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30.07.11 / Guben will wieder Grenzkontrollen / Diebstahl hat sich vervielfacht – Bürgermeister: »Die Dinge verschwinden in Richtung Osten«

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 30-11 vom 30. Juli 2011

Guben will wieder Grenzkontrollen
Diebstahl hat sich vervielfacht – Bürgermeister: »Die Dinge verschwinden in Richtung Osten«

Der Bürgermeister des brandenburgischen Guben, Klaus-Dieter Hübner, hat sich dafür ausgesprochen, in der Stadt an der Neiße zukünftig wieder stichprobenartige Grenzkontrollen möglich zu machen. Hintergrund ist die massive Zunahme von Diebstählen seit Wegfall der systematischen Grenzkontrollen im Jahr 2007.

„Die Dinge verschwinden in Richtung Osten“ – auf diese knappe Formel bringt Gubens Bürgermeister Klaus-Dieter Hübner (FDP) eine Entwicklung, die immer mehr Menschen in Brandenburgs Grenzregion an Oder und Neiße bedrückt. Seit am 21. Dezember 2007 im Rahmen des Schengener Abkommens ständige und systematische Kontrollen abgeschafft wurden, ist die Zahl von Einbrüchen und vor allem die gestohlener Autos förmlich explodiert. In Guben hat nach Angaben des Bürgermeisters allein 2010 die Anzahl der Diebstähle um 32 Prozent zugelegt. Von den Kontrollen verspricht sich Hübner, dass Kriminelle „Angst bekommen, dass sie jeden Moment kontrolliert werden könnten“.

Das Beispiel Dänemarks habe keine Rolle bei dem Vorschlag gespielt, beteuert Hübner. Das skandinavische Land führt wieder sporadische Kontrollen an seinen Grenzen zu Deutschland und Schweden durch.

Während der Vorschlag aus Guben zumindest beim Bürgermeister von Schwedt auf ein „gewisses Verständnis“ trifft, lehnen die Bürgermeister von Frankfurt/Oder, Martin Wilke  (parteilos), und Eisenhüttenstadt, Dagmar Püschel (Linke), den Vorstoß ihres Gubener Kollegen ab. Püschel sieht nicht einmal, dass der Anstieg von Kriminalität wie in Guben unbedingt in direktem Zusammenhang mit der Öffnung der Grenzen steht. Auch im Hinblick auf gute Beziehungen zum Nachbarland wird von ihr eine Wiedereinführung von Kontrollen für falsch gehalten.

Von den Bürgern, die von der Zunahme der Kriminalität selbst betroffen sind, könnte dies anders gesehen werden. Auch die von offizieller Seite immer wieder gern herausgestellte Behauptung, dass die Kriminalität insgesamt sowohl in Brandenburg als auch in Sachsen in den letzten Jahren rückläufig gewesen sei, trifft vielerorts auf Skepsis. Delikte wie zum Beispiel Schmuggel fließen seit Wegfall der Grenzkontrollen nämlich erheblich weniger in die Statistik ein, als dies bis 2007 der Fall war. Und ausgerechnet jenes Jahr wird häufig als Vergleichsbasis herangezogen. Der Anstieg der Gesamtkriminalität seit 2007 dürfte daher wesentlich höher ausgefallen sein, als die Statistiken ausweisen.

Sichtbar wird die Entwicklung, die sich in Brandenburgs Grenzregionen tatsächlich abgespielt hat, anhand der Zahlen für Delikte wie Diebstähle und vor allem Autodiebstähle. Brandenburgs Innenminister Dietmar Woidke (SPD) musste im März einräumen, dass es bei Diebstählen in den Grenzregionen „alarmierende Anstiege“ gebe. Entgegen dem Gesamttrend habe die Zahl der Diebstähle in der Grenzregion um sieben Prozent zugelegt. Bei Diebstählen aus Gärten waren laut Woidke sogar Zuwächse von bis zu 170 Prozent zu verzeichnen. 

Nahezu dramatisch kann man auch die Entwicklung bei den Autodiebstählen nennen. Im Jahr 2007, als die ständigen Grenzkontrollen wegfielen, kam es zu 178 Diebstählen von Autos in der Grenzregion. 2010 waren es dort 623, eine Zunahme von 250 Prozent. Trauriger Spitzenreiter ist die Stadt Frankfurt/Oder, wo 2010 allein 309 Fahrzeuge gestohlen wurden. Zeitgleich zu den steigenden Deliktzahlen sinken die Aufklärungsquoten weiter ab. Konnten 2009 noch 20,6 Prozent der Kfz-Diebstähle aufgeklärt werden, ist die Aufklärungsquote auf 19 Prozent im Jahr 2010 abgesunken. Dass die Brandenburger Polizeireform, bei der 1900 der derzeit 8900 Planstellen der Polizei abgebaut werden sollen, in den Grenzregionen nicht auf breite Zustimmung trifft, verwundert nicht. Auch die viel beschworene Zusammenarbeit mit den polnischen Polizeibehörden dürfte angesichts der steigenden Anzahl von Straftaten und sinkenden Aufklärungsquoten inzwischen weniger euphorisch betrachtet werden.

Obwohl Gubens Bürgermeister Hübner einen Zusammenhang zwischen seinem Vorschlag und der Entscheidung Dänemarks verneint hat, lohnt sich doch ein Blick ins nördliche Nachbarland. Dort ist geplant, dass 50 Zöllner regelmäßige Kontrollen durchführen, ohne dass es dabei zu Staus und Beeinträchtigungen beim Reiseverkehr komme. Dazu werden neue technische Überwachungseinrichtungen installiert, etwa zur automatischen Erfassung von Fahrzeugkennzeichen. Die dänischen Behörden erhoffen sich dadurch auch eine abschreckende Wirkung auf organisierte Banden.

Kopenhagens Maßnahmen zur Grenzsicherung haben dabei mehr Ähnlichkeit mit der auch in Deutschland von Zoll und Polizei praktizierten Schleierfahndung in Grenznähe als mit dem Schreckgespenst, das Kritiker des Gubener Bürgermeisters mittlerweile an die Wand malen. Nach einigen ersten Reaktionen auf Hübners Vorschlag konnte mitunter der Eindruck entstehen, dass er nicht sporadische nächtliche Kontrollen an den Neiße-Brücken, sondern die Errichtung eines neuen „Eisernen Vorhangs“ vorgeschlagen hat.           Norman Hanert


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