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23.07.11 / Einzigartige Unikate / Auf allerhöchsten Befehl Seiner Majestät – Cadiner Baukeramik

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 29-11 vom 23. Juli 2011

Einzigartige Unikate
Auf allerhöchsten Befehl Seiner Majestät – Cadiner Baukeramik

Farbige Hausfassaden mit glasierten Ziersteinen schätzten schon die Lüneburger Bauherren vor über 600 Jahren. Der mit bunt glasierten Elementen durch den Künstler Friedensreich Hundertwasser umgestaltete Uelzener Bahnhof ist auch heute noch eine besondere Attraktion in Norddeutschland.

Ende des 19. Jahrhunderts waren bunte, gestaltete Fassaden und Innenräume für Prachtbauten im öffentlichen Bereich oder im Villenbau sehr in Mode. Kein geringerer als Kaiser Wilhelm II. ließ gerade für solche Bauvorhaben in seiner ihm gehörenden Kunstkeramikmanufaktur Teile für solche Architekturen herstellen. Im Jahr 1902 hatte er auf seinem Gut Cadinen bei Elbing in Westpreußen aus einer besonderen Liebhaberei heraus eine Kunstkeramikwerkstatt gründen lassen. Dem Zeitgeschmack für italienische Keramik der Renaissance entsprechend nannte er sie Cadiner Majolikawerkstätten. Entsprechend sind der Ornament- und Figurenschmuck für die Prachtbauten, gemalt oder plastisch gearbeitet, aus Cadinen oft in leuchtenden Farben gehalten.

Der bis 1944 bestehende Betrieb lieferte bis 1914 in viele deutsche Städte Baukeramiken für große Bauvorhaben. In Berlin zum Beispiel kam Cadiner Keramik bei der Innengestaltung von U-Bahnhöfen, aber auch bei einem Saal in der Weinhandlung Kempinski, im Kaufhaus Wert­heim wie auch in der Synagoge in der Fasanenstraße zum Einsatz. Nach 1918 setzte sich dies für die Provinz Ostpreußen fort.

Wenig blieb über den Zweiten Weltkrieg hinaus erhalten. Die Ausstellung zeigt erstmals mit erhaltenen Einzelstücken und rekonstruierten Objekten die Farb- und Formenvielfalt dieser durch den besonderen Fabrikherrn ungewöhnlichen Kunstkeramikwerkstätte. Viele der Bau- und Großkeramikobjekte sind zuvor nur selten oder noch nie gezeigt worden. Fast alle Stücke sind nach vielen Jahrzehnten der Missachtung und Zerstörung von Cadiner Baukeramik heute zu Unikaten geworden, einzigartige Beispiele für die Baugesinnung um 1900 und den persönlichen Kunstgeschmack des letzten deutschen Kaisers. Die bedeutendste deutsche Privatsammlung Cadiner Keramik konnte für diese Ausstellung, die noch bis zum 9. Oktober im Ostpreußischen Landesmuseum gezeigt wird, als Quelle ausgiebig genutzt werden – dank des großen Entgegenkommens ihres Eigentümers.        OL


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