© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 32-11 vom 13. August 2011

Nur ein Placebo für das Volk?
Mubarak-Prozess sendet fatales Signal an arabische Potentaten

In Kairo begann vorige Woche der Prozess gegen Ägyptens Ex-Machthaber Hosni Mubarak, seine zwei Söhne und einige weitere Personen. Mubarak werden Korruption und vor allem Befehle vorgeworfen, die zum Tod von über 800 Demonstranten geführt haben sollen. Nach Verlesung der Anklage erklärten sich die Angeklagten erwartungsgemäß für nicht schuldig und der Prozess wurde bis zum 15. August vertagt.

Der Prozessbeginn, dem Wochen neu aufflammender Demonstrationen vorausgegangen waren, beendet zwar die Zweifel im Volk, ob es überhaupt je zu einem Prozess – mit der Möglichkeit eines Todesurteils – kommen würde. Aber er bedeutet auch, dass die Garantien, mit denen die Militär-Junta Mubarak zum Rücktritt überredete, gebrochen wurden – ein fatales Signal an Gaddafi, Al-Assad und andere arabische Machthaber, lieber doch bis zum „Endsieg“ weiterzumachen. Und dass man, um die Transparenz des Verfahrens vor einem Zivilgericht zu unterstreichen, einen gesundheitlich angeschlagenen alten Mann im Krankenbett in einem Gitterkäfig zeigt, weckt selbst bei Mubarak-Gegnern gemischte Gefühle.

Vor allem ändert sich nichts an den Alltagsnöten der Bevölkerung. Die vom Militärrat eingesetzte provisorische Zivilregierung hat kaum Befugnisse und Gestaltungsmöglichkeiten und sie ist, wie jede andere Regierung, die nach ihr kommen wird, auf die Nutznießer und Mittäter des alten Regimes angewiesen. Bei den Wahlen im Herbst haben daher auch die alten Seilschaften und die islamisch-fundamentalistischen Muslim-Brüder die besten Karten. Die Bruderschaft sieht ja, wen der Westen in Libyen unterstützt, und kann sich nun als salonfähiges Gegengewicht zu den noch radikaleren, sich an den „Altvorderen“ orientierenden  Salafiten präsentieren.   R.G. Kerschhofer