bis 21. Juni in Paris gemeinsam mit seinem Amtskollegen François Fillon ein Denkmal für 46000 russische Kriegsopfer eingeweiht. Dagegen scheinen die in ostpreußischer Erde begrabenen russischen Soldaten vergessen zu sein.

Ostpreußen war vor 97 Jahren Kriegsschauplatz zwischen Russland und Deutschland. Es gibt zahlreiche Informationen über die Schlachten, aber − so beklagen die Journalisten der Nachrichtenagentur Ria Novosti Alexander Panfilow und Katerina Borsunowa − Informationen über die gefallenen russischen Soldaten seien kaum vorhanden. In den frühen 1920er Jahren seien in Ostpreußen 61200 gefallene Soldaten bestattet worden, davon seien 32540 russische und 27860 deutsche gewesen. Mattischkehmen, Tilsit, Göritten Gawaiten/Herzogsrode, Insterburg und Stallupöenen/Ebenrode seien Orte, in denen es Kriegsgräber gegeben habe, von denen nur wenige wiedergefunden worden seien.

Laut den beiden russischen Journalisten gibt es einen grundlegenden Unterschied zwischen Deutschen und Russen beim Umgang mit den sterblichen Überresten der eigenen und der feindlichen Soldaten. Im Zwischenkriegsostpreußen wurden Soldatenfriedhöfe vorbildlich gepflegt, Architekten und Bauherrn hatten Denkmäler entworfen. Unabhängig von ihrer Nationalität wurde das Andenken aller Soldaten geehrt und bewahrt, und selbst im Dritten Reich wurden auch die Gräber der russischen Soldaten gepflegt. Die Russen dagegen betrachteten den Ersten Weltkrieg als „imperialistisch“ und ignorierten die Gräber der gefallenen deutschen Soldaten. Nach dem Einmarsch der Roten Armee blieb nach 1945 kein Friedhof verschont. Ganz gleich, ob dort Soldaten oder Zivilisten lagen, alle wurden dem Erdboden gleich gemacht. „Die Führung in Moskau vertrieb die Ortsansässigen und zerstörte das deutsche kulturelle und geistige Erbe“, schreiben die Journalisten. Die sowjetische Führung nahm dabei auch keine Rücksicht darauf, dass auf vielen deutschen Soldatenfriedhöfen auch russische, serbische, rumänische, belgische oder französische Gefallene begraben waren.

Als im Mai dieses Jahres vor dem Gebäude der Stadtverwaltung ein alter deutscher Friedhof entdeckt wurde, stoppte die Denkmalschutzbehörde die Bauarbeiten. Die Anordnung wurde jedoch ignoriert, die Knochen und Särge wurden auf Lastkraftwagen abtransportiert. Dies ist leider kein Einzelfall. Laut Gesetz muss vor jedem Bauvorhaben die Architekturbehörde eine Inspektion vornehmen. In Königsberg ansässigen Archäologen sind oftmals die Hände gebunden, weil die Bauaufträge bei Ausschreibungen gerne an St. Petersburger Firmen vergeben werden. Für die Inspektion sind dann die Behörden des Leningrader Gebiets zuständig. Doch die agieren nicht.

Die Vernachlässigung von Soldatengräbern ist ein Verstoß gegen das 1993 erlassene Gesetz „Über Verewigung des Gedenkens gefallener Vaterlandsverteidiger“. Laut Gesetz ist dies eine „heilige Pflicht aller Bürger“. Der Einhaltung dieser Vorschrift stehen zum einen Zuständigkeitsstreitigkeiten und zum anderen wirtschaftliche Interessen entgegen. Ehemalige Friedhöfe werden mit Einkaufszentren oder Wohnhäusern überbaut. Was mit den Knochenfunden geschieht, weiß offiziell niemand. Die Verantwortung für die Pflege von Soldatenfriedhöfen liegt zwar bei den regionalen oder örtlichen Behörden, weil aber die Grundstücke Staatseigentum sind, sehen die untergeordneten Behörden Mos­kau in der Pflicht. Die von dort gewährten Gelder reichen nur für die Pflege der Hälfte aller Soldatenfriedhöfe im Gebiet.

Um das Auffinden und den Erhalt der Gräber kümmern sich andere, wie der Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge, die russischen Organisationen „Pamjat“ und „Soldatengrabmal“. In Litauen gibt es staatliche Register über Soldatenfriedhöfe, und Polen arbeitet an einer Touristenroute über die einstigen Schlachtfelder des Ersten Weltkrieges. Russland bildet eine Ausnahme. Nur wenige große Soldatenfriedhöfe sind so ausgestattet, wie es Gesetz und Anstand gebieten.  Manuela Rosenthal-Kappi


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