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06.08.11 / »Undankbar und beschränkt« / Journalist deckt auf, was Politiker über ihre Wähler denken

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 31-11 vom 06. August 2011

»Undankbar und beschränkt«
Journalist deckt auf, was Politiker über ihre Wähler denken

Immer wieder belegen Umfragen, dass die Spezies der Politiker in der Bevölkerung nicht gerade sonderlich gut angesehen ist. Im Großen und Ganzen gelten Politiker als zu gut bezahlt, weltfremd und machtbesessen. Doch was denken eigentlich Politiker über die Bürger? Nikolaus Blome, der seit 2006 für „Bild“ aus der Welt der Politik berichtet, hat schon so manchen Politiker hinter vorgehaltener Hand über die Bürger schimpfen gehört. In „Der kleine Wählerhasser – Was Politiker wirklich über die Bürger denken“ gibt Blome nun seinen Lesern einen Einblick in die am häufigsten gehörten Aussagen von Politikern über jene Menschen, die sie eigentlich mit ihrem politischen Mandat vertreten sollen.

In der Bilanz halten viele Politiker die Bürger in der Masse offenbar für blöd, undankbar und beschränkt – und sie haben auch gute Gründe dafür. Blome belegt anhand zahlreicher Beispiele, warum Politiker eigentlich nur alles falsch machen können, denn schließlich könne man es nie allen gleichzeitig recht machen. Trotzdem nennt der Autor Fälle, die belegen, dass Politiker die Bürger falsch einschätzen beziehungsweise sich zu sehr nach Umfragen richten, die übrigens in Zeiten, in denen immer weniger Bürger ihre Telefonnummer in Telefonbüchern veröffentlichen lassen, nach denen viele Demoskopen ihre Interviewpartner auswählen, wenig aussagekräftig sind.

Sätze wie „Renten kürzen ist politischer Selbstmord“, „Die Deutschen wollen keine Reformen“, „Wegen Schulden hat noch keiner die Wahl verloren“, „Die Menschen wollen keinen Streit“ oder „Das kann man nicht laut sagen“ hört der Journalist immer wieder von Politikern aller Parteien. Kapitel für Kapitel hinterfragt er im vorliegenden Buch nun diese und andere Sätze, geht darauf ein, inwieweit sie zutreffen, und mutmaßt, welche Folgen es hat, dass Politiker ihre Entscheidungen mit diesem Bild vom Bürger treffen.

Blome weist darauf hin, dass gewählte Volksvertreter gern von „den Menschen draußen im Land reden“, doch was wollen sie damit sagen? Und verkaufen sie die Wähler manchmal bewusst für blöd oder ist die große Masse der Politiker der Meinung, dass sie ihnen wie Eltern einem Kind wichtige Entscheidungen abnehmen müssen, ohne ihnen die Gründe hierfür erklären zu müssen? Auf jeden Fall ist der Autor überzeugt, dass die unaufgeregte Reaktion der Deutschen auf die Wirtschaftskrise und ihre grundsätzlich bejahende Haltung gegenüber Thilo Sarrazins Thesen zu Immigranten den Politikern aller Parteien gezeigt haben müssten, dass die Bürger zum Teil „reifer“ sind als von den Volksvertretern angenommen.

„Der kleine Wählerhasser“ gibt aufschlussreiche Einblicke in die Gedankenwelt der Politikerkaste. Kurz, knapp und wirklichkeitsnah analysiert der Autor unaufgeregt und nachvollziehbar. Nur das Schlusskapitel enttäuscht, da Blome hier versucht, Politikern versöhnlich die Hand zu reichen und betont, warum auch die Wähler Fehler machen. Das stimmt schon alles, wirkt aber zu aufgesetzt, so als wäre dem Autor erst am Ende eingefallen, dass er mit den Menschen, die er gerade schonungslos kritisiert hat, ja noch weiter zusammenarbeiten muss. Und dem Leser fällt zudem auf, dass in der Politik trotz tendenziell eher negativer Meinung über das Volk dem eigenen Bild von diesem stets hinterhergelaufen wird, anstatt Politik nach eigener Auffassung und Überzeugung zu machen. Bel

Nikolaus Blome: „Der kleine Wählerhasser – Was Politiker wirklich über die Bürger denken“, Pantheon, München 2011, kartoniert, 158 Seiten, 14,99 Euro.


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