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16.07.11 / Attacke gegen Privatschulen / Potsdam streicht Zuschüsse dramatisch – Betreiber wittern ideologische Absichten

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 28-11 vom 16. Juli 2011

Attacke gegen Privatschulen
Potsdam streicht Zuschüsse dramatisch – Betreiber wittern ideologische Absichten

Den von Landeszuschüssen abhängigen privaten Schulen Brandenburgs droht das Aus. Die mit der Linkspartei regierende SPD plant nach eigenen Angaben Kürzungen um 17 Millionen Euro für drei Jahre ab 2012. Angesichts des Erfolgs privater Schulen und der mangelnden Akzeptanz für rot-rote Schulpläne in Berlin wie Brandenburg erhöhen Potsdam und Berlin den Druck auf Schulen in privater Trägerschaft.

„Sehr merkwürdige Signale aus der Politik“ vernahm der Schulleiter Torsten Ruschewski schon im April für seine in freier Trägerschaft befindliche, 180 Schüler starke Mosaik-Grundschule in Hohen Neuendorf. Brandenburgs rot-rote Landesregierung kündigte an, bisherige Zuschüsse zu den Personalkosten freier Schulen zu senken. Für Hohen Neuendorf bedeutet dies das Aus dortiger Pläne einer neuen weiterführenden Oberschule in privater Hand. Die Hoffbauer-Gesellschaft, bisher größter freier Träger, will in Brandenburg keine Schulen mehr gründen.

Kurz vor den Ferien verschärft die Landesregierung damit erneut den Druck auf private Lehranstalten: Grundschulen sollen ab 2012 über drei Jahre insgesamt 20 Prozent weniger Zuschuss erhalten. An Oberschulen sollen die Kürzungen nach Befürchtungen der Betroffenen sogar bis zu 30 Prozent ausmachen. Zeitpunkt und Höhe der Streichungen lassen den Schulen kaum Handlungsspielraum. Die Kürzung übersteigt weit, was die schwarz-rote Koalition den Privaten einst zumutete. Diese müssen umgehend das Schulgeld deutlich erhöhen, mehr Schüler aufnehmen oder schließen. Erst vor Tagen kündigte Brandenburg an, das Schulabkommen mit Berlin neu verhandeln zu wollen. Die Zahl der Brandenburger Schüler auf Berlins Schulen habe stark abgenommen, daher prüfe man die „Berechtigungsgrundlage“ der dafür bisher an Berlin gezahlten zehn Millionen Euro im Jahr, so das Potsdamer Bildungsministerium. Umgekehrt besuchen immer mehr Berliner Schüler Brandenburg, allerdings Privatschulen. Der Trend könnte sich noch verschärfen, denn auch Berlin kündigt an, die Fördermittel für Private 2012 um 7,3 Millionen Euro und 2013 um zehn Millionen Euro einzudampfen.

Die Mark ringt seit Jahren mit Schließungen öffentlicher Schulen. Die Versorgung auf dem Land ist ausgedünnt und wird oft nur mit langen Schulwegen aufrechterhalten. Viele Schüler haben keine Wahl der Schulform mehr. Alternative, oft kleine und private Schulen wirken dem entgegen. Sie durchkreuzen mit kleinen Klassen und an Elternwünschen orientierten Lehrplänen mit Abitur in 13 Jahren und Erhalt des Klassenverbandes sowohl die Strukturpläne als auch die Schulvorstellungen von Rot-Rot. Billiger sind sie obendrein und tragen zu besseren Ergebnissen bei Pisa-Tests bei, sagen jedenfalls deren Träger.

Vor allem um ihre eigene Schulpolitik durchzuboxen, setzt die Landesregierung daher den Rotstift an. Schon im Februar hatte Brandenburgs SPD die Genossen in der Regierung aufgefordert, die Zahl der Privatschulen zu begrenzen und Mittel zu kürzen. Rot-Rot solle dazu bis Jahresende Vorkehrungen treffen, so die Partei. Ziel sei es, öffentliche Schulen zu stärken. Davon allerdings ist das Land weit entfernt. Zwischen 2006 und 2010 ist die Schülerzahl an allgemeinbildenden Privatschulen um ein Viertel auf 25894 geklettert. In Jahr 2006 waren es noch 20608. Es gibt derzeit 127 Privatschulen, 2008 waren es noch 104. Im jugendlich geprägten Potsdam erreicht die private Schülerquote bereits 20 Prozent. Zuletzt kamen pro Jahr landesweit 20 Anträge für Schulgründungen dazu. Außerdem planten viele Private einen nachfragebedingten Ausbau, und das bei insgesamt sinkenden Schülerzahlen.

Diesen Plan müssen sie aufgrund der Mittelkürzungen aufgeben. Brandenburg zahlte den Privaten bisher 94 Prozent der Kosten einer staatlichen Lehrkraft an einer vergleichbaren Einrichtung, Berlin 93. Die Betriebskosten müssen die Privaten selbst tragen, außerdem je nach Schulart mehrere Jahre nach Öffnung ohne Förderung auskommen.

Henning Schluß, Leiter des evangelischen Schulvereins in Oranienburg, vermutet: „Rot-Rot setzt auf Rückverstaatlichung des Bildungswesens und legt es darauf an, das vom Grundgesetz verbürgte Recht auf Gründung von Schulen in freier Trägerschaft systematisch auszuhöhlen, indem freie Schulen unbezahlbar werden.“ Mit einer Volksinitiative wollen Eltern wie Träger sich wehren. Gelingt der Initiative die Sammlung von 20000 Unterschriften, muss der Landtag sich mit deren Forderungen befassen. Die sehen die finanzielle Gleichstellung privater Schulen mit staatlichen und mehr Entscheidungsfreiheit auch für staatliche Schulen vor.

Tatsächlich spricht viel für ein speziell rot-rotes Problem mit nichtstaatlicher Schulbildung, denn auch im rot-roten Berlin steigt die Nachfrage nach Alternativen zu dortigen Bildungsvorstellungen des Landes. Vor zehn Jahren gab es dort noch 16600 Schüler solcher Schulen, inzwischen 28000.

Bundesauszeichnungen für Private wie die Waldhofschule in Templin zählen in der Potsdamer Koalition wenig. Aus Berlins verpatzter Einführung der Sekundarschule hat Potsdam zudem nicht gelernt: Dies verursachte einen Ansturm auf Gymnasien und Brandenburger Privatschulen. Zum Trost für Rot-Rot in Brandenburg dürfen die Berliner Eltern dieser Schulflüchtlinge nicht bei der Volksinitiative mitmachen, weil sie, obschon betroffen, ja Bürger eines anderen Bundeslandes sind. SV


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