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16.07.11 / Trotz ihrer Angst

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 28-11 vom 16. Juli 2011

Trotz ihrer Angst
von Christian Rudolf

Seit fünf Wochen in Folge gehen in Weißrussland Menschen gegen das Lukaschenko-Regime und für mehr politische Freiheit auf die Straße. Regelmäßig Mittwoch für Mittwoch. Nicht mehr nur in der Hauptstadt Minsk, sondern auch in 20 weiteren Städten. Und wenn es nur einige Hundert auf einmal sind –sie sind da. Im demonstrationsverwöhnten Berlin schaut bei einer der gefühlt zehn Demonstrationen täglich gegen dieses oder jenes kaum einer mehr auf. Aber im diktatorisch regierten Minsk gehen Bürger, die sich ohne Genehmigung unter freiem Himmel versammeln, ein echtes Risiko ein – Studienplatz, Arbeitsstelle und körperliche Unversehrtheit stehen auf dem Spiel. Doch auch brutale Polizeigewalt und Massenverhaftungen – 1700 Menschen hat das Regime bisher wegsperren lassen – haben den Zulauf der Unzufriedenen nicht stoppen können.

Die aktuelle Protestwelle hat keinen Spiritus rector, der sie leitet. Wie auch – die Führer der Opposition sitzen entweder im Gefängnis oder sind emigriert. Die Leute führen keine Fahnen und Transparente mit sich, ihre politischen Vorstellungen sind noch diffus und sie eint kein Programm. Es wäre sicherlich verfrüht, in den Protesten schon Anzeichen für eine Revolution zu sehen, die den Diktator Lukaschenko aus dem Amt fegen könnte. Doch deren Regelmäßigkeit ist neu und die Unruhe im Volk spürbar. Auch in der DDR 1989 hat alles mit der miesen Versorgungslage begonnen und damit, dass die Menschen trotz ihrer Angst und der Übermacht des Unterdrückungsapparates immer wieder auf die Straße gegangen sind.


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