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06.08.11 / Ein geretteter Tag / Beste Freundin hilft gegen schlechte Laune

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 31-11 vom 06. August 2011

Ein geretteter Tag
Beste Freundin hilft gegen schlechte Laune

Es gibt Tage, da schlage ich morgens meine Augen auf und habe schlechte Laune. Der Tag hat noch nicht einmal richtig angefangen und meine Stimmung ist bereits tief im Keller. Dabei kann ich noch nicht einmal sagen, warum ich so schlecht gelaunt bin. Meistens sind es diese Tage, an denen der Postbote klingelt, während ich unter der Dusche stehe oder die Männer der Müllabfuhr unseren Mülleimer in die Einfahrt unseres Nachbarn stellen. Beim Bäcker gibt es keine Mohnbrötchen mehr, und mein Frisör macht Betriebsferien. Diese Liste ließe sich jetzt beliebig fortsetzen, aber das erspare ich Ihnen.

Ich habe mir schon immer gewünscht, zu der Sorte Frauen zu gehören, die über diese Stolpersteine des täglichen Lebens nur lachen können, leider gelingt es mir nicht. Männer würden in dieser Situation jetzt ein Bier trinken gehen und dem Kneipenwirt ihren Kummer erzählen. Frauen gehen entweder Klamotten kaufen, oder sie rufen ihre beste Freundin an. Und da ich in diesem Monat bereits viel Geld für eine neue Jacke ausgegeben habe, entscheide ich mich für meine Freundin Gabi.

Ich kenne Gabi schon aus meiner Schulzeit. Sie saß in der ersten Klasse neben mir in der Bank und hatte die leckersten Pausenbrote der ganzen Schule. Was habe ich nicht alles angestellt, um wenigstens einmal von der Leberwurststulle kosten zu dürfen, die Gabis Mutter stets liebevoll in bunte Servietten wickelte. Die Pausenbrote, die ich von daheim mitbekam, tauschte ich dann gegen bunte Glanzbildchen oder Kugelschreiber mit roter Mine ein. Kugelschreiber mit roter Mine waren nämlich an unserer Schule verboten, mit roter Tinte schrieb nur die Lehrerschaft, und das war auch der Grund, warum diese Kugelschreiber so begehrt waren. Nicht nur wegen der köstlichen Butterbrote waren Gabi und ich unzertrennlich und verbrachten viel Zeit miteinander. Es begann die Zeit der ersten Liebe, Freunde kamen und gingen, doch Gabi blieb.

Unsere Freundschaft besteht noch heute, und Gabi ist für mich ein wichtiger Mensch in meinem Leben. Nur mit ihr kann ich so richtig albern sein, stundenlang Telefongespräche führen und Kochrezepte austauschen. Sie versteht mich ohne Worte und knallt nie meine Autotür zu. Wir lachen und weinen miteinander. Und da mir heute eher zum Weinen zumute ist, krieche ich unter meine Decke und greife zum Telefon. Ich seufze noch einmal und wähle Gabis Nummer. Nach endlosen, gefühlten zehn Freizeichen meldet sich eine fröhliche, gutgelaunte Stimme. Ich war äußerst irritiert und fragte leise: „Gabi, bist du das?“

Mein erster Gedanke war, ich musste mich verwählt haben. Wie konnte meine Freundin so heiter und wohlgelaunt sein, wenn ich in einem solchen desolaten Zustand war? Sie musste doch fühlen, dass ich unbedingt ihre Hilfe brauchte, und ein angemessenes „Wie geht es dir, Liebes ...“ wäre wohl passender gewesen.

„Guten Morgen, Schätzchen“, trällerte sie stattdessen ins Telefon, „ich wollte dich gerade anrufen. Mach dich hübsch, wir gehen gleich einkaufen, ich brauche unbedingt neue Schuhe.“ Das war das Stichwort! Haben Sie schon einmal erlebt, wie schnell eine Frau sich hübsch machen kann, wenn ein Paar neue Schuhe winken? Der Tag war gerettet, ich kann mich doch immer wieder auf meine beste Freundin verlassen. H. Licher


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