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23.07.11 / Globale Kontrollmacht / US-Ratingagenturen erweiterten ständig ihr Wirkungsfeld

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 29-11 vom 23. Juli 2011

Globale Kontrollmacht
US-Ratingagenturen erweiterten ständig ihr Wirkungsfeld

Die Entstehung der Rating-Agenturen in den USA ist eng mit dem Ausbau des Eisenbahnnetzes am Ende des 19. Jahrhunderts verbunden. Als die Eisenbahngesellschaften zunehmend zur Finanzierung neuer Strecken statt auf Bankkredite auf die Ausgabe von Anleihen zurück­griffen, war für Privatanleger eine Kenntnis über die Bonität der Kapital einsammelnden Eisenbahngesellschaften bares Geld wert. Eine Marktlücke, die der Finanzanalyst John Moody erkannte und zum Geschäft machte. Anhand der von ihm gesammelten Informationen bewertete er die Kreditwürdigkeit der Bahngesellschaften. Seinem Beispiel folgten „Standard Statistics“ und später „Fitch“.

Bereits in den 30er-Jahren konnten die Rating-Agenturen ihr Wirkungsfeld ausbauen. Ihr Urteil wurde zunehmend von der nationalen Bankenaufsicht herangezogen, wenn es darum ging, das Ausfallrisiko von Papieren zu bewerten, die Banken als Mindestreserven halten mussten. Dem folgte bald auch die Bewertung der Reserven von Versicherungsgesellschaften und Pensionsfonds im Auftrag staatlicher Aufsichtsbehörden. Noch mehr gestärkt wurde die Stellung der Agenturen im Jahr 1975, als die US-Börsenaufsicht SEC Herausgebern von Wertpapieren die Auflage machte, eine Bewertung für ihre Papiere vornehmen zu lassen, bevor diese an Investoren verkauft werden. Die Zulassung zu diesem Bewertungsverfahren durch Aufnahme in die „Nationally Recognized Statistical Rating Organization“ haben nur wenige Agenturen erhalten. Von den zehn zugelassenen Unternehmen entfällt der Großteil der „Rating-Aufträge“ mittlerweile auf Moody’s, Standard & Poor’s und Fitch. Den Durchbruch zu nahezu globaler Kontrollmacht verdanken die drei US-Rating-Riesen dem „Basel II-Abkommen”, das seit 2004 schrittweise umgesetzt wird. Mit der Unterschrift unter diesem Abkommen unterwarfen sich die europäischen Länder quasi der Kontrollmacht der US-Ratingagenturen bei der Bewertung von Kreditrisiken im Bankensektor. Die USA, federführend bei Aushandlung des Abkommens, haben dessen Umsetzung bis zum heutigen Tage immer wieder verschoben.

Mittlerweile mehren sich aber die Anzeichen dafür, dass die Macht der drei US-Gesellschaften auf dem Zenit angekommen ist. Vor allem ihr Versagen während der sogenannten „Sub-Prime“-Krise auf dem Immobilienmarkt rückte sie auch in den USA ins Blickfeld der Öffentlichkeit. Bei Untersuchungen des US-Senats mussten ehemalige leitende Angestellte von Standards & Poors und Moody’s unter Eid Einblicke in die Arbeitsweisen der Agenturen geben. Deutlich wurde der Versuch von Einflussnahme von großen Investment-Banken, die als zahlende Kunden der Agenturen Druck auf die Analysten ausgeübt hatten.

Auch außerhalb der USA wachsen die Herausforderungen. Während in Europa unabhängige Ratingagenturen überwiegend auf dem Gebiet der Kredit- und Unternehmensbewertung tätig sind, fordert China mit seiner „Dagong Global Credit Rating“ die US-Agenturen bereits bei der Bewertung von Staatsanleihen heraus.           N.H.


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