20.04.2024

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06.08.11 / Eine freie Gesellschaft, aber keine Idylle

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 31-11 vom 06. August 2011

Eine freie Gesellschaft, aber keine Idylle

Wie konnte jemand ausgerechnet in Oslo einen solch mörderischen Hass auf Muslime und „Multikulturalisten“ entwickeln? Bei der Suche nach Antworten auf diese Frage wird in fast allen deutschen Medien nicht einmal der Versuch unternommen, die norwegische Hauptstadt etwas näher unter die Lupe zu nehmen. Dort lebte der heimtückische Attentäter, dort wuchs er auf, dort legte er seine Bombe, dort mordete er. Die Masse der Medienberichte vermittelt den Eindruck, als habe in Oslo eine besonders heile Welt geherrscht, was das eiskalte Morden des Täters noch unverständlicher erscheinen lässt. Doch muss nicht jeder Kriminalist zuerst einmal den Tatort genau untersuchen? Während man den virtuellen Tat­ort – das Internet mit seinen auch radikalen und hetzerischen Blogs – genauestens ausleuchtet, bleibt der reale Ort des Geschehens ausgeblendet.

Der Schweizer Gerichtspsychiater Reinhard Haller erklärte in der „Neuen Zürcher Zeitung“ schon per Ferndiagnose den Täter zu einem vermutlich Wahnsinnigen. Er fügte auch hinzu: „Mich bedrückt vor allem, dass so etwas in einem freundlichen, toleranten Land passiert ist. Hier kann man nicht davon ausgehen, dass der Tat ein realer Missstand zugrunde liegt. Insofern hätte es auch nichts gebracht, wenn zum Beispiel andere politische Entscheidungen in der Ausländerfrage getroffen worden wären.“ Wir wissen nicht, ob der Psychiater jemals in Oslo war und wenn doch, wo er dort wohnte. Ein Bericht des Europarates von 2008 wies sogar auf die Gefahr von Unruhen durch die sozial-ethnische Segregation von Ost- und West-Oslo hin. Die Depesche des US-Diplomaten Johnson über die pakistanische Minderheit weckt ebenfalls Zweifel an einem nordischen Idyll. M.L.

 

Zeitzeugen

Jens Stoltenberg – Die Blicke der Welt richteten sich auf den norwegischen Ministerpräsidenten, als er in der Osloer Kathedrale zu den trauernden Menschen sprach. Doch statt schärfere Gesetze zu fordern, sagte er, er sei stolz, Regierungschef eines Landes zu sein, dass erhobenen Hauptes auch weiterhin zu seiner freien Gesellschaft stehe.

Anni-Frid Lyngstad – Die unter dem Namen Frida bekannte Sängerin der schwedischen Popgruppe ABBA ist norwegisch-deutscher Abstammung. Sie kam im November 1945 bei Narvik als sogenanntes „Tyskerbarn“ („Deutschenkind“) zur Welt, als Kind eines deutschen Soldaten und einer norwegischen Mutter. Viele solcher Kinder und ihre Mütter hatten nach dem Krieg ein sehr schweres Schicksal in Norwegen. Ihren Vater hat Frida erst im Jahr 1977 kennengelernt.

Kronprinz Haakon – „Wir wollen Grausamkeit mit Nähe und Hass mit Zusammenhalt beantworten“, erklärte der 38-jährige norwegische Thronfolger beim Gedenken an die Opfer des Terroranschlags vom 22. Juli. Nach diesem Datum könne man sich „nie wieder die Annahme erlauben, dass unsere Meinungen und Haltungen ohne Bedeutung“ seien, fügte er hinzu. In den Jahren 2003 und 2005 hatte er wegen einer Erkrankung seines Vaters vorübergehend dessen Pflichten als Staatsoberhaupt übernommen.

Siv Jensen – Die Vorsitzende der norwegischen Fortschrittspartei tritt unter anderem für eine Bregenzung der Immigration und die Ausweisung krimineller Ausländer ein. Nachdem bekannt wurde, dass der Attentäter von Oslo dort kurzzeitig Mitglied war, gerät sie unter Druck. Politische Gegner, die ihr vorwerfen, sie sei fremdenfeindlich und rechtspopulistisch, schlachten dies genüsslich aus.

Marcel Gleffe – „Bundesverdienstkreuz für Marcel Gleffe“ heisst eine Facebook-Seite, auf der inzwischen Tausende dem deutschen Lebensretter von Utoya danken und ihre Bewunderung ausdrücken. Der tapfere Deutsche aus Teterow in Mecklenburg-Vorpommern hatte ohne zu zögern und unter eigener Lebensgefahr über 20 norwegische Jugendliche mit einem kleinen offenen Boot von der Insel im Tyrifford vor den Schüssen des Massenmörders Brevik gerettet.


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