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23.07.11 / Machtlos gegen illegale Waffen / Der Westbalkan bleibt weiter »hochgerüstet«

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 29-11 vom 23. Juli 2011

Machtlos gegen illegale Waffen
Der Westbalkan bleibt weiter »hochgerüstet«

In Makedonien endete gerade eine einjährige Frist, während derer die Menschen „illegale“ Waffen, also nicht registrierte, straffrei abgeben konnten. Ganze 26 Bürger nutzten diese „Amnestie“ – in einem Land, wo die Behörden mindestens 170000 illegale Waffen vermuten, eventuell auch dreifach mehr. Hinzu kommen laut Haager Kriegsverbrecher-Tribunal 90000 Waffen, zu einem Drittel Maschinenpistolen, die die „Befreiungsarmee des Kosovo“ (UCK) bei zahlreichen Überfällen auf westmakedonische Orte zurückließ. Jüngste Berichte vom gesamten Westbalkan besagen, dass 15 Jahre nach Ende des jugoslawischen Bürgerkrieges die Zahl der Waffen gestiegen ist. Laut dem serbischen Sicherheitsexeperten Zoran Dragisic war Serbien 2007 hinsichtlich der Zahl der Waffenträger auf dem weltweit sechsten Platz und hat seither noch zugelegt: Anfang 2011 waren 1,2 Millionen Waffen registriert, aber sechs Millionen wurden illegal geführt. In Kroatien zählte man 2001 370000 legale und 630000 illegale Waffen — bis Mai 2011 blieb die Zahl der legalen gleich, die illegalen stiegen auf 968000. In Bosnien fanden sich 2009 in jedem vierten Haus illegale Waffen – mit seither steigender Tendenz, wie die Zunahme von Morden, Selbstmorden und Verbrechen unter Waffenanwendung um 28 bis 46 Prozent zeigt. Laut UN-Schätzungen gab es im Kosovo 2003 40000 illegale Waffen – Ende Juni 2011 meldete die internationale „Kosovo-Force“ (KFOR), dass in der Region 500000 Gewehre und Maschinenpistolen, 500000 Pistolen, hunderttausende Handgranaten und Tonnen von Sprengstoff in illegalem Besitz seien.

SALW (Small Arms Light Weapons) nennt man die Klein- und Leichtwaffen, die auf dem Westbalkan seit 20 Jahren verheerende Wirkung zeigen. Die Gründe der allgemeinen „Bewaffnung“ sind bekannt: Bosnien wird immer mehr zum „Depot“ von Al Kaida und des wahabitisch-islamischen Terrorismus, das Kosovo ist die Drehscheibe des internationalen Waffen-, Drogen- und Menschenhandels, die Arsenale der Kriegsjahre wurden von Slowenien bis Makedonien zu Dumpingpreisen geräumt. Generell gilt, was der kroatische Psychiater Edvard Klajn bereits vor zehn Jahren befand und was seither Untersuchungen der Vereinten Nationen und anderer bestätigt haben: Die seelische Verrohung aus dem Krieg und das wechselseitige Angstsyndrom stehen hinter der Zunahme häuslicher Gewalt und Waffenanwendung.

Davor fürchtet sich die Politik und möchte die Waffen möglichst rasch und vollständig beseitigen. Geschickt machen es die Kroaten seit 2007 mit ihrer Aktion „Weniger Waffen, weniger Tragödien“, auch wenn der Waffenfundus noch erschreckend umfangreich bleibt. Bis zum Januar 2011 registrierte das kroatische Innenministerium rund 2000 abgegebene Maschinenwaffen, 50000 Minen, 2000 Kilogramm Sprengstoff, 3500 Pistolen und Gewehre und zwei Millionen Stück Munition, das Verteidigungsministerium zählt zehntausende SALW-Stücke, die jährlich professionell vernichtet werden. Generell gibt Zagreb dem Westbalkan beherzigenswerte Lehren: Waffen beseitigt man nicht mittels Strafandrohungen oder eiliger Sammelaktionen, sondern nur mit Aufklärung und unbegrenzten Abgabechancen, wie es das neue Waffengesetz von 2007 praktiziert. Jede Waffe weniger ist ein Gewinn, denn laut Anton Tschechow muss die Waffe, die im ersten Akt an der Wand hängt, spätestens im dritten auch losgehen.      Wolf Oschlies


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