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23.07.11 / Deutsche Finanzpolitik:Innen sparen,außen prassen

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 29-11 vom 23. Juli 2011

Gastbeitrag:
Deutsche Finanzpolitik:Innen sparen,außen prassen
von Eberhard Hamer

Die Koalition hatte vor der Wahl nicht nur Steuersenkungen, sondern auch eine Steuervereinfachung versprochen. Von beidem will der Bundesfinanzminister jedenfalls kurzfristig nichts mehr wissen.

Überhaupt hat sich die CDU (nicht die CSU) in der Frage der Steuersenkung in die Büsche geschlagen, weil sie gemerkt hat, dass die Hauptnettosteuerzahler des Mittelstandes innerhalb der Bevölkerungsgruppen und der Wähler in der Minderheit stehen, die die CDU längst der FDP politisch überlassen hat.

Nach einer neueren Untersuchung des Mittelstandsinstituts Niedersachsen lebt nämlich nur ein Drittel unserer Bevölkerung von seiner Marktleistung, dagegen zwei Drittel der Bevölkerung von den Steuern und Sozialabgaben dieses ersten Drittels in Form von öffentlichen Gehältern, Gehältern der Sozialinstitutionen oder Sozial-Transferleistungen. Die CDU hat sich also längst auf die Seite der Mehrheit der Transfereinkommensbezieher geschlagen. Diese aber sind nicht an Sparen oder Steuersenkungen interessiert, weil dies ja ihre eigenen Bezüge aus den Steuereinnahmen reduzieren würde. Die Mehrheit der Bevölkerung ist längst an höheren Steuern und höheren Sozialabgaben für Mehrausgaben interessiert, weil sie nur dann auch höhere öffentliche Einkommen, höhere Sozialgehälter und höhere Sozialbezüge erwarten kann. Entsprechend dünn ist deshalb auch die politische Resonanz von Steuersenkungsversprechen. Und wenn einmal Steuern reduziert wurden, hat das Finanzministerium diese flugs wieder an anderen Stellen eingesammelt.

Vom Durchschnittsbruttoverdienst eines Normalverdieners bleibt inzwischen dem Leistungsträger selbst netto nur etwa ein Drittel übrig. Ein anderes Drittel wird als Steuer- und Sozialabgaben für die vom Staat damit beglückte Mehrheit der direkten und indirekten Transfereinkommensbezieher ab- beziehungsweise weitergegeben.

Die ständigen Sparappelle jeder Regierung richten sich also eigentlich an die Begehrlichkeit der Transfereinkommensbezieher, deren Kosten schon lange nicht mehr aus laufenden Steuer- und Sozialeinnahmen bestritten werden können, sondern nur mit Hilfe ständig steigender Schuldenaufnahme. Um diese Schulden begrenzen und noch bedienen zu können, sind Sparappelle notwendig und üblich – wenn auch wenig erfolgreich und nicht einmal ernst gemeint, wie die steigenden Staatsausgaben, Sozialhaushalte und ständig zunehmende Verschuldung zeigen.

Der gleiche Finanzminister, der echtes Sparen im Inland aufschiebt und sich massiv gegen Steuersenkungen im Inland sträubt, ist aber bei Zahlungen ans Ausland höchst spendabel. Wolfgang Schäuble war der Erste, der nicht nur internationale Banken und deren illiquide Schuldnerstaaten wie beispielsweise Griechenland mit einem „Schutzschirm“ auf Kosten Deutschlands retten wollte, der dabei eine Sofortzahlung von acht Milliarden Euro für Griechenland beziehungsweise deren Banken ebenso befürwortete wie eine Haftungsübernahme Deutschlands von sogar 750 Milliarden Euro Schutzschirm, sondern der sogar als Erster eine Transferunion ins Gespräch gebracht hat, nämlich eine Gesamthaftung und Dauerzahlung Deutschlands für alle unsoliden und illiquiden Eurostaaten. Damit sollen die bisher schon laufenden Tribute Deutschlands an die EU verdoppelt oder verdreifacht werden, soll also der deutsche Wohlstand in steigendem Maße an die unsoliden EU-Länder abfließen.

Schäubles Idee wurde natürlich in Brüssel begierig aufgegriffen. Nicht nur die Politkommissare sahen darin einen willkommenen Machtzuwachs für sich, sondern auch die Mehrheit der überschuldeten und in Zahlungsschwierigkeiten steckenden Euro-Länder forderte entgegen dem Lissabon-Vertrag und entgegen dem Grundgesetz die angebliche „europäische Solidarität“, sprich: Ausplünderung Deutschlands zugunsten der anderen europäischen Schuldenländer.

Wir stehen also bei der deutschen Finanzpolitik vor einem Januskopf. Im Inland soll gespart werden, dürfen Steuern nicht gesenkt werden, soll der Staat mehr einnehmen. Diese Mehreinnahmen zu Lasten des Mittelstandes sollen aber nicht den inländischen Transfereinkommensbeziehern zugutekommen, sondern überschuldeten EU-Mitgliedsländern, deren Bürgern und deren unsoliden internationalen Gläubigerbanken. Mit dem Vorschlag der Transferunion ist Schäuble seiner Kanzlerin Merkel in den Rücken gefallen, die sich verzweifelt gewehrt hat, diese Büchse der Pandora zu öffnen. Damit haben Schäuble, Merkel und Köhler Verfassungsbruch und Staatsstreich begangen und eine nahezu unbegrenzte Haftungs- und Tributpflicht Deutschlands für die Schulden anderer Länder übernommen.

Wenn der Bevölkerung und den Wählern erst klar wird, dass der Knauserigkeit unserer Finanzpolitik im Inland eine unlimitierte Zahlungsüppigkeit für das Ausland gegenübersteht und diese Regierung uns und unsere Kinder mit den Schulden unsolider internationaler Banken und europäischer Mitgliedsstaaten belastet, dass dadurch Wohlstandsabfluss aus Deutschland ins Ausland zu einer Verarmung in Deutschland führen wird, dürfte nicht mehr die FDP wegen ihrer Steuersenkungsbestrebungen, sondern müssten alle anderen der Transferunion zustimmenden Parteien die Wählerwut spüren. Noch nie hat eine Regierung in so kurzer Zeit den deutschen Wohlstand und unsere Zukunft so hemmungslos verspielt wie diese! Und uns bleibt nur noch die einzige Hoffnung, dass das Bundesverfassungsgericht die Transferunion stoppt. Das ist aber bei der politischen Liebedienerei dieses höchsten deutschen Gerichts entgegen allen Rechtsgrundsätzen wohl nicht zu erwarten.

 

Prof. Dr. Eberhard Hamer ist Professor für Wirtschafts- und Finanzpolitik und gilt als Begründer der Mittelstandsökonomie. Er ist Gründer und Leiter des privat geführten Mittelstandsinstituts Niedersachsen in Hannover.


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