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13.08.11 / Erpresserspielchen der Gewerkschaften / Die Streikmacht einiger weniger gut organisierter Gruppen hat weit reichende Folgen für die Wirtschaft

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 32-11 vom 13. August 2011

Erpresserspielchen der Gewerkschaften
Die Streikmacht einiger weniger gut organisierter Gruppen hat weit reichende Folgen für die Wirtschaft

Die Lokführer streiken noch, ein bundesweiter Fluglotsenstreik ist in letzter Minute durch Anrufung eines Schlichters von den Arbeitgebern abgewendet worden. Die Streikmacht kleiner Spartengewerkschaften hat Folgen für alle, auch wenn der Urlaub für viele vorerst gerettet scheint. Die Politik sieht sich indes überrumpelt und hat doch ihren Beitrag zur Entstehung des Problems geleistet.

Die Streiks der Lokführer bei Privatbahnen dauern seit Monaten an. Die in den letzten Jahren im Arbeitskampf gegen die Deutsche Bahn erfolgreiche Lokfüh­rergewerkschaft GDL will gleichen Lohn für alle. Nun rufen die Flug­lotsen zum bundesweiten Streik auf und das mitten in der Ferienzeit. Der Deutsche Reiseverband rechnet mit durchschnittlich 600000 Fluggästen täglich am Augusthimmel über Deutschland. Weder Starts noch Landungen oder auch nur das Überfliegen Deutschlands sind während der Streikzeiten möglich. Die verantwortliche Gewerkschaft der Flugsicherung (GdF) greift mit ihrer Kampfansage nicht nur in die Urlaubs- und Geschäftspläne deutscher Fluggäste, sondern auch in die von Passagieren weltweit ein.

Die Streikgründe sollten daher schwerwiegend sein, findet die Politik. „Auch für die Gewerkschaft der Flugsicherung gilt es daher, Maß und Mitte zu wahren“, kritisiert Patrick Döring, Vize-Vorsitzender der FDP-Bundestagsfraktion. Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer (CSU) sagt, wenn er auf die Arbeitsbedingungen der Lotsen sehe, seien die auch „nicht sehr schlecht“. Um diese Bedingungen geht es der GdF aber. Sie hat Gesprächsangebote des Arbeitgebers Deutsche Flugsicherung (DFS) wiederholt abgelehnt, weil „sich die Sachlage nicht verändert“ habe, so GdF-Sprecher Markus Siebers. Das heißt, verhandelt wird erst, wenn der Arbeitgeber ein wohlfeiles Angebot vorlegt. Die GdF fordert für die rund 1900 Fluglotsen sowie die insgesamt über 5000 Tarifbeschäftigten der DFS 6,5 Prozent mehr Gehalt. Außerdem will sie mehr Einfluss auf Strukturen und Personalentscheidungen.

Lässt das Gehaltsgefälle bei Lokführern von der Deutschen Bahn zu den Privaten noch Raum für Verständnis, so darf die GdF mit ihren Forderungen kaum darauf hoffen: Junge Fluglotsen starten mit einem Anfangsgehalt von rund 70000 Euro brutto im Jahr. Das Monatsgehalt steigert sich im Laufe des Berufslebens von zirka 5000 auf bis zu 8000 Euro (brutto). Als Supervisor kann man sogar auf 130000 Euro Jahresbrutto kommen. Die ganze Flugbranche ist bereits verärgert, holt entsprechend der gewerkschaftlichen Drohkulisse zum Gegenschlag aus: Deutsche Flug­lotsen seien weltweit „Abkassiermeister“ findet der Internetfluganbieter „Fluege.de“. Laut dessen Berechnungen verdient ein deutscher Lotse mit durchschnittlich 101000 Euro sogar mehr als die US-amerikanischen Lotsen mit 72248 Euro oder die österreichischen mit 54000 Euro. Auch Franzosen, Briten und Schweizer erhalten demnach weniger Jahresbrutto. Die Deutsche Flugsicherung ärgert nach eigenen Verlautbarungen am meisten, dass die GdF tarifliche Sonderregeln für bestimmte Arbeitnehmergruppen erzwingen will – eine Aufforderung zum Verstoß gegen geltende Gesetze, vor allem die zur Gleichstellung, so die Arbeitgeber.

Für die Politik ist das indes kaum ein Thema. Als das Bundesarbeitsgericht vergangenen Juni das Prinzip „ein Betrieb, ein Tarifvertrag“ beendete, sahen die Parteien keinen Grund, sich über mögliche Konsequenzen Gedanken zu machen. Die Frage, ob sie die Tarifeinheit gesetzlich festschreiben sollten, lässt sie kalt. „Sorgen vor einer zersplitterten Tariflandschaft und Verhältnissen wie in England in den 70er-Jahren“ seien „bisher nicht eingetreten“, sagte jüngst Wirtschaftsminister Philipp Rösler (FDP). Fluggäste indes verstehen nicht, warum ihre dank neuer Steuern teurer gewordenen Tickets jetzt wertlos zu werden drohen, sie streikbedingt am Flughafen festsitzen sollen, damit die GdF Maximalforderungen durchsetzen kann. Gewinnt die GdF, steigen entsprechend die Ticketpreise. Somit finanziert die Allgemeinheit die Forderungen der arbeitskampfgestählten Minderheit und trägt zudem die millionenschweren Folgekosten. Im Fall der Lokführer-Streiks der jüngeren Vergangenheit funktionierte das so und brachte der GDL Prestigegewinn, dem andere Bahngewerkschaften mit höheren Forderungen nacheifern. Die bisherige Strategie der Arbeitgeber, vor Gericht gegen den Streik vorzugehen, setzt die Streikmacht der Spartengewerkschaften nicht außer Kraft und ist damit bestenfalls ein begrenzt wirksames Mittel im akuten Einzelfall. Die Politik ist gefragt.           SV


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