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16.07.11 / Heimatbund eine politische Abwehrorganisation? / Dissertation bezeichnet Landesbewusstsein in Schleswig-Holstein als gegen die Dänen gerichtete Verschwörung

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 28-11 vom 16. Juli 2011

Heimatbund eine politische Abwehrorganisation?
Dissertation bezeichnet Landesbewusstsein in Schleswig-Holstein als gegen die Dänen gerichtete Verschwörung

Ist es zu missbilligen, dass es in dem historisch gewachsenen Schleswig-Holstein ein spezifisches Landesbewusstsein gibt? Der frisch gebackene Doktor und Studienleiter an der SPD-nahen Gustav-Heinemann-Bildungsstätte Malente Knud Andresen sowie sein profiliert linker Doktorvater Karl Heinrich Pohl jedenfalls vertreten diese Meinung in der jetzt als voluminöses Buch vorliegenden Dissertation ,über die Geschichtspolitik des Schleswig-Holsteinischen Heimatbundes (SHHB) von 1947 bis 2005. Das Landesbewusstsein, basierend auf einer bestimmten Geschichtspolitik, sei, so die Behauptung, durch den SHHB in Gemeinschaft mit der lange Zeit die Landesregierung tragenden CDU den Schleswig-Holsteinern übergestülpt worden als Ersatz für die nationalsozialistische „Volksgemeinschaft“, und das mit dem Zweck, sie als Einheitsfront gegen das Nachbarland Dänemark zu formieren.

Tatsächlich hat es nach der deutschen Niederlage 1945 einige Jahre lang heftige Auseinandersetzungen zwischen starken dänischen Kräften, die den Traum dänischer Nationalisten aus dem 19. Jahrhundert verwirklichen wollten, die Grenze ihres Landes nach Süden an die Eider – etwa dort, wo jetzt der Nord-Ostsee-Kanal verläuft – zu verschieben, und den sich in der Defensive befindenden deutschen Schleswig-Holsteinern gegeben (siehe PAZ 31/2010). Die Begründung der dänischen Grenzrevisionisten: Sie wollten „urdänisches Land“ zurückgewinnen mit der darauf lebenden Bevölkerung, in deren Adern „dänisches Blut“ fließe. Dass sich die deutschen Schleswig-Holsteiner im 19. Jahrhundert fast drei Jahre lang in einer blutig verlaufenen Erhebung gegen dänische Fremdherrschaft gewehrt hatten und dass 1920 in einer Volksabstimmung zwar die Bevölkerung eines schmalen nördlichen Teils des Landes (Nordschleswig) mehrheitlich dänisch stimmte, dass aber das Hauptziel der Expansion, die Stadt Flensburg, verfehlt wurde, da sich die Flensburger zu 75 Prozent zu Deutschland bekannten, wurde ignoriert.

Als eine der deutschen Abwehr-organisationen wurde 1947 der SHHB als Rechtsnachfolger des „Schleswig-Holsteinischen Lan­desvereins für Heimatschutz“ aus dem Jahre 1908 wieder gegründet. Ihm schlossen sich im Laufe der Zeit nahezu alle regionalen Heimatvereine an, so dass er schließlich mit fast 55000 Mitgliedern eine starke Position einnahm. Die deutsch-dänischen Verhältnisse entspannten sich. Hatte der SHHB unter dem Druck der Verhältnisse in den ersten Jahren fast ausschließlich seine Aktivitäten zur Abwehr der dänischen Bestrebungen gerichtet, so schrumpfte dieser Aufgabenbereich nach und nach, bis er nur noch ein kleines Segment neben den klassischen Gebieten der Heimatarbeit wie Landschafts- und Naturschutz, Pflege der plattdeutschen und friesischen Sprache, Denkmalschutz, Regionalgeschichte, Trachtenwesen und Ähnliches ausmachte. Dabei arbeitete er eng mit den Landsmannschaften der vertriebenen Deutschen, vor allem der Ostpreußen und Pommern, zusammen.

Knud Andresen aber erweckt den Eindruck, als ob der SHHB bis 2005 kaum etwas anderes im Sinne hatte, als die geschrumpfte dänische Minderheit zu bekämpfen, um so den Schleswig-Holsteinern ein gegen die Dänen gerichtetes Landesbewusstsein einzuimpfen. Da sich die Interessen getroffen hätten, sei es zwischen dem SHHB und der CDU zu einer Art Verschwörung gekommen, weil beide, und das entgegen dem Zeitgeist, die Schleswig-Holsteiner zu einer Gemeinschaft unter konservativem Vorzeichen integrieren wollten. Vor allem hat es dem Autor der Staatssekretär a.D. Werner Schmidt angetan, der wohl profilierteste Vorsitzende des SHHB (von 1974 bis 1984), sowie die schleswig-holsteinischen Ministerpräsidenten Gerhard Stoltenberg und Uwe Barschel. Sie alle seien in der Wolle gefärbte Konservative gewesen, die sich verbündet hätten mit dem Ziel, aus der CDU die Landespartei zu machen.

Bei diesen Rundumschlägen bekommt auch der Autor dieser Zeilen, der von 1980 bis 1993 als Landesgeschäftsführer des SHHB in Übereinstimmung mit Werner Schmidt dem Verband diente und nichts von der „Verschwörung“ mitbekam, sein Fett weg, so dass sich die jetzige Vorsitzende des SHHB in der linken Zeitung „taz“ von ihm distanzierte.

Mit dem Tod von Werner Schmidt und Uwe Barschel sowie mit der, wie Andresen sich ausdrückte, „Verrentung“ des SHHB-Geschäftsführers habe die konservative „Verschwörung“ ihr Ende gefunden. Heute sei der Heimatbund ein „moderner“ Verein, der keinerlei politischen Anspruch erhebt.

Dass die Friedrich-Ebert-Stiftung das Entstehen dieses Buches jahrelang mit erheblichen Mitteln finanzierte, ist verständlich, nicht aber, dass die von dem CDU-Ministerpräsidenten Peter Harry Carstensen geführte Landesregierung dem jetzigen Heimatbund bedeutende Mittel zur Mitfinanzierung des Buches zur Verfügung stellte.

Hans-Joachim von Leesen

Knud Andresen: „Schleswig-Holsteins Identitäten – Die Geschichtspolitik des Schleswig-Holsteinischen Heimatbundes 1947 bis 2005“, Wachholtz Verlag, Neumünster 2011, broschiert, 390 Seiten, 32 Euro


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