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23.07.11 / Sinnlose Doppelstruktur / Bundesfreiwilligendienst wird zunehmend zur Farce

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 29-11 vom 23. Juli 2011

Sinnlose Doppelstruktur
Bundesfreiwilligendienst wird zunehmend zur Farce

Immer wieder hören die Mitarbeiter des am 1. Juli dieses Jahres eingeführten Bundesfreiwilligendienstes (BFD) diese Frage: „Warum verschenkst du ein Jahr deines Lebens?“ Eine Frage, die wohl die Vorbehalte vieler Bürger gegen den neuen Dienst auf den Punkt bringt. Als Ersatz für die faktische Abschaffung von Wehrpflicht und Zivildienst gedacht, entpuppt sich der „Bufdi“ inzwischen zusehends als Farce.

Aufsehen erregten nun Recherchen der „Bild“-Zeitung, die das offensichtlich extrem niedrige Interesse an dem Dienst auch mit Zahlen belegen. Danach hatte der Malteser-Hilfsdienst bislang etwa 1000 Zivildienstleistende und suchte für die Zeit nach dem 1. Juli 900 Freiwillige. Tatsächlich wurden jedoch bislang nur kümmerliche 98 Verträge unterzeichnet, lediglich 13 Personen haben am 1. Juli ihre Arbeit aufgenommen. Auch beim Arbeiter-Samariter-Bund sieht es nach dem Bericht düster aus: Nachdem man bislang 1700 Zivildienstleistende beschäftigte, kamen nun lediglich 50 Verträge zustande, nur drei „Bufdis“ traten bereits den Dienst an. Und auch bei der Caritas sind von 3300 Plätzen erst 300 vergeben.

Für Kritiker war das Desaster schon beim Beschluss des Dienstes durch den Bundestag im März absehbar. „Völlig unausgegoren“ lautete etwa der Kommentar der rheinland-pfälzischen Sozialministerin Malu Dreyer (SPD). Denn durch die Einführung parallel zu dem nach wie vor existierenden „Freiwilligen Sozialen Jahr“ (FSJ) und dem „Freiwilligen Ökologischen Jahr“ (FÖJ) entstehe eine „sinnlose Doppelstruktur“, so die Ministerin. Schließlich hätten das FSJ und der BFD „im Grunde das gleiche Ziel“, nämlich junge Menschen für eine zeitlich befristete Tätigkeit im sozialen Bereich zu gewinnen.

Die Regierung blieb indessen bei ihrem Standpunkt, die verantwortliche Bundesfamilienministerin Kristina Schröder (CDU) rief eine „neue Kultur der Freiwilligkeit“ aus. Als Ziel für das kommende Jahr nannte sie die Zahl von 35000 Freiwilligen. Doch schon vor dem 1. Juli zeichnete sich ein Flop ab. Die Regierung beschwichtigte. Es gingen „laufend Anträge ein“, erklärte Hermann Kues (CDU), parlamentarischer Staatssekretär im Familienministerium. Man müsse nun mobilisieren und deutlich machen, dass es eine „Riesenchance“ sei, im sozialen Bereich tätig zu sein. Zum Zwecke dieser Mobilisierung appelliert die Internetseite des Dienstes mit dem Ausspruch „Nichts erfüllt mehr, als gebraucht zu werden“. Viele junge Leute dürfte allerdings umtreiben, dass durch das Gebrauchtwerden allein noch nicht ihre Taschen gefüllt werden. Maximal 330 Euro monatliches Taschengeld können „Bufdis“ erhalten, dazu kommt ein Anspruch auf Übernahme der Sozialversicherung und auf Kindergeld. Dies bekommen sie allerdings genauso beim „Freiwilligen Sozialen Jahr“ geboten. Unterschiede bestehen hauptsächlich in manchen Einsatzorten und darin, dass es beim BFD für die Mitarbeiter keine Altersgrenze nach oben hin gibt. Claudia Kaminski, Sprecherin des MHD, zeigte sich im Gespräch mit „Bild“ denn auch ernüchtert. Man kämpfe mit dem Wegfall der Zivis, die Schließung der Lücken sei „ein riesiger Aufwand für unsere Dienststellen“, so Kaminski.

Da hilft auch kein Schönreden mehr. Die als Erfolg behandelte Zahl von 17300 Freiwilligen hat indessen einen gravierenden Haken: Rund 14300 davon sind Zivildienstleistende, die ihren Dienst nur freiwillig verlängerten.  Lion Edler


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